Neobooks - Die Zitadelle der Träume
mit der Kelle gegen den Kessel. »Kommt, Vernon! Das Essen wartet.«
Marga, Juna und Derea hielten bereits dampfende Schalen in den Händen, doch nur Juna wirkte entspannt und löffelte hungrig. Die Blicke der beiden anderen glitten immer wieder sorgenvoll zur Pritsche. Der General stellte sich mit seiner Schüssel an die Tür und ließ die Heiler nicht aus den Augen.
Endlich seufzte Gideon laut auf. »Also … ich … oh, Himmel!« Er sackte in sich zusammen und fuhr sich mit beiden Händen durchs schweißnasse Gesicht.
Hylia nickte Caitlin mit beruhigendem Lächeln zu. »Es sieht wirklich gut aus. Wir können jetzt damit beginnen, die Heilung zu beschleunigen.«
Ihr Blick huschte durch die Hütte. »Hauptmann, seid doch so nett und kümmert Euch um den Gelehrten, bevor er umfällt.«
Derea musste der Aufforderung keine Folge leisten, denn Marga war schon hinzugekommen und drückte dem sichtbar erschöpften Verianer die Schulter. »Kommt, Gideon! Ein leckerer Eintopf wartet auf Euch und auch ein Becher Gebrautes. Ihr seht aus, als könntet Ihr beides gut vertragen.«
Gideon wischte sich mit seinem Ärmel übers Gesicht. »Danke … ich … also, danke.«
Der Rest des Abends verlief sehr schweigsam. Alle waren erschöpft von den Anstrengungen und den Anspannungen des Tages, und bald schon trug man die Bänke nach draußen und rollte stattdessen Decken zum Schlafen aus.
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8. Kapitel
Rhonan erwachte mitten in der Nacht, weil seine Hand schmerzte. Ausgesprochen dankbar nahm er zur Kenntnis, dass die Schmerzen aber nichts mehr im Vergleich zu vorher waren, und sah im Schein des kleinen Nachtfeuers auf die Verbände. Soweit er das beurteilen konnte, hatte er sogar noch alle Finger, und er schickte einen stummen, aber umso innigeren Dank an den Gelehrten. Nach den düsteren Tagen im Kerker verspürte er den Wunsch nach frischer Luft.
Caitlin lag neben seiner Pritsche und hatte eine Hand auf seinem Arm liegen. Behutsam löste er ihre Finger und setzte sich vorsichtig auf. Ein versonnenes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er über die Körper der auf dem Boden schlafenden Begleiter hinwegstieg. Es war schon eigenartig, wie das Leben so spielte. Niemand war jemals Ligurius’ Fängen entkommen. Ihm war es jetzt zum zweiten Mal geglückt.
Fremde hatten sich in Gefahr begeben, um ihm das Leben zu retten. Hatte der Gelehrte doch recht? War nach der Zeit der Feindschaften die Zeit der Freundschaften angebrochen? Musste er lernen, noch mehr Menschen zu vertrauen?
Die Tür knarrte, obwohl er sie umsichtig schloss.
Kalte, klare Nachtluft umfing ihn. Er lehnte sich, noch wackelig auf den Beinen, an die Hauswand, atmete tief ein und versuchte, sich ins Gedächtnis zu rufen, was Caitlin ihm alles über die neuen Gefährten erzählt hatte, als er das Knurren eines Wolfes hörte. Seine Hand suchte das Schwert, als er das Tier sah. Aber seinen Schwertgürtel hatte er nicht angelegt. Er musste an einen Dolch gelangen.
Ein Pfiff ertönte, und der Wolf wandte sich von ihm ab und trabte davon. Stattdessen kam jetzt eine Gestalt, eingehüllt in einen schwarzen Umhang, aus der Dunkelheit geradewegs auf ihn zu. Rhonans linke Hand wanderte weiter zum Stiefel.
»Lasst Eure Dolche stecken! Ihr benötigt sie nicht. Ich bin nicht Euer Feind.«
Der Prinz bekam unwillkürlich eine Gänsehaut. Er kannte diese Stimme und verband etwas Schreckliches damit, er wusste nur nicht was. Der Fremde stand jetzt keine Pferdelänge weit von ihm entfernt und strich die Kapuze zurück.
»Ihr?«, keuchte Rhonan und bekam kaum noch Luft. Etwas schien ihm die Kehle zuzuschnüren. Aus dem Nichts hielt er Kahandar in der Hand. »Nehmt Eure Waffe!«, forderte er heiser.
»Ich werde nicht gegen Euch kämpfen«, erwiderte Raoul. »Ihr werdet mich schon so töten müssen.«
»Wie Ihr wollt.« Der Prinz hob das Schwert.
Der General bewegte sich nicht.
Rhonan schluckte schwer und zögerte. »Wie Ihr wollt«, wiederholte er dann tonlos und holte zum Schlag aus.
Der Widerstand erfolgte anders als erwartet.
Derea warf sich mit gezücktem Schwert vor den General und parierte. »Was soll das, im Namen der Götter?«
Rhonan starrte nach wie vor unverwandt den General an. »Geht aus dem Weg!«
Dereas Haar war vom Schlaf zerzaust, er trug keine Stiefel, und das Hemd hing ihm halb aus der Hose. »Das werde ich nicht. Kann mir bitte jemand erklären, was das jetzt soll?«
»Mit Euch hat das nichts zu tun. Geht aus dem Weg
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