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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Vermächtnis
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Umstände vorbringen, bei denen es größtenteils um ihren Geisteszustand in der Mordnacht ging, wie zum Beispiel: »Euer Ehren, meine Frau spinnt. Schauen Sie ihre roten Haare an.« Außerdem, so teilte ich dem Gericht mit, wollte ich offiziell darauf verweisen, dass das FBI meine Frau mit dem Mafia-Don verkuppelt hatte, während er sich in Schutzhaft in seinem Herrenhaus befand, und ich wollte ein paar Worte zu den fragwürdigen Methoden des Bundesanwalts Alphonse Ferragamo sagen.
    Nun ja, wie sich herausstellte, wollten weder der Richter noch Mr Ferragamo etwas von mir hören, und die nichtöffentliche Sitzung hatte damit geendet, dass das Justizministerium beschloss, den Fall nicht vor einem Schwurgericht verhandeln zu lassen. Ein absoluter Sieg für Susan und einmal mehr eine Bestätigung dafür, dass die Regierung das Recht hat, sich abzusichern. Für mich war es das einzige Mal, dass ich Einfluss auf ein Verfahren genommen hatte, indem ich auf dem Gang saß und den Mund hielt.
    Ich war erleichtert, dass Susan auf freiem Fuß blieb, doch ehrlich gesagt, war ich auch ein bisschen enttäuscht - sowohl als Anwalt wie auch als Staatsbürger -, dass das Justizministerium sie so leicht hatte davonkommen lassen, ohne ihr auch nur auf die Finger zu klopfen. Und als betrogener Ehemann hätte ich mir gewünscht, dass man Susan wenigstens aufforderte, ein scharlachrotes E auf ihrem züchtigen Kleid zu tragen, aber andererseits hätte man mir, wie ich annehme, dann ein Schild mit der Aufschrift HAHNREI um den Hals gehängt.
    Wie dem auch sei - ich war Susan nach der Verhandlung auf der Treppe vor dem Gerichtsgebäude absichtlich über den Weg gelaufen, und sie war von ihren glücklichen Eltern, drei erleichterten Anwälten und zwei von der Familie bestellten Psychiatern umgeben gewesen, die wohl kaum für jedes Mitglied der Familie Stanhope ausreichten.
    Ich hatte Susan von ihrem Gefolge loseisen können, und wir hatten kurz miteinander gesprochen, wobei ich ihr zum Ausgang der Verhandlung gratulierte, obwohl ich nicht ganz zufrieden damit war. Nichtsdestotrotz sagte ich zu ihr: »Ich liebe dich immer noch, musst du wissen.«
    Und sie hatte erwidert: »Das solltest du auch besser. Auf ewig.«
    Und meine letzten Worte an sie lauteten: »Ja, auf ewig.«
    Und ihre letzten Worte waren: »Ich auch.«
    Und so trennten wir uns auf der Treppe vor dem Gerichtsgebäude und sahen uns fast vier Jahre lang nicht, bis zu Edwards Abschlussfeier am Sarah Lawrence College.
    Und als wir das letzte Mal miteinander gesprochen hatten, bei Cornelias Beerdigung, hatte sie zum Schluss zu mir gesagt: »Ich wünsche dir alles Gute, John, vor allem wünsche ich dir inneren Frieden.«
    Ich wusste nicht, warum sie meinte, ich hätte keinen inneren Frieden - das war mein Geheimnis -, aber ich erwiderte: »Danke. Dir ebenso.«
    Wir hatten uns auf dem Friedhof voneinander verabschiedet, und ich war nach London zurückgekehrt. Jetzt, vier Jahre später, waren wir dabei, eine andere Frau aus unserer Vergangenheit zu beerdigen, und wenn mir nach einem Witz zumute gewesen wäre, hätte ich gesagt: »Wir dürfen uns nicht mehr auf diese Weise treffen.« Aber vielleicht, dachte ich, heiratet irgendwann eines unserer Kinder oder auch beide, und dann können Susan und ich uns bei fröhlicheren Anlässen begegnen, zum Beispiel bei Geburten, Taufen oder den Geburtstagspartys der Enkel.
    Bis dahin waren es Beerdigungen, was mich an einen Satz von Longfellow erinnerte - Lasst die tote Vergangenheit ihre Toten begraben. Ja, in der Tat.
    22
    Susan kam in den Rosengarten, und ich bemerkte, dass sie sich die Haare gebürstet und möglicherweise etwas Lipgloss aufgetragen hatte.
    Als Gentleman, der ich bin, stand ich auf, und sie erinnerte sich an einen unserer üblichen Scherze und fragte mich: »Spielt jemand die Nationalhymne?«
    Wir lächelten beide, und sie stellte eine Briefpapierschachtel auf den Tisch, legte den Umschlag, den ich mitgebracht hatte, daneben und setzte sich dann mir gegenüber.
    Was den Umschlag anging, so wollte ich nicht, dass sie ihn jetzt öffnete und die Nacktfotos von sich sah; das könnte unangenehm oder peinlich sein oder ihr eine falsche Botschaft vermitteln. Oder hatte sie bereits in den Umschlag geschaut? Jedenfalls ließ sie ihn auf dem Tisch liegen.
    Wir saßen beide schweigend ein paar Sekunden lang da, dann fiel mir etwas ein. »Ich habe vom Tod deines Mannes gehört. Mein Beileid.«
    »Danke.«
    Damit schien das Thema erledigt zu

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