Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
Tasse Tee und lächelt zu mir auf. Ich habe ihn schon lange nicht mehr so erschöpft gesehen wie an diesem Morgen.
»Geht es dir gut?«, frage ich automatisch, auch wenn ich die Antwort kenne.
Nein, es geht ihm nicht gut!
»Hm, willst du die Unbeschwerte-Weihnachten-Antwort, oder eine ehrliche?«, fragt er.
»Ehrlich natürlich!« Ich nehme in dem anderen Schaukelstuhl neben ihm Platz.
»Ich an deiner Stelle hätte mich für die Unbeschwerte-Weihnachten-Nummer entschieden«, beharrt er, doch ich schüttele den Kopf.
»Carolin sagt, ihr seid auch vom Streik betroffen?«, beginne ich vorsichtig und unverfänglich. Er nickt. »Meinst du, der hält noch lange an?«
Nun zuckt er mit den Schultern. »Es sind jetzt schon fünf Wochen. Wir dachten anfangs nicht einmal, dass es zwei werden würden. Also … warten wir ab.«
»Hm«, mache ich. »Und was bekümmert dich wirklich?«
Ben sieht mich sehr lange an. Es wirkt prüfend. Schließlich gibt er sich einen sichtbaren Ruck und atmet tief durch. »Ist nicht so leicht zu erklären.«
»Ich bin mir sicher, dass ich dir folgen kann!«, erwidere ich.
Er grinst. »Ja, du bestimmt! … Es sind verschiedene Dinge, die mich fertigmachen, ehrlich gesagt. Zum einen ist es so, dass ich mich immer an Shirleys und meine Anfangszeit erinnere, wenn ich hier bin.«
»Erzähl mir davon«, fordere ich und halte Bens prüfenden Blick stand, bis er ihn senkt, mit beiden Daumen über den Rand seiner Tasse fährt und sich schließlich räuspert. »Ähm … sie lag auf der Couch und schlief, als ich sie zum ersten Mal sah.«
Ich nicke. »Ja, ich erinnere mich. Matty war wenige Monate alt und Julie gerade auf der Welt. Es war unser erster Winter im eigenen Haus … Caro hat dich vom Flughafen abgeholt,, und Fred hatte Nachtschicht, nicht wahr?«
»Ja! Deshalb war Shirley da, um auf Matty aufzupassen. Wir kamen um halb drei an, mitten in der Nacht. Sie lag auf der Couch und schlief. Sie … sah aus wie ein Engel. Ich werde mir nie verzeihen können, was ich ihr angetan habe.«
Wie von selbst legt sich meine Hand über seinen Oberschenkel. »Es war ein Unfall, Ben.«
Er nimmt meine Finger und drückt sie ein wenig. »Das hilft Shirley auch nicht mehr … und mir auch nicht!«
»Ja, ich weiß! Es gibt Dinge im Leben, mit denen wir klarkommen müssen, so schwer es auch ist. Wir müssen lernen, sie zu akzeptieren.«
Vielleicht ist es mein Tonfall, der seine Aufmerksamkeit auf mich und meine Geschichte lenkt.
»Was ist mit dir? Geht es dir gut?«, fragt er. Ben und ich teilen das Schicksal, unsere Partner verloren zu haben. Mein Verlobter starb am Tag der Unabhängigkeit vor sechs Jahren. Ben weiß das, wie jeder hier. Nun senke ich meinen Blick unter seinem und … nicke.
»Ja, es geht mir gut. Ich … versuche immer noch, mein Versprechen einzulösen und alles auszuschöpfen, was das Leben zu bieten hat.«
»Es gibt noch keinen neuen Mann?«, schlussfolgert Ben richtig.
»Nein, … noch nicht! Ich bin aber mittlerweile zumindest an dem Punkt angelangt, an dem ich nicht mehr jeden automatisch mit ihm vergleiche.«
»Hm«, macht Ben. »Das ist gut, denke ich.
Niemand
hätte Shirley ersetzen können. Und es hätte sich auch nie erzwingen lassen. Es … ist einfach passiert. Ganz anders als damals mit ihr. Schleichender …« Mit einem Mal bemerkt er, was er gesagt hat, und sieht mich erschrocken an.
»Deine Schauspielpartnerin?«, frage ich nur. Er presst die Lippen aufeinander und nickt einmal, aber mit Nachdruck.
»Ich sehe nicht viel fern, aber eure Serie schaue ich gern«, gestehe ich, um dem Moment die Schwere zu nehmen. »Sie ist so anders, so erfrischend. Wirklich toll! … Und natürlich bin ich maßlos stolz, dich zu kennen!« Mit einem Seitenblick auf ihn sehe ich, dass Ben schmunzelt.
»Sarah hat auch eine kleine Tochter«, sagt er nach einer Weile. »Josie!« Er lächelt. Natürlich weiß ich das, aber ich tue so, als wäre die Frau, die Bens Leben auf den Kopf gestellt hat, nicht der berühmte Star, den Gott und die Welt aus der Presse kennt.
»Die Kleine ist ein Wildfang, aber zuckersüß«, sagt er gedankenverloren.
»War der Kuss echt?«, wage ich zu fragen.
Er verzieht das Gesicht. »Sogar
du
hast es gesehen?«
In einer entschuldigenden Geste ziehe ich Schultern und Augenbrauen hoch.
Ben stößt ein wenig Luft aus und grinst dann verschämt. »Ja, er war echt. Jedes Wort dieser dämlichen Beschreibung auf YouTube stimmte.«
»Du liebst sie, nicht
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