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Nemesis 02 - Geisterstunde

Nemesis 02 - Geisterstunde

Titel: Nemesis 02 - Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Herr von Thun hat mich gebeten, mir das Ding anzusehen, bevor sich einer von Ihnen im Dunkeln auf der Treppe den Hals bricht. Wo wollten Sie überhaupt mitten in der Nacht hin – noch dazu mit meinem Wagen?«
    »Hinunter ins Dorf, Hilfe holen«, antwortete Stefan.
    »Was haben Sie denn gedacht?«
    Ich war bestimmt nicht der Einzige, der Carl ansah, dass er mit dieser Antwort noch weniger anfangen konnte. Er blickte Stefan nur kurz und mit einer Mischung aus Trotz und Verwirrung an, dann war er mit wenigen Schritten am Tisch und wurde kreidebleich. Ganz offensichtlich begriff er erst jetzt, wie es tatsächlich um Ed stand.
    »Hilfe?«, murmelte er verstört. »Aber ... aber wieso denn? Er ist doch erst ... ich meine ...«
    Ich tauschte einen raschen Blick mit den anderen, doch niemand reagierte, was letztendlich allerdings auch eine Form von Antwort war.
    »Es ging nicht um Ed«, sagte ich. Carls Blick wurde noch verständnisloser, so dass ich mit einer fragenden Geste in die Runde hinzufügte: »Hat Ihnen niemand etwas gesagt?«
    »Gesagt?«, wiederholte Carl. »Was gesagt?«
    »Von Thun«, antwortete ich. »Er hatte einen Unfall.«
    Carl atmete scharf ein und prallte so abrupt zurück, als hätte ich die Hand gehoben, um ihn zu schlagen. Diesmal war das Erschrecken in seinen Augen echt. »Herr von Thun?«, keuchte er. »Was ist mit ihm?«
    »Das wissen wir nicht«, antwortete Ellen an meiner Stelle. »Und genau deswegen wollten wir ja auch jemanden losschicken. Um Hilfe zu holen.«
    »Was ist passiert?«, fragte Carl erneut.
    Ellen hob die Schultern. »Er ist in eine Art ... Brunnenschacht gefallen.«
    »Wie bitte?«, murmelte Carl. Täuschte ich mich, oder war da plötzlich noch etwas anderes in seinem Blick, etwas wie Misstrauen?
    »Eine von uns«, antwortete Ellen und machte eine verächtliche Kopfbewegung in Richtung auf Judith, »hat wegen einer Fledermaus die Nerven verloren und ist blindlings losgestürzt. Dabei wäre sie fast in einen Schacht auf dem Hof gefallen. Von Thun konnte sie noch rechtzeitig zur Seite stoßen, aber ist dabei selbst abgestürzt. Ed und Frank wollten in Crailsfelden Hilfe holen.«
    »Es gibt hier keinen Brunnenschacht«, antwortete Carl.
    Seine Stimme klang flach, fast ausdruckslos, und er wirkte vollkommen verwirrt. Die Worte waren nur ein Reflex gewesen. Ich war mir sicher, dass er noch gar nicht richtig verstanden hatte, was er da hörte.
    »Ja, das dachte von Thun offensichtlich auch«, sagte Ellen ruhig. »Wie es aussieht, hat er sich geirrt.«
    »Wie geht es ihm?«, wollte Carl wissen. Er bedachte Judith mit einem kurzen, aber fast hasserfüllten Blick, und ich revanchierte mich bei Ellen mit einem ganz ähnlichen, wenn auch eher wütenden. Meiner Meinung nach war es nicht nötig gewesen, so genau zu erklären, wie es zu dem Sturz gekommen war. Judith machte sich auch so schon genug Vorwürfe, auch wenn sie so gut wie alle anderen hier wissen musste, dass es nichts anderes als ein dummer Unfall gewesen war – aber wahrscheinlich machte es Ellen einfach nur Spaß, Salz in die Wunden zu reiben. Ich ging zu Judith hinüber, die wie ein Häufchen Elend mit gesenktem Kopf wieder auf ihrem Stuhl in sich zusammengesunken war, und legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter. Sie erschauerte leicht unter der Berührung, aber sie erwiderte sie nicht.
    Ihre Hände blieben zusammengefaltet auf ihren Knien und ich verspürte ein absurdes Gefühl von Enttäuschung.
    Was hatte ich erwartet? Dass sie aufsprang und ihrem Retter um den Hals fiel?
    »Herr von Thun ist ... abgestürzt?«, fragte Carl zum wiederholten Male. Er fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen. »Was ist mit ihm? Lebt er noch?«
    »Keine Ahnung«, antwortete Stefan und verdrehte die Augen. »Zum dritten Mal: Ich wollte hinunterklettern, aber der Schacht macht nach ein paar Metern eine Biegung. Keine Ahnung, was dahinter ist.«
    »Aber Sie können ihn doch nicht einfach ...« Carl fuchtelte wild mit den Händen in der Luft herum. »Das ist völlig unmöglich! Ich meine, der ... der Schacht ist doch gründlich abgedeckt. Wie konnte...?«
    »Dann hat irgendjemand diese Abdeckung wohl entfernt«, sagte ich. Ich ließ Judiths Schulter los und trat einen Schritt auf Zerberus zu. Das nervöse Hackern in seinem Blick wurde noch stärker und schließlich kam mir ein Einfall. »Möglicherweise war das ja auch der, der die Sicherung des Fallgatters entfernt hat, das uns beinahe aufgespießt hätte.«
    »Was meinen

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