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Neonazis in Nadelstreifen

Neonazis in Nadelstreifen

Titel: Neonazis in Nadelstreifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Andrea und Speit Roepke
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Liedermacher« Jörg Hähnel und Annett Müller für kurze Auftritte gewinnen. In der Halle sind so auch die meisten Anwesenden unter 40 Jahren. Kaum betritt Annett Müller die Bühne, laufen Fans nach vorn, mit gezückten Handys, um ihren Star abzulichten. Dass sie sich versingt und räuspert, stört hier niemanden. Für die NPD macht sich die rechte Musikerin aus Bad Lauterberg bundesweit stark. Auf der Wahlkampf- DVD für Niedersachsen erklärt sie im nachgestellten Studiogespräch, dass Frauen im »nationalen Lager« etwas »zu sagen haben« und singt ein »sentimentales« Heimatlied: »Ich schwöre, dir zu dienen«. Erstmals setzte die NPD eine solche Gratis- DVD als Werbeträger ein.
    Tosenden Beifall erhält im Hannoverschen Congress Centrum aber auch Udo Pastörs. Die NPD sei die »Höchststrafe für das deutsche Parteiensystem«, dröhnt der Chef der NPD -Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern und verspricht, die Partei werde »auf politisch offensive Aggression umschalten«. Er weiß: »Ohne den Sieg in den Parlamenten gibt es keinen Sieg auf der Straße« und »ohne den Sieg auf der Straße keinen Sieg in den Parlamenten«.
    Die wechselseitige Abhängigkeit ist den führenden Kadern insbesondere nach dem ernüchternden Wahlsonntag im Januar bewusst geworden. Um vorzubeugen, dass die hoffnungsvollen Erwartungen nun in enttäuschte Abgrenzung umschlagen, versicherten die »Freien Nationalisten« um Dieter Riefling am 28 . Januar 2008 in einer »Erklärung« zum niedersächsischen Wahlergebnis: »Andreas Molau [hat] ein neues ›Wir-Gefühl‹ geschaffen.« Zwar habe die Wahl nicht zu der erhofften »nationalen Aufbruchsstimmung im Westen« geführt, aber ein Einzug in den Landtag sei »von vornherein« eine Illusion gewesen. Auch sie hatten aber gehofft, »zwischen 2 und 3 Prozent« zu erreichen. Ganz auf Parteilinie, hoben sie optimistisch hervor: »Durch den gemeinsamen Wahlkampf der freien und parteigebundenen Kräfte konnte ein neues Netzwerk geschaffen werden, welches durchaus über den Wahlkampf hinaus erhalten bleiben wird.«
    Kritik aus dem NPD -Bundesvorstand, dass Kameradschaften Geld für ihre Wahlkampfunterstützung fest zugesagt worden sei, konnte sich in der Partei nicht durchsetzen. Dass deren Arbeit entlohnt werde, findet etwa Andreas Molau »richtig«. In der offiziellen Stellungnahme der NPD zur Wahl bekräftigte er: Erfolge seien »nur im Schulterschluss zwischen Partei und freien Kräften möglich«.
    Einen Triumph vermeldete die NPD am 31 . Januar dieses Jahres laut: » NPD ist stärkste nationale Kraft.« Nach Jahren hat die NPD erstmals mehr Mitglieder als die Deutsche Volks-Union ( DVU ) des Münchner Millionärs Gerhard Frey. Heute haben nach Angaben des Bundesamts für Verfassungsschutz 7200 Personen ein NPD -Parteibuch, während die Mitgliederzahl der DVU von 8500 auf 7000 gesunken ist. Durch diese Meldung des Verfassungsschutzes fühlt sich die Parteiführung der NPD in ihrer neuen strategischen Ausrichtung bestätigt.
    In Berlin befindet sich die Bundeszentrale der NPD , verborgen hinter Sicherheitstüren aus Stahl und vergitterten Fenstern. Fremde Besucher werden im Windfang der Seelenbinderstraße 42 in Berlin-Köpenick gemustert. In der »Belle Etage« im ersten Stock residiert Udo Voigt, einen Fahnenständer mit NPD -Fahne– für potentielle Filmaufnahmen – hinter seinem Schreibtisch. In den parteieigenen Räumen, umgeben von seinem engsten Gefolge, wird der Bundesvorsitzende die Presseerklärung eines Mitarbeiters zum Mitgliederzuwachs abgenickt haben. Zufrieden und vielleicht auch ein wenig selbstgefällig kommentierte er die Entwicklung: »Das Fundament unserer Weltanschauung ist die Grundlage zum Ausbau einer wirklichen nationalen Opposition in Deutschland. Angesichts der verstärkten Repressionsmaßnahmen wie Berufsverbote, Hotel- und Kontenkündigungen gegen die nationale Opposition belegen diese Veröffentlichungen einmal mehr, daß eine Bewegung, deren Zeit gekommen ist, so nicht aufzuhalten ist.«
    Das ist keine bloße Propaganda. Als »Gravitationsfeld im Rechtextremismus« musste bereits im Dezember 2006 das Bundesamt für Verfassungsschutz die NPD einschätzen. Der Hamburger Verfassungsschutz wurde noch deutlicher: »Sie ist das Gravitationszentrum der rechten Szene.« In den Bundesländern versucht die NPD , je nach personellem und logistischem Niveau der Landesverbände, aktuelle Regionalthemen und soziale Probleme aufzugreifen sowie auf kommunaler Ebene im

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