Neobooks - Dreck muss weg!
Kalle hatte unter den Kollegen Geld gesammelt und, oh, Wunder – auch Guntbert hatte kommentarlos gezahlt. Kalle hatte die Summe großzügig aufgerundet und die Blumen höchstpersönlich besorgt. Es gab Dinge im Leben, die musste man selbst erledigen, wenn man Eier in der Hose hatte. Wenn man ganz genau hinguckte, waren die Sträuße nicht identisch. In Jettes Strauß steckten drei knallrote Pissnelken. Das mochte ungerecht sein. Jette war eigentlich ganz okay. Und dennoch, Kriminaloberrat Kalle Bärwolff vorsätzlich für doof zu verkaufen, gehörte zu den Dingen im Leben, die nicht mehr gutzumachen waren.
*
Bis auf Marga und Jette, die ohne Punkt und Komma schnatterte, war der Besprechungsraum leer. »Moin, Mädels.«
Jette rückte den Stuhl für Kalle zurecht und klopfte mit der flachen Hand auf den Sitz. »Hab dir deinen Platz frei gehalten.«
Kalle setzte sich. »Hey, hey, der is ja noch warm.« Gut gelaunt wandte er sich Marga zu. »Ich durchschaue euch Frauen mit geschlossenen Augen.«
»Warum auch nicht, wir haben nichts zu verbergen.« Marga grinste.
Kalle lehnte sich zurück. Zu seiner Rechten Jette Winter – absolut nicht sein Typ – und an seiner Herzbubenseite Marga Terbeek. Wer hätte gedacht, dass Marga und er zusammen Friede-Freude-Eierkuchen backen würden? Noch vor einem Monat undenkbar, und heute schon wieder vorbei. Das Schöne im Leben war immer nur auf der Durchreise. Auf dem Flur näherten sich die polternden Absätze, die zu den Quadratlatschen gehörten, in denen Guntbert Meyers Plattfüße steckten. Krach und bumm, die Tür flog gegen den Rahmen. Die Uhr wackelte, blieb aber an der Wand hängen. Kalle wertete das als gutes Omen.
»Meine Herren …« Guntbert stutzte. »Äh, und Damen.«
Kalle versank im Kragen seines Jeanshemdes, um nicht laut loszulachen. Er schielte zu Marga, die erstaunlich rosige Wangen hatte. Guntbert streckte seinen kurzen Körper. »Für fünfzehn Uhr ist die Pressekonferenz anberaumt. Ich wurde von unserer neuen Innensenatorin Frau Dr. Lekowski ausdrücklich gebeten, daran teilzunehmen.« Guntbert richtete seinen Krawattenknoten. »Weiß der Kuckuck, was den Bürgermeister geritten hat, diese Pippi Langstrumpf in Amt und Würden zu berufen. Das richtige Parteibuch, nehme ich an, und der geölte Schwachsinn von wegen Rockzipfelquote. Leckt mich am …«
»Guntbert, bleib aufm Teppich.« Kalle guckte streng.
»Mein Zug wird sicher nicht auf mich warten.« Margas Stimme war fest und ruhig. Sie ließ sich nie provozieren. Bewundernswert. Kurz versank Guntbert in seinen Gedanken, dann richtete er das Wort an Marga. »Frau Terbeek, bitte nehmen Sie das mit der Rockzipfelquote nicht persönlich. Ausnahmen bestätigen die Regel. Ich möchte mich ganz herzlich bei Ihnen für Ihre tadellose Arbeit bedanken.«
Oh, nee, jetzt kam die Dackelblickarie. Guntbert öffnete den Aktenkoffer, und Kalle fing an zu schwitzen. Was hatte Guntbert vor? Nicht dass der Marga einen Knochen zum Knabbern anbot. Unter einem Stapel losen Papiers zog Guntbert eine grüne Mappe hervor und schob sie zu Marga über den Tisch. »Ich möchte Sie nochmals bitten, ganz in Ruhe das Für und Wider abzuwägen, Frau Terbeek.«
Marga nickte. Offenbar wusste sie, was sich in der Mappe befand, denn sie machte keinerlei Anstalten, nachzusehen. Jette drehte Däumchen. Auch sie schien nicht die Spur neugierig zu sein. Kalle fühlte sich ein kleines bisschen angepisst. Die Geheimniskrämerei nahm kein Ende.
»Ich erlaube mir, ein kurzes Fazit zu ziehen.« Guntbert faltete die Hände zur Gardinenpredigt. »Die mutmaßlichen Täterinnen sind weiterhin auf freiem Fuß. Sie konnten in aller Ruhe türmen und sind vermutlich über alle Berge, während du und Bodo euch im Krankenhaus die Füße habt kraulen lassen. Wir haben ein schniekes Häuschen auf St. Pauli versiegelt, das allein vom Grundstückswert eine Goldgrube ist. Im Grundbuch eingetragen waren Sabine und Gesa Clasen. Seit einem guten Jahr gehören Haus und Garten Xenia Borg. Dank des psychologischen Fingerspitzengefühls der Kollegin Terbeek ist es immerhin gelungen, Frau Borg zu einer qualifizierten Aussage zu bewegen – Gesa Clasen ist die Tochter von Lisbeth Hayenga und Fritz Flemming. Somit können wir – wenn auch nur vage – den Zusammenhang der Morde verstehen und ein Tatmotiv herleiten. Offenbar gab es Konflikte zwischen Mutter, Tante und Tochter, die Frau Clasen auf die abscheulichste Art und Weise meinte, lösen zu müssen,
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