Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
Welt, kennen nicht mehr jenes Streben, das uns einst an die Spitze der Zivilisation geführt hat. Sie bevorzugen breit und flach vor spitz und gezielt, Lebenskompetenz vor Spitzenkompetenz. Genuss statt Fortschritt.
Von unserer Sorte gibt es noch ein paar, aber wir sind wenige.
Eine vom Aussterben bedrohte Spezies.
Ganz anders ist das mit den ausländischen Studenten, allen voran den asiatischen. Japaner opfern traditionell alles, um ganz an die Spitze zu kommen. Aber auch sie sind verwestlicht. Sie sind nicht mehr bedingungslos bereit, zwanzig Stunden am Tag zu studieren. Auf der anderen Seite der Welt aber erhebt sich das größte Land der Welt. Sie werden – beinahe unbemerkt – auf einem Gebiet nach dem anderen die Besten, erobern einen Wissenschaftszweig nach dem anderen. Wenn die westliche Welt dann gefallen ist, so wie Rom einst aus lauter Trägheit fiel, dann werden die Chinesen bereitstehen, um zu übernehmen. Sie haben die Hölle auf Erden erlebt. Sie sind aus der Hölle auferstanden. Sie sind bereit, die Position zu übernehmen, die ihnen in ihrem Verständnis ohnehin zusteht: die Weltherrschaft. So wird es kommen. Ich hoffe nur, dass bis dahin ein wenig demokratisches Verständnis in ihre Welt Eingang gefunden haben wird. Sonst wird das Leben auf der Erde zur Hölle.
Die Werte, auf die unsere westliche Zivilisation ihren Erfolg gebaut hat, haben mittlerweile andere übernommen. So wie damals in Rom – wo die Trägheit, Oberflächlichkeit und das große Bedürfnis nach sozialer Anerkennung die Oberhand gewonnen hatten – steuern wir auf unseren Untergang zu. Aber nicht die Chinesen haben Schuld daran, auch nicht die Araber oder Inder, sondern ausschließlich unser Sträuben, den nächsten Schritt zu wagen.
Das Universum verändert sich unablässig. Unsere Auffassung vom Universum, wie es sich seit dem Urknall vor etwa 13,7 Milliarden Jahren entwickelte, hat nicht länger Bestand. Der kosmologische Status quo, an den wir seit Albert Einstein glauben, gilt nicht mehr. Das Universum sieht gar nicht so aus, wie wir es uns vorgestellt haben. Jetzt brauchen wir standhafte Forscher, die in der Lage sind, die alten Wahrheiten auf den Kopf zu stellen. Und wo gibt es die?
Es heißt, wir befänden uns in der Anfangsphase der Lebensdauer unseres Universums. Es entspräche also in etwa dem Zustand eines Säuglings, der soeben den Mutterleib verlassen hat und – ohne das Geringste sehen oder verstehen zu können – seinen ersten Schrei tut. Aus kosmologischer Sicht sind jedoch wir dieser Säugling. Man wird eines Tages an diesen belanglosen Augenblick in der universellen Geschichte zurückdenken und sich fragen: Was waren das für primitive Wesen? Wie war es für sie überhaupt möglich zu denken? In einer Welt, die darauf basierte, sich gegenseitig aufzufressen? Man wird auf uns herabsehen, so wie wir die einzelligen Organismen in den Weltmeeren betrachten. Etwas Biologisches findet statt, Fortpflanzung, Fressen, nicht viel mehr. Aber aus ihnen entwickelte sich etwas Größeres und Wichtigeres.
Das ist mein Testament. Wenn jemand – trotz aller Widrigkeiten – diese Worte jemals lesen sollte, werden sie ihm womöglich negativ oder sogar deprimiert erscheinen. Aber so empfinde ich es überhaupt nicht. Alle Wesen, die jemals dieses Universum bewohnen werden, müssen im Rahmen ihres individuellen Kontextes gegen ihre eigenen Grenzen und Begrenzungen ankämpfen. Und jedes Wesen, dem es gelingt, einen neuen Weg zu bereiten, sich von seinen naturgegebenen Beschränkungen zu befreien, ist es wert, bewundert zu werden.
Auch mein Team ist es wert, bewundert zu werden, weil wir eine Technik entwickelt haben, die den Untergang der Erde noch einmal um ein paar Hundert Jahre aufschieben kann. Vielleicht wird es einem einzigen Molekül von mir gelingen, oder wenigstens einem Atom, das einst ein Teil von mir war, auch Teil jener saubereren Welt zu sein, die wir dadurch erschaffen konnten.
Wir haben das Elektroauto erfunden. Das wahre Elektroauto.
Damit soll alles enden.
Vielen Dank, dass ich ein Teil davon sein durfte.
Die Neue Kathedrale
Den Haag, 7. Juli
Eine Woche hatten die Bauarbeiten in den hinteren Bereichen des Großraumbüros der Opcop-Gruppe gedauert, aber keiner hatte sie so richtig wahrgenommen. Sie hatten auch wahrhaft wichtigere Dinge zu tun gehabt, als sich an der Anwesenheit von Bauarbeitern zu stören. Daher war es fast ein Schock, als die Arbeiter plötzlich verschwunden waren, die Plastikfolien
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