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Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Titel: Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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Weges den Vorzug zu geben.
    »Menschen und Sümpfe passen nicht zueinander. Wir werden bei lebendigem Leib aufgefressen«, fluchte Meister Cato gerade vor ihr und schlug sich erneut ins Gesicht.
    »Die Blutsauger sind doch harmlos. Denkt an die Kalla! Aber die pflegen ihre Opfer ja nicht lebendig zu essen. Sie rösten oder kochen sie«, erwiderte Gideon und grinste vor sich hin. »Meister, Ihr dürft nicht so viel mit den Armen wedeln. Ihr macht zu sehr auf Euch aufmerksam. Seht mich an: kein einziger Stich!«
    Der alte Mann, dessen hochroter Kopf aussah, als stünde er kurz vorm Platzen, schnaubte unwillig. »Du hältst dich doch nur in meiner Nähe auf, weil du genau weißt, dass die Biester mich dir vorziehen. Und über die Kalla kannst du nur scherzen, weil du ebenso genau weißt, dass sie mit einem Gerippe wie dir nichts anfangen können. Wer lutscht schon gern an Knochen, wenn er stattdessen einen saftigen Braten wie mich haben kann, der sich sogar noch zum Füllen eignet? Bleib nur weiter dicht bei mir. Da kann dir gar nichts geschehen.«
    Sein jüngerer Begleiter lachte. »Ihr werdet ...«
    Ihre lockere Unterhaltung fand abrupt ein Ende, denn Ramon zügelte sein Pferd, und unmittelbar darauf zischte ein Speer aus dem Schilf und blieb zitternd zwischen den Tieren im Erdreich stecken. Gideon krallte seine Finger um die Zügel und hielt unwillkürlich die Luft an, und Meister Cato sackte zusammen und bewegte die Lippen in einem stummen Gebet.
    »Keiner bewegt sich, keiner zieht eine Waffe!«, befahl Marga. Sie spürte, wie ihr Herz schneller schlug.
    Bis auf ein Rascheln im Schilf war nichts zu hören. Zu sehen war auch nichts. Die Zeit kroch dahin, Zeit, in der Zweifel an Meister Fergus’ Aussage wuchsen und wuchsen.
    Dann traten sie auf den Pfad: um die zwanzig aufrecht gehende, schweiflose Echsen, deren gelbgrüne Körper farblich mit dem Schilf verschmolzen und deren Köpfe selbst die Pferdeköpfe noch um einiges überragten. Mund- und Nasenpartien waren vorgewölbt, die trübgelben Augen darüber rund und lidlos. Die jeweils vier langen, weitgespreizten Klauen an Händen und Füßen waren mit gebogenen Krallen bewehrt, die tatsächlich lang waren wie Jagddolche. Die Hälfte der Echsenmenschen hielt Speere in den Klauen. Die andere Hälfte wirkte unbewaffnet nicht ungefährlicher.
    Marga schluckte, setzte ein, wie sie hoffte, freundliches Lächeln auf, wies auf die Lohböcke und versuchte, durch Handzeichen zu verstehen zu geben, dass diese ein Geschenk sein sollten, wenn sie selbst weiterreiten durften.
    Die Echsen gaben daraufhin Laute von sich, die wie tiefes Pluck, Pluck klangen, unterbrochen von Zischlauten. Pluck, pluck, tsch, tsch, pluck, tsch, tsch, tsch! Gespaltene Zungen schnellten wie Peitschen zwischen breiten Zähnen hervor.
    Sie hatte weder eine Ahnung, ob die Sumpfbewohner ihre Gesten verstanden hatten, noch, ob sie jetzt zustimmten oder sich darüber unterhielten, ob sie die Fremden töten sollten oder nicht, und spürte ihre Anspannung bis in die kribbelnden Fingerspitzen.
    Zu Margas Überraschung gab jetzt auch Meister Cato eigenartige Töne von sich – wesentlich höher, aber den Lauten der Kalla doch ähnlich.
    »Ihr sprecht ihre Sprache?«, fragte sie Gideon erfreut.
    »Wir beherrschen nahezu alle Sprachen«, war die ungeduldige Antwort.
    »Was sagen sie?«, fragte die Hauptmännin weiter. »Sind sie einverstanden?«
    »Wenn Ihr mich zuhören ließet, könnte ich’s Euch sagen! Die Sprache der Kalla ist weitschweifig. Für unser einfaches ›Ja‹ benötigen sie drei bis fünf Sätze.«
    Zwischen einem Echsenkrieger und dem Verianer ging es jetzt hin und her. Während der Kalla dabei bewegungslos verharrte, ruderte Meister Cato immer wieder mit den Armen und wackelte mit dem Kopf. Marga wertete das nicht als gutes Zeichen und streifte ihren Mantel vom Degen. Ihre Männer folgten ihrem Beispiel. Bogen wurden in die Hand genommen, und Hände wanderten zu den Pfeilen im Köcher.
    Gideon setzte zum Sprechen an, um die Gemüter zu beruhigen, aber da wandte sich Meister Cato um, zuckte die Achseln und kam ihm zuvor. »Gute und schlechte Nachrichten! Sie nehmen die Böcke und lassen uns einstweilen am Leben, aber auch wir müssen sie in ihr Lager begleiten. Der Dorfälteste muss entscheiden, ob wir weiterleben dürfen. Wir haben nämlich gerade ihr Inneres Land betreten, ein Gebiet, das allein den Kalla vorbehalten ist. Unsere Unwissenheit diesbezüglich und unsere friedlichen Absichten sind

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