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Nemesis 03 - Alptraumzeit

Nemesis 03 - Alptraumzeit

Titel: Nemesis 03 - Alptraumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
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gewachsen wäre.
    Aber der wahnsinnige, an Mordlust grenzende Hass, den ihre Augen in der Küche und noch lange Zeit danach wie Abermillionen kleine Blitze in die Dunkelheit abgefeuert hatten, war von etwas anderem verdrängt worden: von einer Art mühsam zurückgehaltener fiebriger Erregung, die mir zwar nicht weniger irrsinnig vorkam, aber wenigstens nicht ganz so gefährlich. Ellen hatte Recht gehabt, als sie ausgesprochen hatte, was nicht nur ich wohl schon vorher gedacht hatte: Marias Wissensspektrum im Bezug auf das Dritte Reich war alles andere als normal; es beinhaltete Informationen, die vielleicht nicht einmal in einem guten Lexikon zu finden waren, und hatte dementsprechend mit Allgemeinbildung nicht mehr viel zu tun. Hätte mir jemand geflüstert, dass einer der in der Burg Anwesenden heimlich nach verschollenem Nazigold forschte, hätte ich zweifellos auf unsere graue Maus getippt. Aber es war nicht Maria, die in den Kellern des Internats nach mysteriösen Schätzen grub, sondern Carl und so blieb die Frage nach dem Grund für ihr Interesse, die sicherlich nicht allein ich mir insgeheim stellte, bis auf weiteres und möglicherweise für immer unbeantwortet.
    Zwei, drei Atemzüge lang blieb ich allein in Klaus Sängers dürftig eingerichtetem Privatraum zurück und blickte durch das kleine Fenster auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers hinaus auf den geheimnisvollen, türlosen Turm, der sich nur als schwarzer Schatten von der Dunkelheit des Nachthimmels abhob. Trotz der Finsternis, die der sichelförmige, silbrig schimmernde Mond kaum zu erhellen vermochte, erkannte ich Fledermäuse, die zu Dutzenden, vielleicht zu Hunderten, hektisch mit den Flügeln schlagend und einem Hornissenschwarm ähnlich um die spitz zulaufende Turmspitze kreisten. Mir war klar, dass es unmöglich war, ihre Laute zu hören, denn die Entfernung, die mich zusätzlich zu den Mauern des Gebäudes und der Glasscheibe des winzigen Fensters von den pelzigen Flugungeheuern trennte, war viel zu groß, als dass es so hätte sein können. Dennoch glaubte ich die hässlichen, schrillen Laute, die den Kehlen der schwarzen Monster entwichen, bis hierher zu vernehmen – ohne Unterlass und in rasender Geschwindigkeit an Lautstärke zunehmend, als versuchten sie mit dem unglaublichen Lärm, den sie verursachten, etwas zu übertönen.
    Den entsetzten, panischen Schrei eines Menschen, der wusste, dass er starb, ähnlich dem Stefans, als sie ihn attackiert hatten, als er den Halt verloren hatte und meterweit in die Tiefe gestürzt war.
    Miriams Schrei!

Es wäre ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, selbst wenn ich dreist vorausgesetzt hätte, dass sie existierte und sich tatsächlich in dem unheimlichen Turm befand, und trotzdem identifizierte ich die menschliche Stimme, die zwischen den krächzenden, kreischenden Lauten der Tiere herausklang, eindeutig als die ihre. Und nun, da ich sie hörte, konnte ich das zierliche, dunkelhaarige Mädchen mit den riesigen braunen Augen für den Bruchteil einer Sekunde sogar sehen – als Teil eines schrecklich realistisch wirkenden Wachtraums, der sich wie ein Film auf einer dieser neuartigen, unbezahlbaren Plasmawände vor meinen Augen abspielte. Ich sah sie und ich sah mich, wie ich sie mit mir zerrte und dabei ihr feingliedriges Handgelenk mit einem entschlossenen Griff so fest packte, dass ich die Blutzufuhr zu ihren Fingern stoppte. Stufe um Stufe, immer im Kreis, immer weiter hinauf und ungeachtet der erschreckenden Gewissheit, dass wir geradewegs in unser Unheil – in ihr Unheil! – rannten. Ich sah Miriam und ich sah mich. Wir waren Kinder.
    Eine kaum faustgroße, tiefschwarze Fledermaus löste sich aus dem Schatten der leer stehenden Bücherregale, brach im Sturzflug durch die Plasmawand meiner erhitzten Fantasie und zerstörte sie damit. Einen hässlichen Schrei ausstoßend, schnellte das pelzige Tier um Haaresbreite an meinem linken Ohr vorbei, drehte eine Acht durch das Zimmer und kehrte in die Nische zwischen den Möbeln zurück, aus der es so plötzlich aufgetaucht war.
    Mit einem ungläubigen, erschrockenen Keuchen stolperte ich rückwärts aus dem Raum, wirbelte auf dem Absatz herum und stürmte den drei Frauen hinterher.
    Aber es war nicht die Fledermaus, vor der ich schwer atmend und mit rasendem Herzen floh. Es war mein eigener Wahnsinn.
    »Wenn es einen positiven Aspekt in dem Umstand gibt, dass wir hier festsitzen, dann ist es der, dass wir drauf und dran sind, endlich eines der am

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