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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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bis auf den letzten Platz besetzt. Ich habe Michael einen Gruß von uns bestellen lassen.«
    »Weshalb schwindelst du uns eigentlich an, Onkel Marcel?« fragte Manfred aus der Dunkelheit heraus. »Papa sitzt mit keinem Dicken und mit keinem Dünnen zusammen, sondern mit Fräulein Simone Simpson! Und die paar Autos, die hier stehen, füllen nicht das Lokal!«
    Etienne sah, daß Heliane die Hände gegeneinanderpreßte, als müsse sie einen Schmerz unterdrücken.
    »Wenn ich dir sage, daß dein Vater sich in Gesellschaft zweier Herren befindet«, sagte er scharf, »dann muß ich dich schon sehr bitten, es auch zu glauben!«
    Manfred schwang die Beine halb aus dem Wagen: »Gut, dann hole ich ihn heraus. Die Besprechung wird nicht so wichtig sein, daß er nicht eine Minute Zeit hat, Mutti und dich zu begrüßen.«
    Etienne hatte Humor genug, sich die Szene im Lokal vorzustellen, aber er hatte nicht soviel Humor, sie auch über die Bühne gehen zu lassen.
    »Mach, daß du auf deinen Platz kommst!« sagte er gemütlich und drückte die Rückenlehne zurück, um sich dann ans Steuer zu setzen.
    »Möchtest du nicht endlich fahren!« hörte er Heliane sagen; ihre Stimme klang, als wäre sie am Ende ihrer Selbstbeherrschung und als gingen ihr in der nächsten Sekunde die Nerven durch. Es war etwas in ihrer Stimme, was auch Manfred veranlaßte, die Beine schleunigst zurückzuziehen und sich nach hinten zu drücken. Marcel ließ den Motor anspringen, drückte den Gang herein und kurvte kurz herum. Die Scheinwerfer wischten über die parkenden Autos und über die erleuchteten, aber verhängten Fenster des Restaurants, ließen ein Glyziniengerank an der Hausecke in metallischem Blau aufleuchten, strichen über eine mannshohe Hainbuchenhecke und bohrten sich endlich in die Straße. Etienne ließ den Wagen davonschießen. Heliane kurbelte das Seitenfenster herunter, der Fahrtwind wehte ihr das kunstvoll aufgetürmte Haar über Stirn und Gesicht.
    »Ich an deiner Stelle, Mutter...« Es klang, als spräche der Junge mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Halt den Mund!« befahl Etienne wütend. »Halt um Gottes willen endlich einmal deine Klappe!« Es hörte sich an, als hätte Manfred die ganze Zeit über die wildesten Vorwürfe gegen Pforten, Heliane und ihn selber erhoben.
    »Wohin fährst du, Marcel?« fragte Heliane ruhig.
    »Wohin du willst...«
    »Dann fahr mich bitte heim!« Sie legte die Fingerspitzen flüchtig auf seine behandschuhte Rechte. »Es tut mir leid, daß ich euch den Abend verpatze...«
    »Ach, hör doch auf!«
    »Und dafür hast du dich so schön gemacht, Mutti!« Der Junge schluchzte fast.
    Heliane drehte sich um, sie sah, daß der Fahrtwind seinen Scheitel zerzauste und seine hübsche Krawatte über die Schulter wehen ließ, und schloß das Fenster. Sie streichelte sein Gesicht, es war heiß und trocken.
    »Daß du so ruhig und gelassen bist!« sagte er wild.
    »Nicht doch, Fredi!« murmelte sie.
    »Ach was! Ich habe einen Zorn im Bauch, daß ich denke, ich müßte vor Wut platzen!«
    »Warum eigentlich?« fragte sie achselzuckend. »Weil ein dummer Zufall uns in ein Restaurant geführt hat, in dem dein Vater in Gesellschaft einer Kollegin...«
    »Kollegin!« unterbrach er sie heftig. »Erzähl mir doch keine Märchen, Mutti! Ich bin schließlich kein Kind mehr!«
    Etienne war es gelungen, sich eine Zigarette anzuzünden. Er wendete den Wagen an einer Seitenstraße und fuhr auf dem Wege, auf dem sie gekommen waren, zur Autobahn zurück.
    »Über dieses Thema haben wir uns schon einmal unterhalten, mein Junge — und was ich dir damals sagte, gilt auch heute noch: Überlaß die Entscheidung über diese Dinge deiner Mutter! Sie und auch ich sind uns übrigens völlig darüber einig, daß die Beziehungen deines Vaters zu Fräulein Simpson ausschließlich rein beruflicher Art sind.«
    »Was hat dich dann gehindert, ihn herauszuholen?« fragte der Junge störrisch. »Und was hat uns daran gehindert, in das Restaurant zu gehen und uns zu ihnen zu setzen? So antwortet mir doch! Oder wollt ihr mir etwa erzählen, wir hätten es nicht getan, weil sich so etwas nicht schickt?«
    »Weshalb fragst du, wenn du es weißt?« antwortete Etienne. »Selbstverständlich schickte es sich nicht, den Eindruck zu erwecken, als spionierten wir hinter deinem Vater her! Und jetzt möchte ich vorschlagen, daß wir von etwas anderem reden!«
    Er drückte seine Zigarette aus und beschleunigte die Geschwindigkeit. Die Bäume sausten vorbei und

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