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Neobooks - Die Zitadelle der Träume

Neobooks - Die Zitadelle der Träume

Titel: Neobooks - Die Zitadelle der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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was die Priesterinnen nicht verstanden, aber die Menschen setzten sich erneut in Bewegung, drängten sich jetzt links und rechts an die Häuser und bildeten so eine Gasse in ihrer Mitte. Die Frauen standen in der zweiten Reihe und lugten genauso neugierig wie verängstigt unter ihren großen Kapuzen hervor. Hordenreiter bauten sich vor den Menschen auf.
    Die ersten Rufe »Es lebe Camora!«, hallten vom Fürstenhof herüber. Sie waren laut, aber ihnen fehlte jede hörbare Begeisterung.
    Caitlin spürte, wie ein unwillkürliches Zittern ihren Körper durchlief. Sie stand hier in der Menge und sollte offensichtlich gleich ihrem Erzfeind zujubeln. In Kürze würde sie den Mann sehen, der ihren eigenen Mann jagte und der aller Voraussicht nach schon sehr bald auf dem Feld der Träume im Kampf auf ihn treffen würde. Sie schlang die Arme fest um ihren Körper, um ihr Beben zu unterdrücken, und versuchte, ihr immer heftiger klopfendes Herz zu beruhigen, indem sie langsam und tief atmete.
    Hylia legte ihr schützend den Arm um die Schulter und flüsterte ihr zu: »Ganz ruhig, Kleines! Sieh ihn besser nicht einmal an, und errege auf keinen Fall Aufmerksamkeit.«
    Doch genau wie Caitlin, die sich einfach nicht an den Rat der Freundin halten konnte, erlitt auch sie dann einen kleinen Schock, denn der Mann, der jetzt langsam und begleitet von seiner Garde hoch zu Ross durch die Gasse kam und seinen Blick aus kalten schwarzen Augen über die nur sehr mäßig jubelnde Menge gleiten ließ, war in der Tat ein Hüne. Seine mächtigen Schultern und Oberarme schienen fast sein Hemd zu sprengen, und alles an ihm war nahezu gewaltig.
    Fast unmittelbar vor den Frauen zügelte er sein Pferd, und Caitlin musterte ihn genauer. Sie konnte einfach nicht wegsehen, denn zum ersten Mal sah sie ihren größten Feind vor sich. Seine buschigen Augenbrauen waren über der großen, schmalen Hakennase zusammengewachsen, und die Augen strahlten eine solche Kälte aus, dass es sie unwillkürlich fröstelte. Die schmalen Lippen waren jetzt zornig zusammengepresst. Obwohl er um die fünfzig Jahre zählen musste, war sein Bart noch genauso schwarz wie sein Haar und bedeckte fast die gesamte untere Hälfte des wettergegerbten Gesichts. Nicht ein einziges graues Haar war zu sehen. Er war mindestens so groß wie Rhonan, aber sehr viel breiter und kräftiger gebaut. Doch nichts an ihm wirkte weich oder dick, er strahlte tatsächlich nur geballte Kraft und Kälte aus.
    Jetzt erhob er seine Stimme. »Ich werde heute diese Stadt verlassen. Wenn ich wiederkehre, dann trage ich neben dem Zepter da’Kandars den Schlüssel zur Zitadelle der Träume bei mir. Die letzten Könige und Fürsten, die sich mir in den Weg gestellt haben, werden tot sein oder sich mir unterworfen haben. Ihr Führer …«
    Erneut glitt sein dunkler Blick über die Menschen. Caitlin und Hylia senkten wie alle anderen auch unwillkürlich ihre Blicke, und der Fürst fuhr mit herablassender Stimme fort: »Ja, es gibt ihn wirklich, diesen Prinzen, der einen anderen an seiner Stelle sterben ließ, der sich feige versteckte, nur um selbst zu überleben.«
    Seine Augen wurden jetzt ganz schmal, und er wandte sich an einen seiner Begleiter. »Hamil, was hast du über ihn in Erfahrung bringen können? Sag uns, was du über den großen Führer der Freien Reiche weißt!«
    Der Heerführer nickte und grinste höhnisch. »Er soll ein ganz guter Kämpfer gewesen sein, als er noch nicht hinkte. Doch leider tut er das jetzt sehr stark. Jeder kleine Hosenscheißer könnte ihn umstoßen, daher würde unser geliebter Großkönig ihn umpusten, wenn er den feigen Drückeberger nur endlich erwischen könnte.«
    Er machte eine Pause, wartete wohl auf Gelächter, aber es blieb still. Also fuhr er fort: »Er soll auch recht verständig sein, wenn er nüchtern ist. Nur leider ist er das nie. Jeder Tag beginnt bei ihm mit Branntwein und endet in der Gosse. Nachts kuschelt er sich volltrunken an Talermädchen, und tagsüber kriecht er durch dunkle Gassen. Er soll schon Angst vor seinem eigenen Schatten haben. Hört er nur den Namen Camora, scheißt er sich voll.«
    Es blieb weiter totenstill, also forderte er jetzt die Stimme des Volkes direkter. »Soll diese verkrüppelte, versoffene, von Feigheit zerfressene Gestalt Großkönig werden?«
    Ein vielfaches, lautes »Nein!« erscholl.
    »Wer ist unser Großkönig?«
    »Camora!«
    »Wem wollen wir dienen?«
    »Camora!« Auch jetzt waren die Rufe wieder laut, aber ohne

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