Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
ihr.
Sie schrak zusammen und rief laut: »Hier! Hier bin ich!«
Genauso furchtsam wie wild sah sie sich nach allen Seiten um, dann hörte sie die nahen Pferde. Noch hingebungsvoller als zuvor beschäftigte sie sich mit ihrem Fuß. Sollten ihre Begleiter ruhig ein schlechtes Gewissen haben. Völlig unverantwortlich war es von ihnen gewesen, sie einfach so sich selbst zu überlassen.
Die Pferde kamen in Sicht, und die Prinzessin sah ihnen entgegen, wollte unbedingt die Wirkung ihrer Erscheinung auf den Prinzen sehen. Die fiel dann allerdings heftiger aus, als sie es sich vorgestellt hatte.
Rhonan erkannte in dem Geschöpf mit den roten Haaren sofort die Frau aus seinem Traum wieder und riss so wild an den Zügeln, dass sein Pferd sich aufbäumte und auf der Hinterhand tänzelte. »Himmel!«, stieß er aus.
Während Caitlin und Gideon ihn nur verblüfft anstarrten, war er versucht, umgehend das Weite zu suchen. Sterben durfte er nicht, aber von einer Katastrophe in die nächste zu schliddern, das erlaubte man ihm schon. Doch wenn er sie jetzt verließ, mussten seine neuen Begleiter wohl oder übel nach Kairan zurückkehren ... Bei dem, was sich gerade auf der Ebene abgespielt hatte, ein denkbar gefährliches Unterfangen. Er musste erst einmal durchatmen, bevor er widerwillig sein Pferd auf die Lichtung lenkte. »Hier sind wir nicht sicher. Sagt Eurer Begleiterin, wir müssen weiter«, forderte er Gideon auf.
»Sie ist in Hörweite«, gab der zurück und schüttelte den Kopf.
»Sagt diesem ... diesem ..., ich habe einen verstauchten Fuß und kann nicht weiter«, keifte Caitlin auch schon.
Der Verianer sah entnervt vom einen zum anderen. Gerade waren Menschen gestorben, und nun stritten sich seine jungen Mitstreiter albern herum.
»Sie soll reiten, nicht gehen!« Rhonan vermied es strikt, die Prinzessin anzusehen, vermittelte ganz den Eindruck, als zählte er die Bäume.
Caitlin legte große Betonung auf ihr erstes Wort, als sie erklärte: »Sie kann auch nicht reiten mit einem verstauchten Fuß, und Ihr seid ein rücksichtsloser Grobian!«
Gideon war mittlerweile abgestiegen und ging mit seinem Medizinbeutel in der Hand auf sie zu. »Wenn Ihr mich an Euren Fuß lasst, kann ich Euch einen schmerzstillenden und stützenden Verband anlegen.«
Die Prinzessin zierte sich erst und zog einen Schmollmund, dann seufzte sie und nickte gnädig. »Aber seht ja nicht hin!«
»Niemals!«, versprach er und fragte sich gleichzeitig, wie er sie mit geschlossenen Augen behandeln sollte. Er senkte den Kopf so weit, dass sie nur noch seinen Haarschopf sehen konnte, und kniff höflich die Augen etwas zusammen.
»Können wir jetzt zurück nach Kairan in das Gasthaus gehen?«, fragte sie, während er ihr den Stiefel auszog. »Nach dieser Kälte täte mir ein Dampfbad gut.«
Er schüttelte den Kopf. »Wir müssen doch ins Wintergebirge, wie ich Euch schon erklärt habe, und der Weg dorthin führt durch diesen Wald. Mir gefällt es auch nicht, aber so ist es nun einmal.«
Er fand nicht den kleinsten Hinweis auf eine Verletzung, hörte auch keinen Protest, als er den Fuß hin und her drehte, legte trotzdem einen Verband an, zog den Stiefel wieder vorsichtig darüber und reichte ihr die Hand.
Caitlin erhob sich unter Stöhnen, humpelte und ließ sich von ihm auf das Pferd helfen. In ihren Augen schimmerten Tränen, und sie bot ein Bild des Jammers. Sie fühlte sich tatsächlich völlig elend, doch nicht wegen Schmerzen im Fuß. Die waren längst verschwunden, obwohl sie tatsächlich umgeknickt war, als sie vom Pferd gesprungen war. Aber man hatte sie schrecklich betrogen: Niemand hatte ihr gesagt, dass der Ausflug so gefährlich und ungemütlich werden würde, und dieser sogenannte Prinz war das Allerletzte! Nie würde sie ihm freiwillig auch nur die Hand geben, aber bedauern sollte er das schon.
Tiefer ging es in den Wald, und Gideon konnte bald verstehen, warum sich Menschen in ihm verirrten. So dicht standen die riesigen Tannen, dass ihre Zweige sich ineinander verwoben, kaum einen Lichtstrahl durchließen und selbst den Schnee aufhielten. Nur wenn die Schneelast zu groß wurde, bogen sich Äste oder brachen ab. Wie ein Wasserschwall ergoss sich dann der Schnee und gefror am Boden zu Eis. Unaufhörliches Knacken und Knirschen begleitete die Reiter, und ein Weg war nicht zu erkennen.
So weit sie ritten, ihre Umgebung änderte sich nicht: weit oben das Dach aus Tannenzweigen, darunter verkrüppelte, kahle Äste und darunter
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