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Neobooks - Die Zitadelle der Träume

Neobooks - Die Zitadelle der Träume

Titel: Neobooks - Die Zitadelle der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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so viele Freunde verloren habt, und jetzt habt Ihr stattdessen mich getröstet.«   
    Erneut schenkte er ihr einen warmen Blick. »Das war nett von Euch gemeint, aber nicht nötig. Gerade, weil wir so viele Freunde verlieren, werden uns die Freunde, die wir noch haben, umso teurer. Wartet nur nicht mehr allzu lange. Canon war ziemlich müde und wird sicher so bald wie möglich schlafen gehen.«
    Er griff in die Tasche und beförderte einen kleinen Yapis-Stein zutage. »Unsere Glückssteine. Canon hat sie von einer Zinne abgebrochen am Morgen des Tages, an dem wir Ayalas Schloss verließen, um mit Morwena nach Mar’Elch zu gehen. Wir waren ängstlich, denn wir zogen in eine ungewisse Zukunft und wollten etwas aus unserer Vergangenheit mitnehmen. Aber seit diesem Tag waren wir glücklicher als je zuvor, denn wir hatten von nun an eine liebevolle Mutter und ein Heim. Liebe, gleich welcher Art, ist wertvoll, Hylia. Versucht, die Eure zu finden. Nehmt den Stein, um eine Verbindung aufzubauen. Mir gelingt es längst auch ohne ihn.«
    Hylia nahm erst den Stein, presste ihn mit einem Seufzen an ihr Herz und ließ ihn im Ausschnitt verschwinden, dann ergriff sie seine Hände, drückte sie fest und nickte ihm strahlend zu. »Ich danke Euch. Ich danke Euch sehr. Das werde ich tun. Ich werde es einfach tun.«
     
    Juna erwachte mitten in der Nacht und ließ im Schein des Nachtfeuers unwillkürlich ihre Blicke umherschweifen. Dereas Lager war leer. Offensichtlich war er jetzt mit der Wache dran. Alle anderen schliefen fest. Hylia hatte ein seliges Lächeln auf den Lippen, Marga schlief Rücken an Rücken mit Gideon, und Caitlin hatte ihren Kopf auf Rhonans Brust gebettet und hielt seine Schulter umfangen, und er hatte schützend den Arm um sie gelegt. Merkwürdigerweise versetzte dieses Bild friedvoller Menschen ihr einen Stich. Sie brauchte dringend frische Luft und floh nach draußen.
    Derea saß auf einem Baumstumpf und sah überrascht hoch. »Ihr seid doch nicht meine Ablösung, oder?«
    Sie lachte auf. »Nein! Ich weiß nicht, warum, aber man scheint mir dafür nicht genug zu trauen. Wenn Ihr wollt, dürft Ihr aber gern schlafen gehen.«
    »Wärt Ihr morgen noch hier?«
    »Vermutlich nicht!« Sie betrachtete ihn genauer. »Ihr macht einen niedergeschlagenen Eindruck.«
    Er überlegte kurz, ob er sich überhaupt mit ihr unterhalten wollte, und kam zu dem Schluss, dass ein Gespräch mit wem auch immer ihn zumindest davon abhalten würde, einfach einzuschlafen. »Ich habe gerade an Mar’Elch gedacht.«
    »Ihr habt doch gesiegt, wie Ihr beim Essen berichtet habt. Warum wirkt Ihr dann traurig?«
    »Warum?« Hart und freudlos lachte er auf. »Weil fast dreitausend Menschen aus meiner Heimatstadt getötet worden sind, weil viel zu viele meiner Männer gefallen sind und weil mein bester Freund gestorben ist.«   
    »Das macht Euch traurig?«
    Er blinzelte sie ungläubig an. »Allerdings! Was würde denn jemanden wie Euch traurig machen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich glaube, ich war noch nie traurig. Ich war schon ärgerlich oder zornig, aber traurig noch nie.«
    »Was würdet Ihr denn empfinden, wenn Euer Ziehvater Maluch stürbe?«
    Sie zuckte die Achseln. »Keine Ahnung! Er sagt mir, was ich tun soll, aber er bedeutet mir nichts. Wenn er stirbt, werde ich ihn vergessen.«
    »Bei allen Göttern, Ihr tut mir fast leid.«
    »Warum?«, fragte sie verständnislos und auch ärgerlich. »Ist es etwa schön, traurig zu sein? Ich an Eurer Stelle würde jetzt begeistert einen Sieg feiern, und Ihr blast Trübsal. Wenn überhaupt, seid Ihr doch wohl zu bedauern.«
    Er schleuderte den Schneeball weg, den er geformt hatte, bevor sie gekommen war, und beobachtete seine Flugbahn.
    Seine Stimme war kaum hörbar, als er endlich erwiderte: »Wohl kaum. Zumindest habe ich Menschen, um die ich trauern kann. Das bedeutet nämlich, dass ich vorher auch mit ihnen zusammen glücklich sein konnte. Das eine gibt es nicht ohne das andere. Kennt Ihr das Glück bedingungsloser Freundschaft – das Gefühl, trotz bitterer Kälte Wärme zu empfinden? Habt Ihr Freude und Leid noch nie geteilt? Kennt Ihr niemanden, dem Ihr Euer Leben, Euren Kummer oder Euren Jubel anvertrauen wolltet? Habt Ihr noch nie mit jemandem zusammen gelacht und geweint? Nein? Ihr lebt doch gar nicht, Juna, Ihr seid irgendwie nur da. Jetzt, da Ihr Eure Macht und Stärke nicht mehr habt, seid Ihr nicht mehr als eine zwar sehr ansehnliche, aber leere Hülle.«
    »Wie könnt Ihr es wagen?

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