Neonazis in Nadelstreifen
Parteiensystem«
Nach der Niederlage – Partei und Kameradschaft –
Gravitationskraft durch Erfolg – Parlament als Podium –
»Kalkulierter Tabubruch« – »Wir kümmern uns« –
Vor den Wahlen – Thüringer Hoffnungen
»Niederlage«: Nach der Landtagswahl in Niedersachsen beschönigte NPD -Spitzenkandidat Andreas Molau wenig. Der erhoffte Durchbruch im Westen der Bundesrepublik war ausgeblieben. Einen Einzug in die Landtage von Niedersachsen und Hessen hatte die Bundesführung der Partei am 27 . Januar 2008 auch nicht erwartet, wohl aber einen Achtungserfolg vor allem in Niedersachsen erhofft.
»Wir konnten lediglich rund 53 000 Wähler dazu bewegen, ihre Stimme der nationalen Opposition zu geben«, erklärte Andreas Molau. Zwei Tage vor der Wahl für den Landtag in Hannover hatte er ohne Wahlkampfrhetorik offen bekannt: » 2 Prozent wären befriedigend, 3 Prozent gut, 5 Prozent super.« Mit den erreichten 1 , 5 Prozent war er nicht zufrieden. Doch kein Anlass für ihn, sich von der Politik abzuwenden. »Als ›Überzeugungstäter‹« versprach Andreas Molau auf der NPD -Website leicht selbstironisch, »werde ich auch nach 1 , 5 Prozent nicht aufgeben.« Eine klare Botschaft, die in der bundesdeutschen Szene von NPD bis »Freien Kameradschaften« gut ankam. »Welcher andere NPD -Mann gesteht auch schon mal eine Niederlage ein. Diesen unverkrampften Umgang mit Niederlagen wünsche ich mir von der gesamten Partei«, hieß es in einem rechten Internetforum und: »Weiter so, Andreas Molau!« Erst Monate später fiel das ehemalige Bundesvorstandsmitglied in der Gunst manch eines Parteikaders und Kameradschaftsaktivisten, nachdem er die Bundesführung wegen des Umgangs mit dem Verlust von Parteigeldern kritisiert und sein Bundesamt »Bildung« niedergelegt hatte.
Am Wahlabend warf ihm die NPD -Spitzenkandidatin Doris Zutt aus Hessen allerdings noch nichts vor. Dort erreichte die NPD am selben Tag 0,9 Prozent. »Strukturelle Probleme« räumte Zutt schon vor dem Stichtag ein, gab sich aber zugleich zuversichtlich: »Durch diese Wahl kommen wieder neue Mitglieder.« Die Bundesführung hatte sich keinen großen Illusionen hingegeben, auch wenn die Rhetorik im Vorfeld der beiden Landtagswahlen ganz anders geklungen hatte.
Hannover, vier Monate zuvor, am 15 . September 2007 : »Nach gut vierzig Jahren zieht die NPD erstmals wieder in ein Westlandesparlament« ein, verkündet der Bundesvorsitzende Udo Voigt vollmundig im Hannoverschen Congress Centrum ( HCC ). Applaus von den rund 600 NPD -Kameraden in der schmucklosen Halle. Welcher Politiker würde auch beim Wahlauftakt tiefstapeln. Die Partei muss in Wahlkampfstimmung gebracht, die Wähler vom Gedanken des Stimmenverschenkens abgehalten werden. Auch Andreas Molau steigt mit Schwung auf die Bühne: » 6 plus x« gibt das NPD -Bundesvorstandsmitglied als Losung aus. Beide Daumen streckt er selbstbewusst in die Höhe. Das Wahlkampfmotto »Sozial geht nur national« prangt im Hintergrund der Bühne. Ganz Wahlkämpfer, versucht Molau die Partei auf die kommenden Wochen einzustimmen. »Die NPD ist heute die Speerspitze für eine knallharte Oppositionspolitik«, erklärt er unter großem Beifall.
In der Halle wird Andreas Molau den Erwartungen als Hoffnungsträger der Partei gerecht. Schon mit Blick auf die Zeit nach der Wahl äußert ein älterer Herr in Trachtenkluft begeistert: »Solche Männer brauchen wir.« Und ein jüngerer Kamerad, auf dessen T-Shirt »Kein Existenzrecht für Israel« steht, meint beeindruckt: »Der bewegt die Partei.« An diesem Samstag in Hannover beweist Molau, dass er genau weiß, wann er wie was zu sagen hat. »Das ist ein Mann, der auf der Straße den Bürger ansprechen kann«, beteuert Udo Voigt. Brav und bieder braucht Molau vor den Parteianhängern im HCC nicht zu sein, hier kommen zurückhaltende Aussagen weniger an. »Die SPD hat den sozialen Gedanken längst verraten«, wettert er. »Noch immer spielt man sich als Vertreter des Kleinen Mannes auf.« Er hebt die Stimme und fragt donnernd in Richtung etablierter Parteien: »Für wie dumm halten sie die Niedersachsen?«
Die wichtigsten Adressaten der NPD -Wahlkämpfer sind wieder vor allem jene Menschen, die sich nach Einführung von Hartz IV und der Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre um die Zukunft sorgen. Ängste, die die NPD nicht allein im Wahlkampf vor Ort aufzugreifen versucht. »Wir kümmern uns«, verspricht die NPD in vielen Bundesländern. Lautstarken Zuspruch erntet
Weitere Kostenlose Bücher