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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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ich diese Buße auf mein sündiges Haupt, – denn ich weiß, ich habe gefehlt. Die Strafe des allmächtigen Gottes soll mich entsühnen. Ihn aber, den Geliebten, sehe ich wieder! Eine untrügliche Ahnung sagt mir's voraus: Meine Lippen werden ihm noch zärtlich die Stirne küssen, wenn die arme Octavia längst von hinnen gegangen ist, und Agrippina, und du, ihr schnödes, erbärmliches Werkzeug.«
    »Schweig, sonst lass' ich dich fesseln!« rief Pallas, am ganzen Leibe erbebend. »Ich bin dein Kerkermeister, ja, wenn nötig, dein Henker. Also reize nicht den, der dich zerknicken kann. Uebrigens sollst du erfahren, daß auch Pallas einen unermüdlichen Willen besitzt. Mein wirst du dennoch, eh' du Sardiniens Ufer betrittst – und sollt' es mein Leben kosten!«
    Acte legte die Hände schlaff ineinander. Ihre Lippen murmelten ein leises Gebet.
    Pallas aber trat an die Thür und mahnte seine Genossen zum Aufbruch.
    Dann zu Acte gewendet: »Bei dem ersten Alarmschrei, den du versuchen solltest, trifft dich dieses Stilett.«
    Er hielt ihr die Waffe dicht vors Gesicht.
    Fünf Minuten später ging der Ritt weiter in die dämmernde Nacht hinaus.
     

Viertes Kapitel
     
    Pallas hatte die leise schaudernde Acte wiederum vor sich aufs Pferd genommen.
    Sein Gehirn arbeitete unaufhörlich. Bald überkam's ihn wie die Vernichtungsgier eines Rasenden; bald wie ein Hauch jener nazarenischen Milde, die Böses mit Gutem vergilt.
    »Fürchte nichts!« raunte er in einer plötzlichen Anwandlung solcher Weichherzigkeit. »Meine letzten Drohungen waren sinnlos. Lehne dich mir unbesorgt wider den Arm, sonst ermüdest du. Wenn es geht, magst du schlafen. Mein Hispanier trabt außerordentlich sanft. Tröste dich, Acte! Das Zukünftige ruht ja im Schoße der Götter. Wer weiß: vielleicht wird alles noch gut.«
    Und Acte, von ihrer Müdigkeit übermannt, gehorchte der Weisung des Pallas wie ein gefügiges Kind. Vertrauend sank sie an die Schulter des Feindes; denn sie trug die Empfindung in ihrer Brust, daß nichts Uebles sie anfechten könne, solange sie an der Treue zu Nero festhalte.
    Dicht vor Antium bog man nach links ab. Die Stadt mit ihrer früherwachenden Hafenbevölkerung mußte vermieden werden.
    Der Tag begann schon zu grauen. Das Meer kam in Sicht, und der stattliche Zweiruderer, der abseits, einige tausend Ellen vom Ufer, seine Anker geworfen hatte.
    Pallas blickte dem schönen Mädchen mit unsagbarem Wehgefühl in das schlummernde Antlitz.
    Da die Luft kühler und kühler ward, zog er den Mantel von der Schulter herab und bedeckte damit die holde Gestalt seiner Gefangenen.
    Zwei schwere Thränen tropften ihm von den Wimpern – auf Actes Hand, die leise zusammenzuckte.
    Grimmig, als schäme er sich dieser Schwäche, fuhr er sich mit der Faust über die Lider. Heißer jedoch und gewaltiger quoll es ihm aus der Seele empor, – ein Lavastrom allüberwindender Großmut. Ja, er fühlte: es gab eine Selbstlosigkeit, die ihre glühendsten Wünsche zum Opfer bringen, die allem entsagen konnte, um nur eins zu erstreben: das Glück der Geliebten.
    Eine Minute lang hielt ihn so der Gedanke fest, umzukehren, die Geraubte – der Agrippina zum Trotz – wieder nach Rom zu bringen und sich dem Kaiser zu Füßen zu werfen. Mochte der Fürst sich dann huldreich erweisen, oder ihm das Schwert in die Brust stoßen, – gleichviel: Acte, Acte war doch am Ziele ihrer Sehnsucht.
    Dann aber schnürte ihm die entsetzliche Vorstellung jenes Glücksrausches, der sich in der blumenumwogten Villa nun wieder fortspinnen würde, mit krallendem Tigergriffe die Gurgel zusammen.
    Er gab seinem Pferde die Sporen.
    Weit vor seinen Genossen sprengte er über die Straße dahin, als fürchte er, die stürmisch abgewiesene Versuchung möchte zurückkehren.
    Acte an der Brust des jauchzenden Imperators –? Lieber den ewigen Vorwurf, sie vernichtet zu haben! Mochte sie elend dahin sterben in verzehrender Qual: die Küsse des Cäsars durften niemals wieder auf ihrem wonneatmenden Munde brennen, – oder Pallas war dem Irrsinn verfallen!
    Ach, dieser himmlische Mund, den jetzt in dieser Stunde des Schreckens ein so zauberisches Lächeln umspielte! Ach, diese duftige, herzberückende Mädchenblüte! Wenn ihm ein Gott es gewährt hätte, sie nur ein einziges Mal zu umfahen, um dann, selig erfüllt von dem Bewußtsein ihres Besitzes, plötzlich hinabzusinken in das uranfängliche Nichts: er würde keine Sekunde gezögert haben.
    Als man eben die breite Uferstraße

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