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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Vater fragend an. Doch tief in ihren Augen glomm ein schwarzes Feuer, das diesem Blick etwas fast Unmenschliches gab.
    Clemens hielt diesem Blick ruhig stand, gab Kasim aber einen unmerklichen Wink. Erst jetzt sah Andrej, dass er ein kleines Ledersäckchen aus seinem Beutel genommen hatte, aus dem er ein silbern schimmerndes Pulver in den Becher schüttete. Wo es sich mit dem Wein vermischte, begann er zu brodeln und weißen Schaum und Blasen zu schlagen.
    »Was …?«, begann Ayla.
    Eine zischende gelbe Stichflamme schoss aus dem Becher, versengte Kasims Hand und Clemens’ Gesicht und hätte wohl auch Ayla getroffen, wäre Andrej nicht blitzschnell über den brodelnden Becher hinweggesprungen und hätte sie gepackt und mit sich von den Füßen gerissen.
    Sie stürzten, rollten aneinandergeklammert zwei-, drei-, viermal herum und von dem lodernden Pfuhl weg. Andrej spürte einen beißenden Schmerz, als die Flamme seinen Mantel und den Saum seiner Hosenbeine in Brand setzte, half aber erst Ayla auf die Füße und überzeugte sich mit einem raschen Blick von ihrer Unversehrtheit, bevor er sich den brennenden Mantel von der Schulter riss und ihn benutzte, um die Flammen an seinen Hosenbeinen zu ersticken. Hinter ihm gellten Schreie, das Klirren von Waffen war zu hören und das schreckliche Geräusch von zerreißendem Fleisch und brechenden Knochen.
    Es interessierte ihn nicht. Seine einzig Sorge und jeder einzelne Gedanke galten nur Ayla, die zitternd dastand und mit großen Augen auf einen Punkt hinter ihm starrte. Hitze strich wie eine unsichtbare glühende Hand über sein Gesicht, als er sich umwandte und endlich begriff, was Kasim getan hatte.
    Der Kelch war umgestürzt und hatte seinen brennenden Inhalt über den Boden ergossen, doch es war nicht nur die Flüssigkeit, die brannte. Das Metall selbst begann zu glühen, und diese Glut nahm immer nur noch weiter zu, statt zu erlöschen. Der Kelch hatte sich rot und an einigen Stellen gelb und weiß gefärbt, und das Metall begann unter seinem eigenen Gewicht zusammenzusacken. Kasim war auf Händen und Knien davongekrochen und presste die Hand gegen den Leib, da, wo ihn die Stichflamme versengt hatte. Selbst hier, drei Schritte von dem brennenden Sonnensplitter entfernt, in den sich das metallene Trinkgefäß verwandelt hatte, war die Hitze so groß, dass das Atmen schwer wurde. Unmittelbar daneben, dort, wo Clemens saß, musste sie unerträglich sein.
    Der alte Mann brannte.
    Die Flammen waren von seinem Bart und Haar weitergewandert und hüllten seinen Kopf und Oberkörper in eine prasselnde rote und gelbe Lohe, hinter der sein Gesicht zu schmelzen begann wie Kerzenwachs, das einem Glutofen zu nahe gekommen war. Aber er lebte noch.
    Andrejs Herz machte einen entsetzten Sprung, als er sah, wie sich die brennenden Augenlider hoben und die gesprungenen Lippen öffneten, um einen letzten Atemzug zu nehmen, der doch nur seinen Körper auch von innen heraus mit sonnenheißer Glut verheeren konnte. Doch noch entsetzlicher war das, was er auf Clemens’ schmelzendem Gesicht las. Er hatte Schmerz erwartet, die unerträgliche Qual des Höllenfeuers, in dem er badete, doch alles, was er darauf erblickte, war Trauer. Unendliche Trauer.
    Und immer noch war in diesem geschundenen Körper Leben. Das sollte unmöglich sein. Die Hitze des alchemistischen Feuers, das Kasim entfacht hatte, war groß genug, um den Becher längst zu einer blubbernden Pfütze zerschmolzen zu haben und selbst den Stein darunter zu boshafter roter Glut zu entfachen, in der nichts Lebendes existieren konnte, und dennoch blickten die längst erloschenen Augen des alten Mannes noch immer in seine Richtung, und der Mund, der nun Feuer atmete, bemühte sich, Worte zu formen. Und unmöglich oder nicht, die lodernde Gestalt hob noch einmal den Arm und streckte eine brennende Hand in Aylas Richtung.
    »Verzeih … mir …«, flüsterten die Flammen.
    Damit starb er. Andrej spürte, wie das Leben aus dem gemarterten Körper wich, noch bevor er nach vorne kippte und mit dem Gesicht voran in die Pfütze aus brennendem Metall fiel. Weißglühende Tropfen spritzten durch die Luft, einer davon traf sein rechtes Knie und brannte ein Loch hinein, doch er registrierte den Schmerz kaum.
    Das lodernde Metall brannte weiter, verzehrte nicht nur den ausgedörrten Körper des alten Mannes, sondern in seiner Raserei auch sich selbst, bis aus der zischenden gelben Schmelze weiße Asche geworden war. Etwas wie ein lautloser Schrei

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