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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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freundlich sein und mir endlich die Wahrheit erzählen?«
    Drüben am Automaten klingelten wieder ein paar Zehnerl in die Metallschale. Thomas schien am Gewinnen zu sein. Er grinste freudestrahlend herüber, und Etienne hob die Fäuste und kniff beide Daumen ein. Es mochte heißen: Räubere das Ding bis auf den letzten Pfennig aus!
    »Eine Frage, Manfred: Hast du daheim etwas vermißt?«
    »Was soll das, Onkel Marcel?«
    »Ich habe die Frage an dich gestellt, weil ich etwas in der Geschichte, die du mir erzählt hast, vermißt habe. Ich habe nämlich vermißt, daß du Herrn Pforten und seine Frau Heliane nicht wie sonst Vater und Mutter genannt hast. Oder habe ich da etwas in die falsche Kehle bekommen?«
    »Sind sie denn meine Eltern?« fragte der Junge mit starrem Gesicht. Er spielte mit einem Bierfilz, und seine nervösen Finger zerwutzelten die Pappe zu winzigen Krümeln.
    »Geboren wurdest du als Sohn des Diplom-Ingenieurs Hermann Ungenau und seiner Frau Marianne. Auf den Mädchennamen deiner wirklichen Mutter kann ich mich im Augenblick nicht besinnen. Als du ein halbes Jahr alt warst, kamen deine Eltern bei einem Omnibusunglück in den Bergen ums Leben.« Der Junge fegte die Papierkrümel mit der flachen Hand vom Tisch in einen Aschenbecher und griff dann gleich nach einem neuen Bierfilz.
    »Heliane Pforten lag damals, durch einen Autounfall lebensgefährlich verletzt, gelähmt und ohne Hoffnung, jemals Kinder bekommen zu können, in einer Klinik. Sie hatte davon geträumt, einmal ein Dutzend Kinder zu bekommen. Nun hing ihr Leben an einem seidenen Faden, und sie hatte auch keinen Lebensmut mehr. Sie wollte sich aufgeben. In dieser Situation kamen Michael Pforten und ich auf den Einfall, ihr eine Aufgabe zu geben...«
    »Ich verstehe — ein Spielzeug...«
    »Nein, mein Junge, kein Spielzeug! Denn ein Kind ist kein Spielzeug, sondern ein hilfloses Wesen, das ständig Wartung und viel Liebe braucht. Und ich meine, diese mütterliche Liebe hast du von deinen ersten Gehversuchen an bis zum heutigen Tage in reichlichem Maße empfangen.«
    Manfred starrte eine Weile auf den neuen Schnitzelberg, den er vor sich aufgehäuft hatte.
    »Verzeih, Onkel Marcel«, sagte er mit gesenktem Kopf, »du mußt zugeben, das kommt alles reichlich überraschend...«
    »Das gebe ich gern zu, Fredi, aber ich finde, das ist trotzdem kein Grund, um ungerecht zu sein.«
    »Weshalb haben sie mir nichts davon erzählt?« fragte der Junge heftig.
    »Die Frage ist berechtigt. Ich habe sie vor ein paar Tagen selber an deine Mutter gestellt. Und sie antwortete mir: >Warum sollen wir es ihm eigentlich sagen? Er ist doch unser Sohn. Er ist es genauso wie Thomas!<«
    »Das ist doch keine Antwort, Onkel Marcel! Oder willst du behaupten, daß das eine Antwort ist?«
    »Ich finde, daß es eine ausgezeichnete Antwort ist. Ja, ich finde, daß es die beste Antwort ist, die deine Mutter mir geben konnte! Oder meinst du, daß nur das Blut der echte Kitt in einer Familie ist? Wenn es so wäre, dann müßtest du doch vom ersten Tage an gespürt haben, daß du in der Familie Pforten als Fremdkörper aufwächst. Daß du nur ein geduldeter Gast bist. Daß du nicht hineingehörst. Nun, hast du das jemals gespürt?«
    »Nein...«, antwortete der Junge zögernd, »aber von jetzt an werde ich es spüren!«
    »Weißt du das? Oder fürchtest du es nur?« fragte Etienne mit einer kleinen Schärfe in der Stimme.
    »So versteh mich doch, Onkel Marcel! Es kommt doch immer irgendwann einmal vor, daß man sich ungerecht behandelt fühlt oder daß man glaubt, in irgendeiner Sache zurückgesetzt zu werden. Ob das selten und ob es mit Recht oder mit Unrecht geschieht, spielt dabei keine Rolle. Es passiert nun einmal. Bis heute habe ich das hingenommen wie Sonne oder Regen, ohne mir etwas dabei zu denken. Aber von jetzt an werde ich mich und — meine Eltern beobachten! Das ist es doch! Meine Unbefangenheit ist verschwunden...«
    Etienne fühlte sein Herz schwer werden. Was sollte er dem Jungen darauf antworten? Sollte er ihn daran erinnern, wie kärglich und arm sein Leben wahrscheinlich verlaufen wäre, wenn er ohne Verwandtschaft und ohne Vermögen in einem Waisenhaus aufgewachsen wäre?
    Nur das nicht!
    Oder sollte er ihn undankbar nennen?
    Es wäre das Schlimmste gewesen, was er ihm hätte antun können. Der Junge hatte einen Schock erlitten. Man mußte ihn jetzt vor allen Dingen einmal zur Besinnung kommen lassen.
    »Ich würde dir empfehlen, Manfred, darüber einmal

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