Nelken fuers Knopfloch
Marcel?«
»Selbstverständlich — falls deine Mutter nichts dagegen hat.«
»Du hast doch nichts dagegen einzuwenden, Mutti, nicht wahr?« sagte Manfred beschwörend.
»Ich habe nichts dagegen«, sie versuchte heiter und gelassen zu erscheinen, obwohl ihr das Herz schwer war, »aber euer Vater hat dabei auch noch ein Wort mitzureden...«
»Das erledige ich schon«, sagte Etienne, »ich rufe Michael morgen an.«
16
Es war kurz nach zehn, als Pforten mit Simone Simpson das Restaurant verließ. Unter dem Vorwand heftiger Kopfschmerzen, die sie manchmal unversehens und zumeist zur unpassendsten eit überfielen, hatte Simone Simpson es nicht schwer gehabt, Pforten zum frühzeitigen Aufbruch zu veranlassen. Ihre Kopfschmerzen kamen ihm dabei nicht gar so sehr ungelegen, wie er ihr gegenüber tat. Der ermüdende Drehtag, den er hinter sich hatte, und die anstrengenden Tage, die vor ihm lagen, hatten ihn wünschen lassen, daß der Abend sich nicht allzulange ausdehnen werde.
»Du bist mir doch nicht böse, Michael, daß wir so früh gehen...?«
»Ganz gewiß nicht, mein Kleines; du wirst jetzt schön schlafen und deine Kopfschmerzen loswerden. Morgen müssen wir beide fit sein.« Er sah sie beunruhigt an, die letzten Einstellungen mit ihr mußten morgen abgedreht werden, falls der Zeitplan nicht durcheinandergeraten sollte.
»Mach dir keine Sorgen um mich. Was ich jetzt brauche, sind zwei Tabletten und ein paar Stunden Schlaf. Ich bin morgen wieder munter wie ein Fisch.«
Sie hängte sich bei ihm ein und ließ sich von ihm über den Parkplatz zum Wagen führen. Ihre sehr hochhackigen Pumps bohrten sich knirschend in den groben Granitschotter. Hoffentlich zerschrammte er nicht das empfindliche Leder der Absätze... Sie hatte keinen anderen Schuh, der zu diesem kurzen Abendkleid paßte, in dem sie sich Herrn Stiebeling zeigen wollte. Pforten öffnete den Schlag des Thunderbird und half ihr beim Einsteigen. Der Anblick ihrer schimmernden Knie, die der enge Rock freigab, als sie die Beine nachzog, war sehr reizvoll, und sie ließ sich Zeit, den Rock zurechtzuzupfen.
Der Parkwächter kam herangeschlurft, in seiner hohlen Hand glimmte eine Zigarette.
»Da war ‘n junger Mänsch, der an Ihrem Wagen rummadderte...«, sagte er wichtig; es hörte sich an, als hätte er einen Kerl beim Einbruch erwischt und mit den bloßen Fäusten in die Flucht geschlagen.
Pforten griff scheinbar unabsichtlich in die Tasche, wo die losen Münzen klingelten.
»Tatsächlich?« fragte er nicht sehr interessiert, da er die Sache für einen nicht allzu geschickten Versuch hielt, ihm ein zweites Trinkgeld lockerzumachen.
»Und wissense, was er jesacht hat, als ich ihm ställte?« Der Dialekt klang nach Königsberg oder Elbing.
»Na, was denn?« fragte Pforten, um den Dialekt genauer zu lokalisieren; er hatte die Rolle des Professor Higgins in Shaws Pygmalion so oft gespielt, daß etwas von ihr an ihm hängengeblieben war.
»Obse einen Hund dabeii hätten, ‘n schwarzen Hund mit’m buschijen Schwanz. So’n Lorbaß! Damit wollt er mir man bloß ablänken. Sie, hab ich jesacht, machense, dasse vons Automobil wechkommen oder ich machse Beiine...«
»Sie sind doch von Königsberg, nicht wahr?«
»Nei, Härr, von Pillau, wo ich am Hafen eine Kneipe jehabt hab’. Kennense Pillau?«
»Leider nicht«, sagte Pforten und ließ ein paar Geldstücke in die Hand des ehemaligen Pillauer Kneipiers klingeln.
»Schade, das hättense kenn’ solln, das war noche Stadt! Nei, ich fiehl mir hier nich wohl inne Berje und in dies Klihma...«
Pforten tippte an den Hutrand und setzte sich hinter das Steuer. Eine Viertelstunde lang unterhielt er Simone mit ostpreußischen Witzen und Geschichten, bis er sie vor ihrem Apartmenthaus am linken Isarufer zwischen Luitpold- und Maximiliansbrücke absetzte, wo ihr der verflossene Textilgroßhändler den Baukostenzuschuß zu ihrer kleinen Wohnung im sechsten Stockwerk großzügig spendiert hatte.
»Wenn du bei mir noch einen Kaffee trinken willst...«, sagte sie, als er ihre Hand zum Abschied an die Lippen zog, aber die Einladung klang trotz der zärtlichen Schwingung nicht sehr dringend.
»Nein, Liebling, du sollst jetzt schlafen«, befahl er streng und drückte auf den Knopf der Flurbeleuchtung.
Sie hob sich auf die Zehenspitzen, um ihm als Trostpflaster einen flüchtigen Kuß auf die Wange zu drücken. »Danke, Michael, es war ein reizender Abend. Du hast mich sehr verwöhnt.«
Er warf ihr einen Handkuß
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