Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
uns willkommen.«
Umgehend versammelten sich die Priesterinnen um einen Altar mit dem steinernen Standbild Myrias, und Ayala stimmte einen Gesang an.
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4. Kapitel
Wie kurz zuvor Prinzessin Caitlin, erwachte auch Rhonan aus einem wiederkehrenden Alptraum. Sein Herz klopfte, und obwohl es kalt in der Schlafkammer war, lief ein Schweißtropfen an seinem linken Ohr entlang. Neben ihm schlief Milla und schnarchte leise.
Der Vorhang zur Wohnstube, den er vom Bett aus mit der Hand greifen konnte, blähte sich immer wieder. Wind pfiff durch alle Ritzen. Die Waschschüssel stand auf dem Boden, um Wasser von oben aufzufangen. Es musste entweder tauen oder wieder einmal Schnee regnen, denn stetig tropfte es plitsch ... platsch ... plitsch ... platsch.
Er grinste leicht, als er bemerkte, dass er den Kopf im Rhythmus des Plätscherns wiegte. Seine rechte Hand glitt am Bettpfosten hoch und fand die Schnur mit dem Trinkbeutel. Er gönnte sich einen großen Schluck Branntwein und kippte gleich den nächsten hinterher. So gestärkt dachte er an seinen Traum.
Er träumte ständig von der Mordnacht auf da’Kandar, und sein Traum endete regelmäßig damit, dass Diener Roland ihn brennend in den Burggraben warf. Doch heute hatte sich dem eine Frau in den Weg gestellt: eine Frau mit wallenden roten Haaren. Mit Traumdeutungen kannte er sich nicht aus, aber das konnte nur bedeuten, dass eine Rothaarige ihm gefährlich werden würde.
Erneut nahm er einen Schluck. Er wurde ohnehin schon von den Wolfsjägern Camoras verfolgt. Da machte eine Jägerin mehr auch nichts mehr aus.
Wie so oft fragte er sich, was er getan haben könnte, um das Leben zu verdienen, das er führen musste. Seine Familie hatte ihn abgelehnt und in einen Turm verbannt. Nicht einmal der Tod hatte sie vereinen können. Einsam und unerwünscht, wie er sich zeitlebens gefühlt hatte, war der Tod ihm nie als Bedrohung erschienen. Dennoch hatte er zusehen müssen, wie neben vielen anderen auch seine lebenslustige Familie niedergemetzelt und verbrannt wurde, und war selbst gerettet worden. Vier Jahre lang hatte er sowohl Stimme als auch Erinnerung verloren, und er verfluchte immer noch den Tag, an dem ihm beides zurückgegeben worden war. Warum sollte man sprechen können, wenn man nicht reden durfte? Was nützten Erinnerungen, die nur schmerzten?
Entschlossen schüttelte er den Kopf und nahm noch einen Schluck. Vergangenes war vergangen! Es galt, der Gegenwart etwas abzugewinnen. Er hängte den Beutel wieder über den Bettpfosten und drehte sich zu Milla um. Seine Hand wanderte streichelnd über ihre Hüfte aufwärts, zärtlich strich er ihr Haar zurück und küsste ihren Nacken.
Milla erschauerte und räkelte sich. »Geh nach Kairan!«
Die Hand verharrte, die Lippen lösten sich. »Was?«
Ihre Stimme war dunkler als üblich, ihre Augen blieben geschlossen, als sie wiederholte: »Dein Weg führt dich nach Kairan.«
»Hallo!« Er schüttelte ihre Schulter. »Phantasierst du?«
»Geh und triff dort den Mann, der dir den Weg in die Zukunft weisen wird!«
Er rüttelte stärker.
Unwillig brummte sie und öffnete die Augen einen Spalt. »Es ist viel zu früh, Schatz! Ich will schlafen.«
Er drehte sie auf den Rücken.
»Noch zu früh«, jammerte sie. »Wir haben den ganzen Tag Zeit. Gleich bin ich für dich da.«
»Ich will nur wissen, warum ich nach Kairan gehen soll?«
»Kairan? Geh nicht dorthin! Rhonan, Liebster, lass mich schlafen!«
Er ließ sie los, fragte aber erneut: »Was weißt du von Kairan?«
Sie drehte sich wieder auf die Seite, kuschelte sich in die Decken und murmelte: »Das ist eine Stadt, in der selbst Talermädchen Standgebühren zahlen müssen. Nichts für uns.« Sie gähnte herzhaft, und kurze Zeit später war wieder ihr Schnarchen zu hören.
Rhonan kratzte sich am Kopf und nagte an der Unterlippe. Deutlich spürte er wieder, wie sich irgendwer oder irgendwas in sein Leben drängen wollte. Nur, ... das wollte er nicht, und das würde er nicht zulassen. Hier gefiel es ihm ganz gut. Niemand stellte Fragen, und – von Dieben einmal abgesehen – interessierte sich auch niemand für ihn. Kairan war darüber hinaus die letzte Stadt, die er jemals wieder betreten würde. Er nahm noch einen Schluck, rollte sich neben Milla zusammen und schlief ein.
Doch ruhigen Schlaf sollte er auch jetzt nicht finden. Schon kurze Zeit später fand er sich im Nebel wieder. Jemand rief ihn zu sich. Eine weiße Burg erhob sich aus dem Nebel, und Frauen in
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