Neobooks - Dreck muss weg!
Im Fernseher an der Decke flimmerte ein Sportkanal. Der Kahle warf sich ein Handtuch über die Schulter, polierte den verchromten Zapfhahn und behandelte Marga und Kalle wie schlechte Luft.
»Sagt Ihnen der Name Fritz Flemming was?«, fragte Kalle.
»Keine Ahnung. Ich hab’s nicht so mit Namen.«
»Das ist ja blöd, der will hier nämlich gefeiert haben.«
»Kann sein – kann nicht sein.«
Marga zog ein Foto von Fritz Flemming aus der Tasche und hielt es dem Kahlkopf hin.
»Kenn ich.«
»Fritz Flemming.«
Die Glatze beugte sich über den Tresen. »Ob Franse Frietjes oder Karl Arsch, sein Name interessiert mich nicht.«
»Schon verstanden. Sie haben es nicht so mit Namen.«
»Richtig.«
»Und wann war der hier?«
»Das Wochenende um den 20 . Februar.«
»Zur Gedenkfeier?«
»Richtig.« Der Kahle grinste.
Kalle seufzte. Marga war genervt, dass Meister Proper ihnen auf der Nase rumsteppte. »Hätten Sie die Güte, noch mehr von dieser Feier zu berichten? Zum Beispiel, wie lange gefeiert wurde und wer noch anwesend war?«
»Angefangen haben wir am Freitagnachmittag, aufgehört am frühen Montagmorgen. Und der, den Sie suchen, ist ein ganz harter Knochen. Er hat erst mit den letzten Gästen das Lokal verlassen.«
Marga wurde flau. Herzlichen Glückwunsch, Fritz Flemming.
»Und Sie können das bezeugen?«
»Ich und etwa hundert andere Gäste, schätz ich.«
»Alle ohne Namen?«
»In diesem Fall mache ich eine Ausnahme. Wollen Sie eine Liste?«
Spiel, Satz und Sieg. Autsch. Marga war kurz davor, die Fassung zu verlieren, und Kalle sah aus, als hätte ihm jemand die Wurst aus dem Dänischen Hotdog geklaut.
Der Schuppen war ein verlorener Posten. Kalle ging grußlos. Und Marga ging mit. »Danke für nichts.«
Der Kahle lachte.
Die Tür fiel krachend zu, und Marga kam sich vor wie der letzte Schloof. Sie gingen zurück zur Heilsarmee.
»Das ist doch alles Mist.« Am liebsten hätte Marga Glatzen-Per zum Abschied ordentlich wo reingetreten. »Ein Scheißkerl gibt dem anderen ein Alibi, und wir stehen da wie Hein Blöd. Na toll. Die haben doch alle Dreck am Stecken. Und wir können nichts anderes tun, als um die Meute rumzuschwänzeln – und müssen den Verbrechern noch beweisen, dass sie Verbrecher sind.«
»Richtig.« Kalle imitierte den Kahlkopf, und Marga puffte ihm in die Seite. Der Blödmann. Ihr war überhaupt nicht zum Spaßen zumute.
»Komm schon, Marga, lach wieder. Der Frustbolzen vom Dienst ist meine klassische Rolle.«
»Das ist doch alles nicht richtig. Hier läuft was falsch. Langsam hab ich das Gefühl, wir haben total versagt.«
»Quatsch. Wir haben die Täterinnen ermittelt. Es können nur Gesa und Sabine Clasen gewesen sein.«
Marga ließ den Schnabel hängen wie Bodos Wellensittich. Einen Ermittlungserfolg hatte sie sich irgendwie anders vorgestellt. Kalle blinzelte in die Märzsonne. »Weiß der Geier, wo sich die beiden die Sonne auf den Pelz brennen lassen. Irgendwann werden sie festgenommen, da bin ich mir sicher.«
Am Himmel zog ein Flugzeug einen weißen Streifen hinter sich her. Marga öffnete ihre Jacke ein Stück. Wenn die Sonnenstrahlen auf die Haut trafen, fühlten sie sich schon ein bisschen warm an. Was Peter wohl gerade machte? Sie freute sich darauf, ihn wiederzusehen. Ob er auch an sie dachte? Sweet Pete. Und Ludger.
»Ich fand Gesa echt super.« Kalle blickte zur Seite.
Marga biss sich auf die Lippe. Der arme Kerl. Gleich doppelt gearscht. Sie legte den Arm um seine Schulter.
Er lächelte. »Und was machen wir jetzt?«
»Du gehst heim zu deiner Familie und lässt dich trösten.«
»Und du?«
»Ich muss zu meiner Schwester nach Volksdorf.«
Kalle blieb stehen. »Du hast Familie in Hamburg?«
Marga nickte. Oh ja. Und so wie Beate am Telefon darauf gebrannt hatte, Marga zu sehen, war da auch was im Busch. »Und ich denke, meine Schwester bekommt ein Baby.«
»Volksdorf ist eine nette Gegend. Gerade für Kinder.« Kalle klang begeistert.
Marga schluckte, dachte an Bindungsängste und die große, weite und nicht immer nette Welt. »Mir macht das eher Angst.«
»Das ist völlig normal.«
Marga streckte die Nase in Richtung Sonne. Normal, okay. Dann wurde sie eben Tante. Tante Marga. Hörte sich eigentlich gar nicht so schlecht an.
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Kapitel 60
Hamburg-Winterhude, Polizeipräsidium
I n der Teeküche im sechsten Stock, in der Bodos Wellensittich samt Käfig auf sein Asylverfahren wartete, standen zwei farbenfrohe Frühlingssträuße bereit.
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