Neptuns Tochter 2
behaupten.« Timea hatte gehofft, dass über Nacht so etwas wie Erleichterung bei ihr aufkommen würde. Aber da war nichts.
»Das solltest du aber. Schließlich hast du das durchgezogen, obwohl du diesen Grossmann für ein wenig hinterhältig hältst.«
»Nagymama?«
»Ja, Kind.«
»Tu ich wirklich das Richtige?«
»Absolut, Kleines. Das Haus, ich, Petra . . . wir alle haben dich lange genug ausgesaugt.« Die Großmutter griente. »Petra und ich werden das vermutlich weiterhin tun. Aber das Haus bist du jetzt wenigstens los.«
Timea kniete sich vor den Stuhl ihrer Großmutter, legte das Kinn auf die Stuhllehne. »Ach Nagyi, du bist einfach die Beste.«
Die Großmutter streichelte Timea übers Haar. »Ich weiß«, murmelte sie. »Aber jetzt ist Schluss mit Sentimentalitäten. Die Häuser anderer Leute müssen schließlich auch noch verkauft oder vermietet werden. Oder?«
Lächelnd erhob sich Timea und gab ihrer Großmutter einen Kuss auf die Wange. »Ich bin in meinem Büro.«
~*~*~*~
D as war’s.
Timea stand vor dem Bürokomplex und schaute noch einmal hoch zu dem Fenster, hinter dem das Büro des Notars lag. Getöntes Glas, in dem sich die Schäfchenwolken und der blaue Himmel spiegelten.
Wie unschuldig das aussah.
Aber dahinter wurden Unterschriften unter ein paar Seiten Papier geleistet, die gefüllt waren mit Sätzen, die Schicksale besiegeln konnten. Ein dumpfer Knall, wenn der Stempel des Notars dem Ganzen noch die Krone aufsetzte, oder die Beglaubigung darunter.
Das Ergebnis: Seit genau zweiundzwanzig Minuten war Timea nicht mehr die Eigentümerin der Villa Illay.
Am liebsten hätte sie sich in die nächste Bar verzogen und den Verkauf begossen. Lange und intensiv. Aber das war nicht sie.
Sie gab sich einen Ruck und ging mit festem Schritt auf ihr Auto zu. Plipp , machte es, als sie auf den Türöffnungsknopf am Autoschlüssel drückte. Ohne einen einzigen Blick für die Umgebung setzte sich Timea hinter das Lenkrad.
»Warum müssen die einem immer diese Karten unter die Scheibenwischer klemmen?«, schimpfte sie, als sie auf die Windschutzscheibe schaute.
Ich kaufe Ihr Auto – Zustand egal.
Für heute hatte Timea genug verkauft.
Sie hob ein Bein aus dem Auto, streckte sich und zog die Karte heraus. Im Hinsetzen warf sie das Stück Papier in die Mittelkonsole ihres Wagens.
Ein paar Sekunden hielt sie noch das Lenkrad umklammert, dann startete sie den Wagen, gab Gas . . . und zuckte zusammen, weil der Motor laut aufheulte.
»Okay. Jetzt beruhige dich, Timea«, sagte sie zu sich selbst.
Langsam betätigte sie die Kupplung, legte den Rückwärtsgang ein . . . und zuckte wieder zusammen, weil jemand mit Nachdruck an die Seitenscheibe klopfte.
Noch bevor sie den Motor abstellen konnte, wurde die Tür aufgerissen.
»Soll ich mich vielleicht vor dein Auto werfen, damit du mich beachtest?«, blaffte Mika sie an. »Du musst es nur sagen«, fuhr sie fort, »ich mach das.«
Timea lehnte sich zurück, drückte ihren Kopf an die Kopfstütze, schloss die Augen. »Bitte, Mika. Ich habe dafür gerade keinen Nerv.«
»Schlimmer Tag?«
Der Lachanfall kam schlagartig. Timea konnte ihn nicht verhindern. Ihr Körper bebte, die Bauchmuskeln schmerzten, und sie konnte nicht aufhören.
»Timea, jetzt komm schon. Was ist los?«
Der besorgte Blick in Mikas Augen machte es noch schlimmer.
»Wenn du nicht sofort aufhörst, muss ich dir eine Ohrfeige geben«, rief Mika. »Oder . . .«
Plötzlich presste sie ihre Lippen auf Timeas.
Das Lachen blieb Timea im Halse stecken. Sie schob Mika von sich. »Tut mir leid«, flüsterte sie stockend. »Ich . . . schlimmer Tag, ja.«
»Rutsch rüber«, forderte Mika sie auf. »Ich fahr’ dich nach Hause.«
»Das ist nicht nötig. Es geht schon wieder«, widersprach Timea.
»Das sehe ich anders, Frau Illay.« Mika richtete sich auf und stemmte die Hände in die Taille. »Entweder du lässt mich fahren, oder ich werfe mich doch noch vor das Auto.«
»Du nervst«, murrte Timea und schob sich mühsam auf den Beifahrersitz.
»Das tu ich wohl andauernd«, murmelte Mika, während sie hinter dem Lenkrad Platz nahm. Sie drehte sich nach dem Gurt, brauchte unverhältnismäßig lange, um ihn über ihren Körper zu ziehen und festzumachen. Wenige Augenblicke verharrte sie noch in dieser verdrehten Position. Bis ein Ruck durch ihren Körper ging, und sie los fuhr.
»Wo kommst du eigentlich her?«, fragte Timea.
Anstatt zu antworten, griff Mika nach der
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