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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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beherrscht.
    »Noch dazu, wo er es selbst ist«, bestätigte Abu Dun. »Oder war. Und diesen Mord noch dazu einem Muslim anlasten kann. Und wenn nicht ihm, dann seinem Freund, einem Abenteurer von … zweifelhaftem Leumund …«
    »Was genau willst du damit sagen, zweifelhaftem Leumund?«
    »… von dem allgemein bekannt ist, dass er Umgang mit einem gefürchteten Sarazenenkrieger pflegt und oft im Morgenland gesehen wird. Der Gedanke ist mir auch schon gekommen. Aber es ist nur ein Gedanke, und vielleicht ist er ja dumm. Vielleicht auch nicht, aber das interessiert mich nicht. So wenig, wie es dich interessieren sollte, Hexenmeister. Seit wann mischen wir uns in so etwas ein?«
    »So etwas?«
    »Politik«, antwortete Abu Dun. Er betonte das Wort wie etwas, das er nur ungern aussprach. »Wir haben uns immer aus der Politik rausgehalten und sollten es auch weiterhin tun.«
    »Manche Dinge ändern sich nun einmal«, antwortete Andrej kühl, selbst überrascht von seiner Antwort.
    Dem Blick nach zu schließen, mit dem Abu Dun ihn maß, schien es dem Nubier genauso zu gehen, aber er sagte nur: »Ja, und manche Menschen auch.«
    »Und? Warst du es nicht, der immerzu gesagt hat, ich wäre zu weich? Jetzt beschwer dich nicht, wenn ich auf dich höre.«

Kapitel 11
    Es kam selten vor – um nicht zu sagen, so gut wie nie –, doch Andrej verschlief am nächsten Morgen nicht nur, das Erwachen war auch ganz anders als gewöhnlich. Normalerweise nahm er sich vor dem Einschlafen vor, zu einer bestimmten Stunde aufzuwachen, und wenn ihn nicht gerade ein Traum gefangen nahm, war die Zeit dazwischen kaum mehr als ein Blinzeln zwischen zwei Augenblicken.
    Dieses Mal erinnerte er sich.
    Er hatte nicht geträumt, spürte aber, dass Zeit vergangen war. Es war wie ein langsames Emportauchen aus einem ebenso grundlosen, dunklen See aus trägem klebrigem Morast, der mit Messerklingen gefüllt war. Und die schwarze Tiefe war nicht leer. Dort unten lauerte etwas Düsteres und durch und durch Entsetzliches. Grauenerregende Gestalten wandelten dort, und Wesenheiten, deren bloßer Anblick den Verstand zerbrechen ließ.
    Sein Fuß pochte, als stünde er in Flammen, und als er die Augen aufschlug, war im allerersten Moment alles verschwommen und farblos. Auch die Geräusche klangen sonderbar dumpf, als hätte er Wasser in den Ohren.
    Er war nicht allein. Jemand – nicht Abu Dun – war hier drinnen, aber um zu sehen, wer, hätte er den Kopf drehen müssen, und das war ihm viel zu mühsam. Unruhe überkam ihn, als er verstand, was mit ihm los war: rein gar nichts. Er erwachte wie ein ganz normaler Mensch, der ein paar Atemzüge brauchte, um sich ins Wachsein zurückzublinzeln. Aber das sollte nicht sein.
    Stoff raschelte. Als er das Gefühl hatte, beobachtet zu werden, stemmte er sich nun doch auf die Ellbogen hoch und drehte den Kopf, um die Gestalt anzusehen, die vor der geschlossenen Tür stand, schmal und so klein wie das Kind, das sie ja auch noch war.
    »Ich wollte dich nicht wecken«, sagte Ayla. »Das tut mir leid.«
    »Das hast du auch nicht«, antwortete Andrej mit schwerer Zunge. Tatsächlich war er froh, dass sie ihn geweckt hatte. Auch wenn er sich nicht erinnerte, was, so war er mittlerweile doch sicher, geträumt zu haben. Und es war ganz gewiss kein angenehmer Traum gewesen. Wieder einmal.
    Ayla löste sich aus ihrem Versteck in den Schatten und kam näher. Es war, als brächte sie die Dunkelheit mit. »Dann schnarchst du immer so laut, wenn du nicht schläfst?«
    Andrej hatte zweifellos eine Menge schlechter Angewohnheiten, aber Schnarchen gehörte nicht dazu. Er machte trotzdem ein betroffenes Gesicht, setzte sich weiter auf und sagte: »Du wirst mich nicht verraten, oder?«
    Ayla kam noch einen weiteren Schritt näher, und die Schatten zogen sich von ihrem schleierbedeckten Gesicht zurück.
    »Das ist gar nicht nötig«, antwortete sie. »So laut, wie du warst, hat es sowieso die ganze Stadt gehört.«
    Andrej machte ein angemessen zerknirschtes Gesicht. Als er sich aufsetzte, spürte er ein leises Schwindelgefühl, gefolgt von einem unangenehmen Aufstoßen, das er nicht ganz unterdrücken konnte. In Aylas Augen blitzte es amüsiert auf, und die kunstvollen Tätowierungen, die sie einrahmten, schienen sich für einen Moment zu bewegen wie winzige magische Symbole, die von einem eigenen Willen beseelt waren.
    Dann erschien eine steile Falte zwischen ihren Augen. Als Andrej dem erschrockenen Blick des Mädchens folgte, fuhr er

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