Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
der Flasche, die ihr im Bug versteckt hattet? Hinter dem Fass mit dem Schießpulver?«
    Ali und Hasan wechselten einen überraschten Blick.
    »Ich habe sie gefunden«, bestätigte Abu Dun. »Aber keine Sorge, ich habe nichts davon gestohlen. Ich bin ein ehrlicher Pirat.«
    »Dann trink es jetzt«, mischte sich Hasan ein. »Es ist alles, was wir noch haben.«
    »Aber die Wirkung wird anhalten, bis ihr eure Aufgabe erfüllt habt«, fügte Ali hinzu. Er sah Hasan an, als hätte dieser etwas verraten, das nicht für ihre Ohren bestimmt gewesen war.
    Abu Dun nickte gewichtig und roch zum dritten Mal an dem Becher. »Dann sollte ich vielleicht besonders sparsam damit sein. Immerhin ist es etwas, das es in diesem Teil der Welt ganz bestimmt nicht gibt.« Er bemühte sich um einen beeindruckten Gesichtsausdruck, drehte den Becher noch einmal in den Fingern und goss ihn dann direkt zwischen Alis Füßen aus. »Wasser aus dem Morgenland.«
    Andrej sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein. Hasan hatte seine aufgesetzte Gelassenheit endgültig aufgegeben und machte ein entsetztes Gesicht, doch Ali verzog nur geringschätzig die Lippen. »Das war nicht wirklich klug«, sagte er.
    »Wasser zu verschütten?«
    »Wasser?« Ali machte ein abfälliges Geräusch. »Nur, weil es wie Wasser riecht und wie Wasser schmeckt, muss es doch noch lange kein …«
    »Wasser sein?« Abu Dun drehte den Becher demonstrativ um und schüttelte die letzten Tropfen heraus. »Wie gesagt: Ich habe die Flasche gefunden. Dieselbe Flasche, die einer deiner Männer in Jaffa aus einem Brunnen aufgefüllt hat.« Er gab Ali den Becher zurück. »Wenn man nur groß genug ist, dann sieht man eine Menge Dinge. Dein Herr hat mich belogen, Ali. Ich finde das nicht nett.«
    »Du weißt nicht, was du da redest«, sagte Ali ruhig. »Du könntest sterben, wenn du …«
    »Kein Wasser aus Jaffa bekommst?«, fiel ihm Abu Dun ins Wort. »Bei allem Patriotismus, mein Freund, aber das ist übertrieben. Selbst das römische Wasser kann den Durst eines Heiden stillen. Oder das Wasser der Ungläubigen den eines wahren Moslem, das kommt ganz auf den Standpunkt an … aber es bleibt sich im Ergebnis gleich. Glaube ich.«
    Andrej sah den Nubier fassungslos an. Hatte er jetzt endgültig den Verstand verloren? War es möglich, dass er sich im Laufe der Jahrhunderte so sehr an seine vermeintliche Unsterblichkeit gewöhnt hatte, dass ihm jetzt der Gedanke gar nicht mehr kam, er könnte am Ende doch verwundbar sein? Er wäre nicht der Erste, dem es so erginge. Andrej hatte mehr als einen von denen getötet, die demselben Trugschluss erlegen waren.
    Ali setzte zu einer scharfen Entgegnung an, doch Hasan unterbrach den Disput mit energischer Stimme. »Ali! Wir haben keine Zeit für diese Albernheiten!«
    Ali machte sich daran, den Becher wieder in das Tuch einzuwickeln. »Was du gerade getan hast, war sehr dumm, Mohr, doch letzten Endes ist es deine Entscheidung. Wir haben eine Abmachung. Wenn du dich entscheidest, sie einseitig aufzukündigen, dann wird eben dein Freund für deine Schulden aufkommen. Mir soll es gleich sein.«
    »Eine Abmachung, mir Wasser aus einem Brunnen in Jaffa zu geben?«, fragte Abu Dun.
    »Du lebst, oder?« Ali deutete ein Schulterzucken an, als wäre damit alles gesagt, verbarg das nasse Bündel wieder unter dem Mantel und ging wortlos davon.
    »War das nötig?«, seufzte Hasan.
    »Mich zu belügen?«
    »Ich habe dich nicht belogen«, antwortete Hasan, lächelte nervös und schränkte dann ein: »Oder vielleicht doch, du hast recht. Aber nicht so, wie du glaubst.«
    »Du hast mir gar nicht das Leben gerettet, und in Wahrheit liege ich noch immer in dieser Höhle und verfaule allmählich, und das alles hier ist die Hölle?«, sagte Abu Dun.
    »So leicht wird die ewige Verdammnis nicht zu ertragen sein, fürchte ich«, sagte Hasan ernst. »Aber du hast recht. Ich habe dich belogen. Ich hätte das nicht tun sollen. Die Wahrheit ist, dass das da …«, er deutete auf den ledernen Schlauch, den Ali auf dem Tisch liegengelassen hatte, »… nicht nötig war. Du bist gesund.«
    »Ist es tatsächlich nur Wasser?«, fragte Andrej.
    »Ich habe die Flasche auf der
Pestmond
gefunden und ihren Inhalt ausgetauscht. Was wirklich darin war, ist jetzt in einer Flasche in meinem Gepäck. Aber ich habe es nicht angerührt. Dein Freund Hasan hat mir in den letzten beiden Tagen nichts als Wasser gegeben. Und weißt du was? Ich fühle mich ganz ausgezeichnet. Was natürlich auch

Weitere Kostenlose Bücher