Neobooks - Die Zitadelle der Träume
Priesterin, die das nicht kann, und nicht umsonst warst du immer Mutters Liebling. Du selbst hast mir gesagt, dass du auch nicht daran glaubst, dass Mutter an der Erfüllung der Prophezeiung gelegen ist. Sie führt etwas im Schilde, und das muss irgendwie mit der Quelle zusammenhängen. Darauf verwette ich mein Leben, aber Antworten kann ich nur auf der Nebelinsel finden. Hylia, du bist meine allerbeste Freundin, du musst mir helfen. Es könnte auch für dich und Canon lebenswichtig sein, weil …«
»Komm mir jetzt ja nicht so«, unterbrach die unwirsch. »Außerdem bin ich neben Marga deine einzige Freundin.«
»Na, gut!« Die Prinzessin seufzte tief, bevor sie fortfuhr. »Ich kenne doch die Schriften nicht. Vielleicht sind sie für alle Menschen wichtig, vielleicht auch nur für Rhonan und mich. Aber als treue Freundin würdest …«
Hylia unterbrach sie erneut. »Deinen Trauerblick und deine Umgarnerei kannst du dir bei mir sparen. Ich bin nicht dein hoffnungslos in dich vernarrter Gatte. Wenn ich dich begleite, dann nur, weil ich es für richtig halte. Überzeuge mich, aber verschone mich mit deinem Gesülze!«
»Du bist einfach zu schlau.« Caitlin blinzelte belustigt, fuhr dann aber auf einen eisigen Blick der Priesterin hin nüchtern fort: »Ich werde dir jetzt ein Geheimnis anvertrauen, das nur Gideon, Rhonan und ich kennen, weil ich weiß, dass du niemandem davon erzählen wirst, gleichgültig, wie du dich letztendlich entscheidest.«
Ausführlich berichtete sie dann über ihren Besuch bei den Unsterblichen und von deren Geschichte zur Versiegelung der Quelle. Mit Genugtuung sah sie, dass auch Hylias Gesichtsausdruck dabei immer verwirrter und ungläubiger wurde.
»Also ehrlich, Hylia: Dala, die Gelehrte, ist noch ganz nett, Palema und Myria sind kaltherzige Hexen. Juna würde sich zwischen ihnen bestimmt wohl fühlen. Und ausgerechnet die wollen die Menschen vor einem bösen Dämon gerettet haben? Palema hätte sich eher mit ihm verbunden, so machtbesessen, wie sie ist. Und Rhonan läuft jetzt mit einem verfluchten Schwert herum, von dem er sich nicht trennen kann und das ihm jedes Gefühl und jede Denkfähigkeit raubt. Die Schwestern wollen ihn zu ihrem entscheidungsunfähigen Werkzeug machen. Aber warum? Wenn er doch angeblich der guten Sache dienen soll, warum muss er dann kalt und böse werden? Hylia, glaube mir, hier stimmt etwas nicht, aber, was hier nicht stimmt, werden wir nur auf der Nebelinsel erfahren können«, beendete sie schließlich ihren Bericht. »Also, wie …«
Die Priesterin gebot ihr mit einer Handbewegung Einhalt. »Schweig! Ich muss nachdenken.«
Sie erhob sich und wanderte mit gerunzelter Stirn durch den Raum. Nahm sich hier einen Keks und knabberte, strich dort versonnen über einen Wandteppich.
Caitlin setzte eine leidende Miene auf und faltete die Hände über ihrem Bauch für den Fall, dass Hylias Blick zufällig auf sie fallen sollte. Das Bild einer werdenden Mutter, die darüber hinaus auch noch unter schrecklicher Angst um ihren Gatten litt, musste doch selbst ihre ausgesprochen nüchtern denkende Begleiterin rühren.
»Du solltest zum Theater gehen«, erklärte die plötzlich. »Für wie blöd hältst du mich eigentlich? Allein wegen deiner Versuche, mich zu überlisten, sollte ich dir jede Hilfe verweigern, aber dein Bericht von diesen seltsamen Schwestern hat mich … Caitlin, wenn du dir das jetzt nur ausgedacht hast …«
»Nein!«, widersprach die sofort voller Entrüstung. »So eine verrückte Geschichte hätte selbst ich nicht erfinden können. Was glaubst du denn, woher wir unsere Armbänder haben und warum Rhonan in letzter Zeit oft so seltsam war? Es war genauso, wie ich es dir erzählt habe, und du findest es genauso merkwürdig wie ich, nicht wahr?«
»Ja! Aber hör endlich auf, deinen flachen Bauch zu streicheln. Es beeindruckt mich nicht, und du verhätschelst klein Rhonan nur, noch bevor er auf die Welt kommt. Er wird unerträglich ichbezogen sein, wenn er endlich da ist.«
Caitlin blinzelte verschmitzt. »Das wird er bestimmt. Er wird groß und stark und liebevoll sein wie sein Vater, aber irgendetwas muss er doch auch von mir haben.«
Die beiden Frauen sahen sich an und brachen in schallendes Gelächter aus.
»Caitlin, du bist unnachahmlich«, brachte Hylia schließlich immer noch lachend hervor.
Die erhob sich und umarmte ihre Freundin innig. »Ich mag dich wirklich sehr, Hylia, und ich wusste, dass du mir helfen würdest.«
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