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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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zu leben und die mühsamen Staatsgeschäfte dem herrlichen Dioskurenpaare Seneca und Afranius Burrus zu überlassen? Du bist jung, Cäsar! Du mußt die vielköpfige Menschheit, die du regieren sollst, in all ihren tausendfachen Gestalten erst kennen lernen.«
    »Du hast recht, Tigellinus,« versetzte der Kaiser. »In der That, – was wäre ich ohne Burrus und Seneca? Und mehr noch: was wäre ich ohne dich? Beim Herkules, dir gelingt es doch, mich für Stunden wenigstens aus dem Banne zu lösen, den die Pflicht meines Herrscheramtes mir auferlegt. Ich bin Kaiser, – aber zuvor bin ich Mensch, und so spreche ich mit dem Poeten: Für alles Menschliche hab' ich ein flammenloderndes Herz!«
    Sie erreichten jetzt den marmorglänzenden Festraum, wo das römische Volk einen immerwährenden Jahrmarkt feierte. Kauf und Schaubuden aller Art lockten hier in fröhlichem Durcheinander. Tummelplätze für Diskuswerfer und Ballspieler wechselten mit Garküchen, Weinschenken und duftigen Obstlagern ab. Weiter hinaus, am Ufer des Tiberstromes, ragten die Holzgerüste, von denen die Wettschwimmer sich in die kräuselnde Flut stürzten. Dazwischen allerwärts schattende Bäume, hochquellende Sträucher, schimmernde Blumenbeete und parische Götterstatuen.
    Vor dem silberumschnürten Leinwandzelt eines ägyptischen Zauberers machte der Cäsar mit seinem Begleiter Halt.
    Cyrus – so hieß laut Inschrift am oberen Zeltsaum der lockende Wundermann – war erst vor wenigen Tagen aus Alexandria eingetroffen und bildete jetzt schon den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.
    Die bartumwallte Gestalt lehnte nachlässig neben dem Eingange. Gleichmütig lächelnd blickte er auf das massenhaft herandrängende Volk.
    Dann plötzlich, als ob ihm eben nur so der Einfall gekommen sei, stellte er ein sechs oder siebenjähriges Kind auf den sogenannten magischen Dreifuß, überstülpte das Ganze mit einem mannshohen Spitzhute nach persischem Zuschnitt, berührte die bildergeschmückte Umhüllung mit seinem elfenbeinernen Stabe und hob sie empor.
    Zum unbeschreiblichen Staunen des Volkes war das Kind spurlos verschwunden.
    Nunmehr begab sich der Aegypter ins Innere, während zwei kraushaarige äthiopische Sklaven ihm den Dreifuß und den Papierhut unter mancherlei drolligen Bewegungen nachtrugen.
    Alle Umstehenden jubelten Beifall. Auch Nero klatschte mit großer Lebhaftigkeit in die Hände.
    »Ein Meisterstück,« sprach er leise zu Tigellinus. »Als wohlerzogener Lebenskünstler soll man nicht staunen; aber ich frage dich: hast du die leiseste Ahnung, wie er dies Wunder bewerkstelligt?«
    Tigellinus versetzte achselzuckend: »Wenn nicht die Erde mit diesem Aegypter im Bunde ist, wenn sie nicht insgeheim ihre Tiefen öffnet, um das Kind zu verschlingen, wie einst den todesmutigen Curtius – so fehlt mir die Lösung.«
    Jetzt trat ein gelb und rot gekleideter Herold auf das gezimmerte Podium und stieß dreimal mit voller Gewalt in seine dröhnende Tuba.
    Hiernach lud er die edlen Quiriten und Quiritinnen ein, länger nicht zögern zu wollen.
    »Drei Sesterzen!« so klang es gellend von seinen Lippen. »Drei Sesterzen nimmt man euch ab, um euch anderthalb Stunden hindurch zu Göttern zu machen! Cyrus, mein ruhmgekrönter Gebieter, der Stern des Morgenlandes, der Meister von Babylon, Susa und Alexandria, der Freund so vieler asiatischer Könige, der Liebling aller Völker vom Aufgang zum Niedergang, bietet euch seinen Gruß und fragt, ob jemals ein andrer euch das Gleiche für drei Sesterzen geboten hat? ›Nein!‹ werdet ihr antworten. ›Solches vermag nur Cyrus, der Einzige.‹ Also greift in den Bausch eurer Tunica und ersteht die Elfenbeinmarke, die euch berechtigt, anderthalb Stunden lang die Luft des Olympos zu atmen! Wenn ich zum zweitenmal hier in die Tuba schmettere, wird der unsterbliche Cyrus beginnen!«
    In hellen Haufen strömten die Zuschauer rechts nach den Tischen, wo drei stämmige Friesen, gleichfalls in märchenhaftem Kostüm, die Marken verkauften.
    Nero und Tigellinus folgten dem Beispiel der Menge.
    Der Andrang war ein so heftiger, daß sich der Kaiser schon nach wenigen Augenblicken von Tigellinus getrennt sah.
    »Freund,« rief Nero in griechischer Sprache über die Köpfe der jungen Mädchen hinweg, die es so eilig hatten, »sollten wir während der Vorstellung auseinander kommen, so treffen wir uns nach Schluß dort drüben am Ahornbaum des Agrippa!«
    »Abgemacht!« nickt der Adjutant.
    Das Zelt des Aegypters war von

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