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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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anzuziehen, und Nando sah fasziniert zu, wie sich die Stoffe auf einen kleinen Befehl hin automatisch um seine Schwingen legten. Als er sich im Spiegel betrachtete, glaubte er im ersten Moment, aus einer der Geschichten entsprungen zu sein, die Yrphramar ihm bisweilen erzählt hatte. Er strich über die Sohlen seiner Stiefel, in denen eine ganze Reihe der roten Lichtkapseln versteckt lag, die der Händler für den Waffenhandschuh gebraucht hatte.
    »Laskantin«, sagte er nachdenklich. »Was ist das?«
    Antonio knipste eine Taschenuhr an Nandos Weste. »Hier unten gibt es keine Elektrizität. Sie würde sich mit der Magie, die wir nutzen, nicht sonderlich gut vertragen. Dennoch verfügen wir über hochentwickelte Technologien, und wir betreiben sie mit Laskantin – einer Energie, die besonders in den Menschen stark ist. Vor sehr langer Zeit wurde ihre Nützlichkeit für die Schattenwelt von einem Engel entdeckt, dem sie ihren Namen verdankt. Es gibt keine genaue Definition, was sie betrifft, und wenn du zehn Schattenwesen nach ihr befragst, wirst du zehn verschiedene Meinungen bekommen. Du wirst ihrem Geheimnis selbst auf die Spur kommen, da bin ich mir sicher, denn sie ist ein Teil dessen, was du erlernen wirst. Du … «
    Weiter kam er nicht. Ein tiefes, durchdringendes Dröhnen drang durch die Höhle wie von einem gewaltigen Cornu. Das Licht der Rundumleuchte wandelte sich von Blau zu Rot, und von einem Moment zum anderen brach das Chaos aus. Waren wurden hastig zusammengerafft, die Besucher stürzten übereinander, sie flohen, so schnell sie konnten.
    » ENGEL !«
    Aus tausend Kehlen schien dieses Wort über die Menge geschrien zu werden und verwandelte sich in Nandos Blut umgehend in Panik. Er dachte an Avartos, den Engel, der ihn in der Gasse hatte töten wollen, sah sein Gesicht vor sich und diese goldenen, gleichgültigen Augen, und er hörte das Rauschen in der Luft, als würde ein mächtiger Vogelschwarm auf die Höhle zustürmen. Gleich darauf brachen die Engel aus einem der Tunnel und stürzten sich wie riesige todbringende Hornissen auf die Besucher des Marktes. Antonio packte Nando am Kragen und riss ihn mit sich durch die Menge. Überall wurden die Stände zusammengeklappt wie einstürzende Kartenhäuser, etliche Marktbesucher breiteten ihre Schwingen aus und rasten über die Köpfe der übrigen hinweg, um möglichst schnell aus dem Visier der Angreifer zu verschwinden, doch immer wieder wurden einzelne von Engeln gepackt und mitgerissen. Nando fühlte die Luft vibrieren von der Wucht wütender Schreie. Er sah kaum, wohin er lief, bis sie eine schmale Gasse erreichten. Antonio schob ihn vor sich in den Spalt zwischen zwei Häusern. Unter gemurmelten Worten legte der Engel die Hände gegen die Hauswand, bis die Luft leicht anfing zu zittern. Flüchtende eilten mit angstverzerrten Gesichtern an ihrem Versteck vorbei, doch niemand bemerkte sie.
    Ein Tarnzauber , dachte Nando fasziniert und betrachtete die flirrenden Staubpartikel, die sich zwischen der Häusernische und der Straße bewegten.
    Antonio nickte kurz. Von außen sieht man nichts als schwarze Felsen. Wir warten, bis die Engel ihre Maßnahme beendet haben, dann rufe ich Giorgio, und wir verschwinden von hier.
    Nando zog die Brauen zusammen. Maßnahmen? Soll das heißen, dass so etwas öfter vorkommt?
    Antonio wandte halb den Kopf zurück. Ich sagte dir doch, dass solche Zusammenkünfte meist ein eher unfreiwilliges Ende nehmen. Der Aschemarkt ist illegal wie vieles, das hier unten passiert. Die Gesetze stammen von den Engeln, sie haben die Macht, und so liegt es an ihnen, all jene mit Willkür und Respektlosigkeit zu behandeln, die sich dagegen auflehnen. Für viele Engel ist es bereits ein Affront, dass es Mitglieder ihres Volkes gibt, die sich lieber für die Schatten entscheiden, als in ihren glitzernden Palästen zu leben. Ja, in Wahrheit hassen sie Engel dieser Art wohl am meisten.
    Engel wie dich, erwiderte Nando leise.
    Ja , sagte Antonio und nickte kaum merklich. Engel wie mich. Du … Der schneidende Knall einer Peitsche unterbrach ihn. Nando fuhr zusammen, doch sofort schloss sich Antonios Hand um seinen Arm. Still! klang seine Stimme durch Nandos Gedanken.
    Nando nickte atemlos und sah zu, wie eine Schar Kinder mit schmutzigen Gesichtern und zerlumpten Kleidern an ihrem Versteck vorübereilte. Sie schienen Menschen zu sein, und ihre bloßen Füße verursachten ein klatschendes Geräusch auf den Steinen. Da zischte eine glühende

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