Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
Lippen. »Ich kann doch nicht ... Ihr könnt nicht wirklich wollen ... Das ist ... Das ist Irrsinn!«
»Schon gut! Vergesst es!« Rhonan schloss wieder die Augen und sackte in sich zusammen.
Der Verianer starrte ihn unablässig an und dachte an die unwegsame Strecke, die vor ihnen lag, an die Aufgabe, die es zu bewältigen galt. Er dachte daran, dass sie auch weiterhin auf die Kampfkunst ihres Gefährten angewiesen sein würden. Er dachte auch daran, dass Wissen ziemlich unnütz war, wenn man es nicht einmal im Notfall anwenden wollte. Trotzdem musste er sich zu seinen nächsten Worten durchringen. »Seid Ihr sicher? Ich müsste doch ... und ich habe nichts Stärkeres zur Betäubung dabei«, sagte er und spürte einen Kloß im Hals.
»Sieht nach schlechtem Wetter aus, und wir haben im Augenblick doch sonst nichts zu tun.« Rhonans grüne Augen strahlten annähernd Belustigung aus.
»Euch wird das Lachen noch gründlich vergehen«, orakelte Gideon düster.
Rhonan nickte und senkte wieder die Wimpern. »Vermutlich.«
Gideon öffnete den Mund und schloss ihn wieder, denn Caitlin schwebte in die Höhle.
»Oh, das war himmlisch«, schwärmte sie. »Es sprudelte und prickelte. Ich fühle mich wie neugeboren!« Sie schüttelte ihre Haare, so dass Wasser nach allen Seiten wegspritzte, lachte auf, sah auf das Lagerfeuer und fügte ernüchtert hinzu: »Das Essen ist nicht fertig. Dabei habe ich mir so viel Zeit gelassen. Ich gebe mir die größte Mühe, meine schreckliche Lage zu meistern, und ich finde, ich mache das sehr, sehr gut, aber ein klein wenig Unterstützung kann ich wohl erwarten! Ihr wusstet doch, dass ich hungrig bin.« Ihr Ärger wuchs, als keiner der Männer sie auch nur beachtete.
Gideon starrte auf den Dolch zu seinen Füßen und schüttelte immer wieder den Kopf. »Oh Götter, sagt mir doch, was ich tun soll?«, flehte er.
»Holz nachlegen«, erklärte Rhonan anstelle der Götter. »In irgendeinem Gang dürfte noch welches liegen. Ich hab nur vergessen, in welchem. Lasst die Frau das Holz holen, und helft mir zur Quelle.«
Jetzt reichte es! Caitlin stampfte mit dem Fuß auf und schnaubte: »Das ist unglaublich! Ich soll schuften, und der feine Prinz gibt nur Befehle und benötigt auch noch einen Diener?«
Der feine Prinz beachtete sie auch weiterhin nicht, was ihre Wut noch weiter anheizte. »Wärt Ihr ein wahrer Prinz, wüsstet Ihr Euch besser zu benehmen!«
»Bestimmt«, gab Rhonan ungerührt zu und sah an sich herunter. »Aber meint die wahre Prinzessin nicht auch, ich sollte mich vor dem gemeinsamen Mahl säubern?«
Sie trug eine nicht besonders kleidsame Fellhose und ein unförmiges Oberteil aus mehreren Lagen Wolle, trotzdem hätte niemand sie für etwas anderes als eine Adlige halten können. Sie stand kerzengerade, während sie ihn langsam von oben nach unten und wieder zurück musterte, stemmte die Hände auf die Hüften und erweckte nicht den Eindruck, als wolle sie ihm zustimmen.
Also erhob Gideon sich und ging Holz holen, bevor die Glut erlosch.
»Ihr wollt Euch säubern?«, fragte sie derweil. »Woher dieser Sinneswandel? Das bisschen Dreck konnte Eurer Erscheinung nun wirklich nichts mehr anhaben. Glaubt Ihr ernsthaft, lediglich ein Bad würde aus Euch einen annehmbaren Tischnachbarn für mich machen?«
Rhonan zählte stumm bis zehn, bevor er erwiderte: »Vermutlich nicht.«
»Sogar ganz sicher nicht! Ich habe schon Ziegen gesehen, die ein gepflegteres Äußeres hatten als Ihr.«
»Und mit denen habt Ihr dann zusammen gegessen?«
Caitlin schrie empört auf. »Das ist ungeheuerlich! Warum unterhalte ich mich eigentlich mit Euch? Ihr seid doch nichts weiter als ein betrunkener, völlig heruntergekommener, ungehobelter ...« Sie hielt inne und atmete schwer.
»Krüppel?«, half er aus und musterte sie.
Gideon kam zurück, verdrehte die Augen und schichtete das Holz auf. Seine Begleiter nahmen ihn gar nicht wahr.
»Oh danke!«, zischte die Prinzessin gerade. »Krüppel war das Wort, das ich suchte. So etwas wie Ihr würde nicht einmal auf die Nebelinsel gelassen werden, geschweige denn in unser Schloss!«
»Ihr seid eine Nebelhexe?«, entfuhr es ihm. Jetzt war ihm auch nach Schreien zumute. Tagelang hatte er sich dagegen gewehrt, von ihnen aufgespürt zu werden, hatte ihretwegen nächtelang kaum geschlafen, und jetzt reiste er mit einer von ihnen durchs Land. Aber zumindest ahnte er nun, warum der Ketzerjäger ihm auf den Fersen war. Der machte wohl einmal mehr gemeinsame
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