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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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zu hübsch, als daß man ihr ernstlich böse sein konnte.
    »Natürlich will ich dich nicht zu einer Entscheidung drängen«, sagte er etwas kühler, »aber wenn du an einer Rolle interessiert bist, mußt du es mir bald sagen, denn über die Besetzung des Stücks wird entschieden, sobald ich in Frankfurt bin. >Onkel Humphrey< soll bis zum Oktober auf den Brettern stehen.«
    Sie warf ihm einen betörenden Blick zu, während ihre Gedankenblitzschnellarbeiteten. Stiebeling war jung, sah ausgezeichnet aus, hatte Zukunft und besaß ein imponierendes Mundwerk, aber seine Versprechungen waren genauso vage wie die Lockungen des alten Ekels Bugatzki, der ihr mit einem Dreijahres vertrag winkte. Sie war erfahren genug um zu wissen, wie leicht man sich die Finger verbrannte, wenn man allzu viele Eisen im Feuer hielt. Ein Glück, daß es ihr in den letzten Tagen wenigstens gelungen war, ihren Textilhändler auf elegante Art loszuwerden. Ein anonymer Anruf bei seiner Frau hatte genügt, daß ihr der zweite Schlüssel zu ihrer kleinen Apartmentwohnung gestern in einem Einschreibebrief ohne Begleittext zugestellt worden war.
    »Oh, Michael, ich bin dir ja so dankbar!« sagte sie zärtlich. »Ich fürchte nur, daß ich Raimondis Ansprüchen nicht genüge.«
    »Sei nicht so bescheiden, mein kleines Mädchen. Wenn du nur hübsch und nicht mehr als hübsch wärst, hätte ich dir den Vorschlag nicht gemacht. Aber du hast Talent, und ich möchte dir gern auf ein höheres Sprungbrett helfen. Dir fehlt nichts als Bühnenerfahrung; wenn du sie dir in Frankfurt erwirbst, dann steigt auch dein Preis an der Filmbörse, und du kannst deinen Weg machen, ohne dir die Schuhe zu beschmutzen!« Er sah sie bedeutungsvoll an, und sie bekam es fertig, unter seinen Blick zu erröten.
    »Ach, Michael, wenn du wüßtest...«
    »Erzähl mir nichts!« unterbrach er sie. »Ich kenne die Branche, und ich kenne Herrn Bugatzki und die Leute seines Kalibers. Sie sind eine Horde von Kannibalen, und es täte mir leid, wenn du dich ihnen zum Frühstück servieren müßtest.«
    »Das käme nie in Frage!« sagte sie entrüstet.
    Es war genau vier Stunden her, daß Herr Bugatzki sie zu einer >Rollenbesprechung< übers Wochenende in sein Jagdhaus am Stümpfling eingeladen hatte. Und natürlich hatte sie seine Einladung angenommen. Wenn sie jetzt mit Pforten nach Frankfurt fuhr, mußte sie den Chef der Elite-Film mit dem Versprechen auf ein anderesmal vertrösten. Sie zündete sich, bevor der Kellner den Rehrücken servierte, eine Zigarette an und träumte dem Rauchfaden nach, der sich neben der Tischlampe emporkräuselte. Aber sie träumte nicht von Frankfurt und von künftigem Bühnenruhm, sondern sie überlegte sich, unter welchem Vorwand sie Pforten dazu bewegen konnte, den Abend nicht allzulange auszudehnen, denn Herr Stiebeling erwartete sie zwischen elf und zwölf in der Bar >Chez Charlott<...
    Das Frankfurter Engagement war eine ausgezeichnete Waffe, Stiebeling unter Druck zu setzen, seine vielfältigen Beziehungen etwas energischer für sie einzuspannen, und seine neue Arbeit, in der sich tatsächlich eine durchgehende Rolle für sie befand, rascher voranzutreiben. Hatte sie erst Bugatzkis Unterschrift auf dem Dreijahresvertrag, mit dem er sie ködern wollte, dann konnte sie sich aus der Frankfurter Geschichte, an der ihr genausowenig lag wie an Pforten, immer noch herauswinden. Denn mit dem Gedanken, sie könne Heliane Pforten einmal aus dem weißen Hause auf Sachrang hinausdrängen, wagte sie nicht einmal zu spielen. Sie wußte genau, daß sie Pforten nicht mehr bedeutete als ein Rahmen, mit dem er seine Eitelkeit dekorierte, und sie amüsierte sich heimlich über ihn, wenn er ihr das Märchen von seinen neununddreißig Jahren auftischte und sich betont flott und jugendlich gab. Sie belustigte sich darüber, wenn er unter der Vorgabe, sich im Jupiterlicht die Augen verdorben zu haben, nach seiner dunklen Brille griff, wenn er die Speisekarte studierte. Als ob er es ihr hätte verbergen können, daß die dunklen Gläser für weitsichtig gewordene Augen geschliffen waren. Heimlich glaubte sie ihm nicht einmal seine wahren neunundvierzig Jahre, sondern nahm an, daß er auch hier bereits ein paar Jährchen subtrahiert habe. In ihren Augen war er ein alter Herr.

14

    Das Spiel mit Modellflugzeugen hatte seinen Reiz für Thomas verloren. Manfred hatte die Maschine zwar wieder zusammengeflickt, aber Tom war zu seiner alten Leidenschaft zurückgekehrt, aus den

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