Neonazis in Nadelstreifen
treffen. Ihr Wahlmotto 2008 , »heimattreu« zu wählen, kam denn auch an.
In den zehn Kreisparlamenten in Sachsen konnte die NPD 44 Sitze besetzen. Bundesweit hat die Partei etwa 200 Mandate in Kreistagen, Gemeinde- und Stadträten. Viele Mandatsträger sind zum ersten Mal im Amt. Passivität auf kommunaler Ebene hat so oft etwas mit Unerfahrenheit zu tun. Eine Untersuchung der Friedrich-Ebert-Stiftung zur kommunalpolitischen Arbeit der extremen Rechten bestätigt, dass die NPD sich »insbesondere in den neuen Bundesländern mit lokal- und sachpolitischen Themen« bemüht, als national-demokratische Partei zu erscheinen. Nach Angaben der Autoren der Studie, Benno Hafeneger und Sven Schönfelder, sind diese Bemühungen vor allem in der Sächsischen Schweiz und in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns zu beobachten. Mit unterschiedlichem Erfolg. In Stralsund sitzen für die NPD Dirk Arendt und Bernd Flotow im Rat. »Wir haben das große Glück, dass es zwei Blödköpfe sind«, sagte ein Ratsherr gegenüber Hafeneger und Schönfelder. Einige Stadtverordnete in Anklam berichteten indes, dass Michael Andrejewski »eine gewisse Kompetenz« habe. Aus der CDU wird ihm gar »formale wie inhaltliche Qualität« bescheinigt. Dass dieser nichts tue, könne man dem rührigen NPD -Kader nicht vorhalten. Ein SPD -Ratsherr warf allerdings der CDU vor, einen »persönlichen Umgang« mit Michael Andrejewski zu pflegen.
Wie mit der NPD in den Kommunalparlamenten umgehen? Vor den Konstituierungen der neuen Kommunalparlamente suchten die anderen Parlamentarier nach dem richtigen Umgang. Pauschale Ablehnungen wollte Roland Märtz jedoch nicht mitmachen. Der CDU -Kommunalpolitiker gibt sich am Telefon resolut: »Nein, Anträge der NPD werde ich nicht einfach ablehnen, nur weil sie die NPD stellt.« Er ist nicht irgendwer, sondern stellvertretender CDU -Fraktionschef des Kreises von Nordsachsen und Bürgermeister von Doberschütz. Im nordsächsischen Kreistag sitzt auch Mügelns Bürgermeister Gotthard Deuse, Chef der FDP -Fraktion, und sagt ebenfalls: »Ausgrenzen bringt nichts«, das wirke sich immer negativ aus. Gotthard Deuse sorgte sich 2007 besonders um den Ruf »seiner« Stadt. Im August jenes Jahres griffen auf dem 12 . Altstadtmarkt etwa 50 Jugendliche acht Inder an. Von einer rechten Szene und Wählerschaft wollte er nichts wissen. Märtz versicherte am 27 . August 2008 : »Wenn die NPD Vorschläge hat, die für den Kreis gut sind, gibt es keinen Grund, sie abzulehnen.« Er wolle jeden Antrag, ob von der rechten oder linken Seite, im Sinne des Gemeinwohls bewerten und entsprechend stimmen. »Da mache ich keine Unterschiede.« Diese Nichtausgrenzungsstrategie arbeitet den kommunalpolitischen Bestrebungen der NPD in die Hände, sich als die »Kümmerpartei« vor Ort zu verankern, befürchtet indes Barbara Scheller, Sprecherin der Grünen im Kreisverband Torgau-Oschatz. Ein »taz«-Bericht mit Märtz’ Aussagen führte zum Skandal. Sachsens CDU -Generalsekretär Michael Kretschmer sprang ein und versicherte der »tageszeitung«: »Es hat und es wird keine Zustimmung der Union zu Anträgen einer rechtsextremistischen Partei geben.« Man mag es glauben oder nicht: Im Kreistag von Nordsachsen in Torgau kam es dennoch zum Eklat.
Am 27 . August musste die Konstituierung dieses Kreistages in Torgau wegen der NPD unterbrochen werden. Denn die Rechtsextremen wurden an diesem mit jeweils fünf Stimmen in verschiedene Ausschüsse gewählt – obwohl nur drei NPD ler anwesend waren. Das bewog Landrat Michael Czupalla ( CDU ) dazu, die Sitzung vorzeitig zu beenden. Zu Beginn des Wahlprozedere für die Besetzung der Ausschüsse lehnten die drei NPD -Herren – ihr vierter Mandatsträger fehlte – eine öffentliche Abstimmung ab und forderten geheime Wahlen. Mit Erfolg, bei der geheimen Wahl zog NPD -Vertreter Jens Gatter mit fünf Stimmen in den Kreisausschuss ein, ein Selbstverwaltungsorgan des Kreises. NPD -Kader Steffen Heller wurde – ebenfalls mit zwei Fremdstimmen – in den Gesundheits- und Sozialausschuss gewählt. Kandidaten der Freien Wähler fielen durch. »Eine Provokation war zu erwarten. Das Landratsamt war nicht genug vorbereitet«, kritisiert die grüne Kreistagsabgeordnete Gabriele Schneider. »Hier wurde das sich anbahnende Problem nach Märtz’ Stellungnahme nicht ernst genommen«, sagt Andreas Jahnel, Pressesprecher der Grünen-Landtagsfraktion. Kerstin Köditz von der Linksfraktion im Dresdener Landtag konstatiert: »Den
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