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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dass sie wohl auch das Einzige war, das ihn davor bewahrt hatte, zusammenzubrechen.
    »Jetzt nimm endlich Vernunft an, Andrej«, sagte Abu Dun, nur halblaut und in seiner Muttersprache, die außer ihm hier sicherlich nur noch Andrej beherrschte. »Muss ich dich erst windelweich prügeln, bis du begreifst, dass
sie
es ist?«
    Andrej verstand nicht, was er damit meinte. Und er wollte es auch gar nicht verstehen. »Warum versuchst du es nicht, verdammter Mohr?«, zischte er, stieß sich von der Wand in seinem Rücken ab und rammte Abu Dun den Schädel in den Leib.
    Es war, als wäre er gegen eine Mauer gelaufen. Abu Dun schlug ihm die gesunde Hand in den Nacken – mit der anderen hätte er ihm vermutlich das Genick gebrochen –, und zum zweiten Mal war Andrej am Rande der Bewusstlosigkeit. Er sackte auf die Knie. Alles drehte sich um ihn. Jemand lachte.
    »Schluss jetzt«, sagte Abu Dun. »Es reicht.«
    Und das war eindeutig zu viel. Dass er ihn geschlagen hatte, machte nichts. Es war nicht das erste Mal, und er nahm es Abu Dun nicht übel, dass er stärker war als er. Aber diese Überheblichkeit stand ihm nicht zu, es war nun wirklich an der Zeit, ihn auf den Platz zu verweisen, auf den er gehörte.
    Andrej riss die ineinander verschränkten Fäuste nach oben und rammte sie Abu Dun in eine Stelle, an der auch Unsterbliche ganz besonders empfindlich sind, und der nubische Hüne klappte zusammen und fiel auf die Knie.
    Unglückseligerweise erwischte er Andrej dennoch an der Schläfe, zwar nur mit der gesunden Hand, und eigentlich streifte er ihn auch nur, aber die Wucht des Schlags reichte dennoch, um ihn zur Seite und auf den Boden zu schmettern. Er erwartete Schmerz, aber stattdessen wurden sein Gesicht, die Schulter und der halbe Arm schwer, und sein Blickfeld färbte sich dunkel, dann rot. Erneut glaubte er, ein Lachen zu hören, aber er war nicht einmal sicher, ob es nicht aus seinem Inneren stammte.
    Als sich sein Blick wieder klärte, stand Abu Dun in sonderbar verkrümmter Haltung da und rang japsend nach Luft. Obwohl es bei seiner nachtschwarzen Haut keinen Unterschied machen sollte, war nicht zu übersehen, dass alle Farbe aus seinem Gesicht gewichen war. Aber er stand bereits wieder, und Andrej, der sich auch an seinem Schmerz labte, spürte, wie schnell er sich erholte.
    Nicht schnell genug. Andrej sprang hoch, täuschte eine Bewegung an, wie um ihm ein zweites Mal den Schädel in den Leib zu rammen, änderte dann aber seinen Angriff in einen gezielten Aufwärtstritt nach Abu Duns Kinnspitze.
    Abu Dun schlug sein Bein mit derselben beleidigenden Mühelosigkeit zur Seite wie zuvor sein Schwert, tänzelte einen halben Schritt zurück und versuchte, ihm den anderen Fuß unter dem Leib wegzufegen. Doch Andrej wich ihm fast genauso mühelos aus, trat seinerseits nach Abu Duns Bein und hörte mit grimmiger Befriedigung, wie etwas in seinem Knöchel nachgab.
    Humpelnd wich der Nubier vor ihm zurück, aber Andrej kannte ihn zu gut, um auf diesen plumpen Trick hereinzufallen. Statt ihm nachzusetzen und sich eine weitere schmerzhafte Begegnung mit seiner eisernen Faust einzuhandeln, warf er sich mit einem Sprung nach seinem Schwert, bekam die Waffe fast zu seiner eigenen Überraschung zu fassen und sprang mit einer Rolle wieder auf die Füße und herum, noch bevor Abu Dun begriff, was er tat.
    Doch Abu Dun schlängelte sich mit einer schlichtweg unmöglich erscheinenden Bewegung um sein Schwert herum und an seinem vorschnellenden Arm vorbei, rammte ihm die Schulter gegen die Brust, sodass er wieder zurück und gegen die Wand torkelte, und drosch ihm zugleich das Knie so hart gegen den Oberschenkel, dass er erneut auf die Knie stürzte. Der Schmerz lähmte sein ganzes Bein und verebbte zwar fast genauso schnell, wie er gekommen war, ließ aber eine Taubheit zurück, die fast ebenso schlimm war. Er brauchte drei Anläufe, um wieder auf die Beine zu kommen, und musste sich gegen die Wand lehnen, um nicht sofort wieder zu fallen.
    »Hör mit dem Unsinn auf, Andrej«, sagte Abu Dun. »Zwing mich nicht, dir wehzutun.«
    Andrej hörte tatsächlich für beinahe eine Minute mit dem auf, was Abu Dun
Unsinn
genannt hatte, denn so lange dauerte es, bis das Gefühl weit genug in sein Bein zurückgekehrt war, um es belasten zu können. Doch dann stürzte er mit einem zornigen Knurren vor und schwang den vergoldeten Säbel mit einem beidhändigen blitzschnellen Hieb, der Abu Dun schwer verwundet, wenn nicht getötet hätte, hätte

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