Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)
bekam, doch als sie fertig war, sah sie unzufrieden aus. Ross, der immer noch Gesprächsstoff suchte, fragte: »Das war nichts, wie?«
»Ich fürchte, ich werde nie wieder gut essen«, sagte sie resigniert.
»Warum nicht? In ein paar Stunden sind wir in New York. Da kriegst du alles, was du willst.«
»Ich will aber nicht wieder dicker werden.«
»Du warst nicht dick.«
»Dicker!«, sagte sie missmutig.
Ross dachte, es hat keinen Sinn.
Sie fragte: »Und du? Was machst du, wenn du wieder in New York bist?«
Ross war auf die Frage nicht gefasst. New York war noch so weit entfernt. »Das Übliche. Was man so macht.«
Sie gähnte. »Und was ist das?«
Ja, was. Würde er einfach dort weitermachen, wo er vor zwei Wochen aufgehört hatte? Wollte er das überhaupt? Einschneidende Erlebnisse oder dramatische Ereignisse, hatte Ross gehört oder gelesen, setzen angeblich psychische Energien frei, die es einem möglich machen, sein Leben zu ändern. Die vergangenen beiden Wochen waren dramatisch genug gewesen, fand er, und, ja, er fühlte, dass etwas anders werden musste. Etwas. Als Erstes fiel ihm Carol ein. Er wusste, er würde sie anrufen und sich mit ihr verabreden, sobald er gelandet war und dreißig Sekunden Zeit hatte. Sein Bedürfnis nach Sex, nein, nach einem besinnungslosen, restlos erschöpfenden Fick war nach fünf Wochen Abstinenz, wenn er gerade daran dachte, geradezu schmerzhaft. Aber er würde sich von Carol trennen. Ross hatte keine Angst vor dem Alleinsein und war zuversichtlich, dass er nicht alleine bleiben würde. Es gab vier Millionen Frauen in New York; es würde eine geben, die zu ihm passte und mit der man mehr tun konnte, als nur zu vögeln. Eine Frau, die sich nicht vor Spareribs ekelte, eine Frau, die auch mal ein Bier trank und nicht nur Wasser oder ausländischen Wein. Eine Frau, die nicht überall Muskeln hat, dachte er, lieber ein bisschen Cellulitis. Und echte Brüste. Eine Frau, mit der er lachen konnte.
Er konnte auch wieder heiraten. Nein, besser nicht.
Aber er würde nach Arizona fliegen, um Lourdes und Christina wiederzusehen. Selbst wenn es vielleicht nur von weitem war. Er würde sich nicht in Lourdes neues Leben drängen, wenn sie wieder geheiratet hatte. Bestimmt hatte sie wieder geheiratet. Es gefiel ihr, verheiratet zu sein, erinnerte er sich. Es passte zu ihr. Latinas sind die besten Ehefrauen der Welt, hatte Carmen einmal gesagt.
Und, wenn er schon mal dabei war, sein Leben zu ändern, fand Ross, dann sollte er sich auch einen anderen Job suchen. Er war nicht gut in dem, was er tat, das wusste er selbst. Vielleicht, wenn sie wirklich einen Auftrag von Dyson bekamen, dann würde er den noch abwickeln und sich dann von Wyllis auszahlen lassen. Bis dahin fiel ihm bestimmt etwas ein, das er tun konnte.
Auf der anderen Seite des Ganges, schräg vor Ross, sah sich ein Mann auf einem Bildschirm in der Rückenlehne des Vordersitzes einen Film an. Ross erkannte Tom Cruise, der für seine Rolle graue Haare trug. Die wenigsten Kinofilme vertragen es, im Fernsehen abgespielt zu werden, dachte Ross, nicht einmal die alten, schwarzweißen. Ich sollte wieder öfter ins Kino gehen, so wie früher, bevor ich verheiratet war. Kino kann viel gutmachen, wenn man mit seinem Leben nicht zufrieden ist.
Er sagte: »Weißt du, ich werde mal wieder ins Kino gehen«, und sah sich nach Carmen um. Sie war eingeschlafen.
19. Kapitel
W ährend des ganzen Fluges war es nicht dunkel geworden, und sie landeten am frühen Abend in Newark International. Es regnete. Carmen hatte über Skyphone telefoniert. Ein Wagen würde sie erwarten. Beim Zoll wurden sie getrennt. Sie wurde durchgewinkt und verlangsamte nicht einmal ihre Schritte. Bei Ross schlug einer der Hunde an, die die Beamten am Gepäck der Ankommenden auf und ab führten. In einem Nebenraum musste er sich erst bis auf die Unterwäsche ausziehen und saß dann herum und sah zu, wie Uniformierte mit Latexhandschuhen seine Tasche und seine Sachen durchwühlten. Das Taschenfutter seiner Hosen ließen sie noch einmal von dem Hund beschnüffeln. Ross wusste, dass es sinnlos war, sich zu beschweren, und nach den elf Tagen in französischer Gefangenschaft konnte er die paranoiden Autoritäten seines eigenen Landes eine halbe Stunde lang gelassen ertragen. Alles, was ihn störte, war, dass er sich nicht von Carmen verabschiedet hatte. Nach vierzig Minuten durfte er sich anziehen und einpacken. Zu dem Beamten, der ihm dabei zusah, sagte er, schön,
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