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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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einen Dienst zu erweisen, den sie mit persischer Freigebigkeit lohnen würde! – Vielleicht auch hatte sie selber geäußert, daß ihr Octavia im Wege stehe.
    Und um deswillen diese grausenhafte Mißhandlung, diese Entweihung der Schuldlosen . . .? War er denn blind gewesen? Oder traf ihn jetzt das entsetzliche Schicksal, das einst Agrippina ihm angekündigt: solange sie ihn beschütze, werde er mächtig sein: ohne sie jedoch müsse er früh oder spät in die Tiefe sinken . . .?
    Ja, das war es! Sein Glanz, seine göttliche Herrschergewalt sollte in Trümmer stürzen! Die Stadtsoldaten waren schon abgefallen: die Prätorianer, die ja auch etwas wie Ehrgefühl und Empfindung hatten für die maßlose Unbill, ausgeübt an der sanften, wehrlosen Dulderin, würden sich den Rebellen anschließen . . . Schon vernahm er im Geiste den Schritt ihrer Marschkolonnen . . . Das Lavapflaster erdröhnte . . . . ›Nieder mit Claudius Nero!‹ Man stürmte das Ostium . . . Burrus und Julius Vindex drangen hier ins Gemach . . . Die Schwerter blitzten in ihren Fäusten: . . . ›Nimm dies für Agrippina!‹ . . . ›Und dies für die niedergetretene Octavia!‹
    Er stieß einen gräßlichen Schrei aus, als fühle er in der zuckenden Brust schon die Racheklingen.
    »Was tötet ihr mich, da ich selbst sie doch retten wollte?« ächzte er in Verfolgung seiner schauerlichen Vision.
    Er sank mit dem Antlitz über den Tisch.
    Da trat Poppäa herein und legte ihm ihre Hand auf die Schulter.
    »Sei getrost!« sagte sie schmeichlerisch. »Endlich haben wir Nachricht aus dem Prätorium. Burrus ist plötzlich erkrankt. Aber ein zuverlässiger jüngerer Tribun kommt mit zweitausend Mann durch die Subura.«
    »Schweig!« fuhr er sie drohend an. »Ruf mir den Tigellinus!«
    »Was soll das?« fragte sie staunend.
    »Das wirst du hören! Ruf mir den Tigellinus!«
    »Schick deinen Sklaven!«
    »Nein! Du gehst!« rief er aufspringend. Er packte sie bei der Kehle.
    »Bist du von Sinnen?«
    Sie hatte sich losgemacht und stand nun vor ihm wie eine Bellona, doppelt schön durch das flammende Rot, das ihr bebendes Angesicht heiß überströmte.
    »Verzeih!« murmelte Nero . . . »Ich weiß nicht, was mir das Hirn verwirrte . . . Cassius!«
    Der Sklave trat zu dem Vorhang.
    »Zum Henker, ruf mir den Tigellinus!« sagte der Kaiser in einem Tone, als sei es Cassius gewesen, dem er schon zweimal fruchtlos diesen Auftrag erteilt hatte.
    »Was befiehlt mein Freund und Gebieter?« fragte der Agrigentiner, über die Schwelle tretend.
    »Nimm einen Herold, begib dich sofort ans Vestibulum und verkünde den Römern, daß der Senat sich geirrt hat!«
    »Wie?«
    »Daß der Senat aus lauter hirnverbrannten Tröpfen besteht, wenn du das lieber hörst. Octavia ist unschuldig. Claudius Nero Cäsar läßt den geliebten Römern danken, daß sie die Wahrheit erkannt haben, während die versammelten Ochsen des Kapitols ihr ›Schuldig‹ brüllten. Begreifst du noch immer nicht?«
    »Ja, aber . . .«
    »Hier gibt's kein Aber. Du wirst ferner die Güte haben, meiner erlauchten Gemahlin ein Dutzend prätorianischer Reiter nachzusenden, die sie mit aller gebührenden Ehrerbietung nach dem Palatium zurückführen . . .«
    »Willst du im Ernste . . .?« fragte Poppäa erbleichend. »Cäsar, handle nicht unbedacht! Die hohe Körperschaft hat gesprochen. Ihr Urteil ist unanfechtbar.«
    »Ich vernichte dies Urteil, kraft meiner Herrschergewalt! Der ganze Prozeß hat nicht stattgefunden. Octavia ist nach wie vor meine kaiserliche Gemahlin. Du aber . . .«
    »Nun? Ich? Ich?«
    »Du aber wirst, da die Billigkeit und das öffentliche Rechtsgefühl dies erheischt, das Palatium verlassen . . . Geh, Tigellinus! Dein Kopf bürgt mir dafür, daß meine Befehle augenblicklich erfüllt werden. Sage dem Volk, Poppäa Sabina stehe just im Begriff, ihre Villa am Esquilin zu beziehen! Was zögerst du noch?«
    Der Agrigentiner verneigte sich.
    »Meinetwegen!« sagte er zu sich selbst. »Eine plötzliche Laune – oder die Angst vor den Schreiern da draußen! Wie lange wird's währen? Und schließlich, wenn selbst Octavia sich dauernd behaupten sollte – ich sitze zu fest im Sattel, als daß ich sie fürchten müßte!«
    Poppäa Sabina war außer sich. So schien denn alles, was sie seit Jahren mit so fiebernder Sehnsucht erstrebt hatte, durch einen einzigen schwachen Moment des Kaisers zu Grunde gerichtet! Ihre Barke schlug um, da sie eben schon landen

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