Nelken fuers Knopfloch
widmen, da die Vorgabe allzu häufiger Geschäftsverpflichtungen am Abend seine Gattin mißtrauisch gemacht hätte. Sie war leider außerordentlich eifersüchtig, und er hatte schon jetzt das peinliche Gefühl, daß seine Taschen streng kontrolliert würden. Es war Simone Simpsons Pech, daß sie dieses Faible für Männer in vorgerückten Jahren besaß. Eigentlich waren es nicht einmal die vorgerückten Jahrgänge, die sie bevorzugte, aber jüngere Männer befanden sich zumeist noch nicht in den günstigen Vermögensverhältnissen, die es ihnen gestatteten, sich kostspielige Passionen zu leisten. Und sie war ziemlich anspruchsvoll. Sie richtete sich halb auf, als sie Heliane kommen hörte, und lächelte ihr entgegen.
»Ich hatte natürlich schon viel von Sachrang gehört, gnädige Frau, aber daß es so traumhaft schön ist, konnte ich mir nicht vorstellen...« Ihr Blick umfing das in makellosem Weiß strahlende Haus, den sattgrünen Rasen mit den Schurstreifen der Mähmaschine, die leuchtenden Farben der Rosenanlage, die von Begonien eingefaßt war, den Park von Sachrang, das Panorama der Berge, die zartblau hingetuscht vor dem schimmernden Eisriesen standen, rosiger Pastellstaub, der mit dem Horizont verschmolz, und kehrte zu dem jedem Gast am meisten imponierenden Swimming-pool zurück. Es war ein hungriger Blick, der Blick eines Kindes, das sich die Nase an einem Schaufenster plattdrückt, hinter dem unerreichbare — oder vielleicht doch erreichbare? — Kostbarkeiten lagen...
»Wie glücklich müssen Sie sein, gnädige Frau, hier zu leben!«
»Ja, Sachrang ist schön«, sagte Heliane und ließ sich für eine kleine Plauderei auf einem Gartenstuhl nieder, »aber die Schönheit kostet ziemlich viel Mühe, und Sie vergessen auch, wie kurz der Sommer ist. Die Wintermonate sind lang, und es gibt Tage im Oktober und November, an denen man hier schwermütig werden könnte.«
Sie fühlte sich, während sie sprach, von zwei jungen, harten Augen scharf beobachtet, die sich hinter den spiegelnden Gläsern einer opalisierenden Sonnenbrille verbargen. Es war eine erbarmungslose Musterung von Frau zu Frau, bei der der jüngeren jene kaum wahrnehmbaren, spinnwebfeinen Fältchen sicherlich nicht verborgen blieben, die sich an Helianes Schläfen, Kinn und Hals zu bilden begannen und welche selbst die sorgsamste Pflege nicht auszulöschen vermochte.
»Ich bin Herrn Pforten so unendlich dankbar, daß er mir diese Rolle zukommen ließ...« Simone deutete auf das dicke Drehbuch des Films, das mit Papierstreifen als Einmerksein griffbereit neben ihrem Liegestuhl am Boden lag. »Ohne seine Fürsprache hätte ich die Rolle nie bekommen. Jetzt bange ich nur darum, daß mir der Start gelingt...«
»Wie alt sind Sie, Fräulein Simpson? In Ihrem Alter ist diese Frage ja wohl nicht indiskret, nicht wahr?«
»Natürlich nicht, gnädige Frau — ich bin neunzehn...«
Du lügst, mein Kind, dachte Heliane — ich möchte wetten, daß du mindestens dreiundzwanzig bist, aber wenn neunzehn besser klingen, bitte sehr! Oder baust du als kluge Frau schon heute vor?
»Wie wundervoll jung Sie sind!« sagte sie herzlich. »Und so begabt! Ich weiß, daß Sie auf dem Sprungbrett zu einer großen Karriere stehen.«
»Sie sind zu liebenswürdig, gnädige Frau!«
»Das kommt nicht von mir, Fräulein Simpson. Ich wiederhole damit nur, was mir mein Mann erzählt hat.«
»Ach, gnädige Frau, an Herrn Pforten merke ich erst, wieviel mir noch fehlt. Ich bin seine Schülerin, und ich bewundere am meisten, wieviel Geduld er mit mir hat.«
»Er hatte immer ein Faible für junge Talente...«
Heliane erhob sich mit der Entschuldigung, daß sie der Köchin noch einige Anweisungen zu geben habe.
Der Mann mit dem Faible für junge Talente hatte sich die Rollenbücher unter den Arm geklemmt und wollte gerade zur Terrasse gehen, um sich an der Unterhaltung der beiden Damen zu beteiligen, als vor dem Tor die Hupe von Etiennes Fiat ertönte und Marcel kurz darauf mit beiden Jungen in flotter Fahrt auf Sach-rang einfuhr. Sie saßen zu dritt nebeneinander auf der Steuerbank, denn auf dem Hintersitz türmten sich ihre Koffer und auf den Koffern einige Flugzeugmodelle auf, die sie beide gebastelt hatten. Thomas sprang als erster aus dem Wagen und stürzte seinem Vater entgegen.
»Servus, Paps!« schrie er schon von weitem. »Und versetzt bin ich auch!«
Pforten zog den Jungen, so gut das die dickleibigen Manuskripte zuließen, für einen Augenblick an seine
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