Nelson DeMille
es?«
»Ich war nie wütend auf dich, John.«
»Warum solltest du auch? Was habe ich getan?«
»Du solltest auch an deine Rolle bei dem Ganzen denken.« »Ach, komm schon.« »Dann denke wenigstens daran, was du in den letzten zehn Jahren getan hast.«
»Ich habe gar nichts getan.«
»Das ist es ja. Du bist einfach davongelaufen.«
Ich erwiderte nichts, sondern warf einen Blick auf meine Uhr, und sie sah das und sagte: »Du wirst nicht gehen, bevor ich mit dem fertig bin, was ich zu sagen habe.« »Dann werde fertig.«
Sie schwieg eine Weile und sagte schließlich mit einem etwas sanfteren Tonfall: »John, wir können das, was vorgefallen ist, nicht ungeschehen machen -« »Versuch das noch mal, in der Einzahl.«
Sie holte tief Luft: »Okay ... ich kann das, was vorgefallen ist... was ich getan habe, nicht ungeschehen machen. Aber ich möchte ... ich möchte, dass du mir vergibst.«
Das hatte ich nicht kommen sehen, und einen Moment lang war ich sprachlos. Ich überlegte, was ich sagen sollte, und hätte fast gesagt: »Ich vergebe dir«, stattdessen schaute ich sie an und erinnerte sie: »Du hast dich nicht mal entschuldigt. Du hast nie gesagt, dass es dir leidtut.«
Sie hielt meinem Blick stand und sagte: »John ... was ich getan habe, war eine zu schwere Sünde, als dass ich mich hätte entschuldigen können. Was soll ich sagen? Es tut mir leid, dass ich unser aller Leben ruiniert habe? Es tut mir leid, dass ich eine Affäre hatte? Es tut mir leid, dass ich ihn getötet habe? Es tut mir leid, dass ich nicht ins Gefängnis gekommen bin und für meine Tat büßen musste? Es tut mir leid um seine Frau und seine Kinder? Es tut mir leid, dass unsere Kinder meinetwegen leiden und zehn Jahre auf dich verzichten mussten? Es tut mir leid, dass du meinetwegen nicht hier warst, als dein Vater gestorben ist? Wie soll ich mich für all das entschuldigen?«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und ich konnte sie nicht länger anschauen, daher wandte ich mich ab und hört sie sagen: »Entschuldige mich.«
Ich schaute zu ihr, doch sie war aufgestanden und lief rasch ins Haus.
Eine Minute lang saß ich da, fühlte mich elend, hatte aber auch das Gefühl, dass diese Sache endlich zu so etwas wie einem Ende kam.
In der Gartenmauer war ein Tor, und ich starrte es an und stellte mir vor, wie ich hindurchging. Ich könnte sie später anrufen, wenn wir uns beide wieder beruhigt hatten. Oder wollte sie, dass ich hier wartete? Oder ihr folgte?
Frauen sind grundsätzlich schwer zu verstehen, und wenn sie aufgelöst sind, versuche ich es erst gar nicht. In diesem Augenblick sollte ich am besten das tun, was ich tun wollte, und ich wollte gehen. Also stand ich auf, nahm die Schachtel, die Susan mir gegeben hatte, und ging zum Tor. Schließlich zögerte ich und schaute zum Haus zurück, doch sie war nirgendwo zu sehen. Offenbar war das Gespräch vorüber. Und auch das war mir recht.
Ich öffnete das Tor, wurde erneut schwach und dachte daran, dass sie rauskommen und feststellen würde, dass ich weg war. Ich war hin- und hergerissen, und meine härtere Seite sagte: »Geh«, während meine weichere Seite sagte: »Sie leidet.«
In solchen Momenten bitte ich manchmal um göttlichen Beistand, so auch jetzt, aber die Küchentür blieb zu. »Komm schon, Gott.« Hochmut kommt vor dem Fall. »Danke für den Hinweis.« Sag es mit Blumen.
»Was ...?« Dann fiel mir plötzlich ein, dass ich schon mal hier gewesen war, buchstäblich wie auch im übertragenen Sinn, und ich erinnerte mich, dass wir uns manchmal ein Friedensangebot gemacht hatten, ohne uns einen allzu großen Zacken aus der Krone zu brechen.
Ich ging in den Garten zurück und fand die Rosenschere auf einer Gerätebank, schnitt ein Dutzend rote Rosen ab und legte sie auf den runden Tisch, dann lief ich zum Tor und öffnete es.
»John.«
Ich drehte mich um und sah sie unter der Tür stehen. »Willst du gehen?« »Ich ... ich wollte ...«
»Wie kannst du einfach -?« Sie sah die abgeschnittenen Rosen und ging zum Tisch. Sie nahm eine und betrachtete sie, dann schaute sie zu mir. Wir starrten einander durch den Garten an, bevor ich mich langsam näherte.
Sie betrachtete mich, während ich näher kam, und ich blieb an einer deutlich vorbestimmten Stelle auf halber Strecke stehen, dort, wo zankende Ex- und Ehepartner weder zu nahe beisammen noch zu weit voneinander entfernt sind.
»Wieso wolltest du gehen?«
»Ich dachte, du wolltest, dass ich gehe. Du bist aufgestanden
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