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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Vermächtnis
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haben solltest, wie zum Beispiel Carolyns und Edwards Geburtsurkunden, die bei meinen eingelagerten Sachen gelandet sind.«
    Sie nickte. »Wenn du ein paar Minuten Zeit hast, würde ich gern das eine oder andere mit dir besprechen und dir ein paar Sachen geben.« »Na schön.«
    »Setzen wir uns doch in den Rosengarten«, schlug sie vor. »Okay.« »Ich komme gleich raus.«
    Ich nahm meinen Kaffee und ging durch die hintere Küchentür in den englischen Rosengarten, der von einer niedrigen Steinmauer umgeben war und im Grunde genommen noch genauso aussah, wie ich ihn in Erinnerung hatte; wenn man mal davon absah, dass die gusseisernen Möbel durch Korbsessel ersetzt worden waren, die auch nicht viel bequemer wirkten. Frauen können auf allem sitzen.
    Die Rosen fingen an zu blühen, und mir fiel ein, dass es ziemlich spät dafür war - ich nehme an, es hing davon ab, wie der Frühling auf Long Island verlief.
    Hier war ich also, daheim und doch nicht zu Hause. Alles kam mir bekannt vor, aber die leichten Veränderungen waren verwirrend. Genau wie bei den Leuten. In einer Eingeborenenhütte auf einer Pazifikinsel, wo mich nichts an mein Vorleben erinnerte, hätte ich mich wohler gefühlt.
    Mir fiel etwas ein, das mein Vater gesagt hatte, als ich bei der Army war und meinen Dienst in Deutschland antreten sollte. Er bezog sich auf die vier Jahre, die er im Krieg gewesen war, und erklärte mir: »Als ich zurückkam, habe ich mich so fehl am Platz gefühlt, dass ich mir gewünscht habe, ich wäre wieder mit meinen Kameraden im Schützengraben.« In Anbetracht dessen, dass er später meine Mutter kennengelernt und geheiratet hatte, war ich davon überzeugt, dass er sich das noch des Öfteren gewünscht hatte. Genauer gesagt, ich verstand jetzt, was er meinte.
    Ich setzte mich in einen Sessel an dem runden Korbtisch und betrachtete den plätschernden Springbrunnen im hinteren Teil des gepflegten, symmetrischen Gartens mit der Sonnenuhr in der Mitte.
    Rund um die Rosenbeete waren ein paar Gartenstatuen verteilt, meistens klassische Figuren, und das erinnerte mich an die klassischen Gärten von Alhambra, den spiegelnden Teich und natürlich meinen Traum. Wahrscheinlich würde ich sie niemals fragen, wie, wann und wo sie ihr Verhältnis mit Frank Bellarosa angefangen hatte, doch falls ich fragen sollte, würde sie vermutlich sagen: »Wie es zu was gekommen ist? Ach, das? Das ist so lange her, John. Wieso bringst du das zur Sprache?« Und so weiter und so fort. Aufs Verdrängen verstand sie sich, und ich war davon überzeugt, dass sie sich weder daran erinnerte, mit Frank Bellarosa gevögelt, noch ihn erschossen zu haben. Tja, natürlich konnte sie sich daran erinnern, aber nur, wenn jemand wie ich so ungehobelt war, es zu erwähnen.
    Ich dachte an das letzte Mal, als ich sie gesehen hatte, bei der Beerdigung meiner Tante Cornelia vor vier Jahren. Ich weiß nicht, warum sie da war, vermutlich weil sie wegen unserer Kinder gewissermaßen immer noch zur Familie gehörte. Sie hatte ihren neuen Gatten auf Hilton Head gelassen, daher hatte ich weder das Vergnügen, den Glücklichen kennenzulernen, noch die Gelegenheit, mich darüber auszulassen, wie alt er aussah, wie fett er war oder was auch immer. Wenn sie einen jungen Hengst geheiratet hätte, wäre er mit Sicherheit dabei gewesen, und zwar in einem schwarzen Armani-Anzug.
    Jedenfalls hatten Susan und ich damals miteinander gesprochen, es waren größtenteils Belanglosigkeiten über Tante Cornelia und Arthur, ihren verstorbenen Mann, und ihre beiden hirnlosen Söhne gewesen. Wir sprachen auch über meinen Vater, den Susan gemocht hatte, aber sie erwähnte nicht seine Beerdigung, die ich versäumt hatte. Ich entsann mich, dass ich Susan zu ihrer Hochzeit gratuliert und ihr alles Gute gewünscht hatte. Ich glaube, ich habe es sogar ernst gemeint.
    Sie hatte mir erzählt, dass ihr Gatte ein sehr anständiger Mann sei, was meines Erachtens heißen sollte, dass er nicht die Liebe ihres Lebens war. Sie hatte mich nichts Persönliches gefragt, und ich hatte ihr keinerlei Neuigkeiten über mein Liebesleben anvertraut.
    Auch die letzten Worte, die wir wechselten, als wir uns sechs Jahre zuvor getrennt hatten, waren nicht zur Sprache gekommen. Ich hatte an ihrer Verhandlung vor dem Bundesgericht in Manhattan teilgenommen, um eine Zeugenaussage zum Tod von Frank Bellarosa zu machen. Als ihr Ehemann und einstiger Anwalt musste ich nicht aussagen, aber ich wollte ein paar strafmildernde

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