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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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Weile auf griechisch an, »sprich zu mir in der Mundart deiner verstorbenen Mutter, wenn du dich scheust, von meinem Soldaten hier und dem Schiffer gehört zu werden. Es wird nun Ernst, Acte, bitterer Ernst. In fünf Minuten sind wir an Bord, und wahrlich, das schwöre ich dir beim Grab meines Vaters: hab' ich erst einmal dem Obersteuermann die Richtung gewiesen, – dann ist alles zu spät!«
    Sie schwieg noch immer.
    Plötzlich klar und fest zu ihm aufschauend, sagte sie in der weichen ionischen Mundart: »Sitze ein wenig abseits!«
    »Weshalb?«
    »Damit ich dir endgültig antworten kann. Deine unmittelbare Nähe verwirrt mich.«
    »Wie du begehrst.«
    »So,« fuhr sie mit tonloser Stimme fort, – »wenn ich nun wollte, wäre es mir ein leichtes, dir durch die That zu beweisen, wie mir's bei deinem verhaßten Antrag ums Herz ist. Eh' du mich hindern könntest, glitte ich über die Brüstung hinab in die allewige See, und befreite mich so von euren Ränken und Tücken, von deinem Hasse und deiner vermeintlichen Liebe . . .«
    Pallas wollte emporspringen.
    Sie streckte beruhigend die Hand aus.
    »Ich könnte das, aber ich thue es nicht. Bleib nur unbesorgt wo du bist! Mein Glaube an den Willen des allmächtigen Gottes verbietet mir's. Ach, und mehr noch scheucht mich die süße, unabweisliche Hoffnung zurück! Ja, ich werde ihn wiedersehen, den Herrlichen, Einzigen, den ich getreuer liebe, als alles im Himmel und auf der Erde! Ich werde ihn wiedersehen, des bin ich gewiß; denn eine innere Stimme verkündet mir's, eine Stimme der Zuversicht, die da nicht täuschen kann. Beim Blute des Heilands, das für uns alle vergossen wurde zur Vergebung der Sünden, ich werde ihn wiedersehen! Schaffe mich also immerhin fort! Vollführe als ein gehorsamer Sklave die ungerechten Befehle deiner Gebieterin! Um den Preis eines Treubruchs, einer schändlichen Selbstentehrung verschmäh' ich alle Schätze der Welt, geschweige denn die klägliche Freiheit an
deiner
Seite!«
    »Dirne!« knirschte Pallas empört.
    »Schweig und beschimpfe mich nicht! Sonst erzähl' ich an Bord der Bireme, wie du, der opferwillige Knecht Agrippinas, um der Gunst dieser ›Dirne‹ willen deine Herrin verraten wolltest.«
    »Wag es! Ich würde dich Lügen strafen, wie du's verdienst; ich würde die Hoffnung, mit der du noch eben geprahlt hast, töten; ich würde dich blenden. Siehst du, mit diesem Dolch hier grab' ich dir beide Augen heraus, diese verfluchten, blauen, sonnigen Sterne, die den Cäsar ins Verderben gelockt.«
    »Das wirst du nicht,« versetzte sie trotzig. »Was dem Cäsar gehört, hat sein Sklave zu hüten, nicht zu bedrohen.«
    »Nein, ich werde es nicht, weil ich's verschmähe. Du bist meinem Zorn zu gering. Du sollst schauen und leben, um desto tiefer dein Elend zu fühlen. Verzehre dich denn in dieser trostlosen Pein, winde dich wie eine zertretene Schlange, ächze, verzweifle – aber klage als Urheberin dieser Qual nur dich selbst an, und deine kindische Thorheit, die sich erfrecht hat, von dem Scepter des römischen Weltreichs zu träumen.«
    Sie zuckte, wie von Mitleid erfüllt, die Achseln.
    Bald darauf stand Pallas mit der Gefangenen auf dem Verdeck der Bireme. Die Matrosen waren just im Begriff, die Segel zu spannen; das Knarren des Takelwerks erinnerte an das Gekrächze unheilverkündender Raben.
    Der Gefolgsmann blieb im Kahne zurück.
    Pallas, eine furchtbare Miene aufsetzend, nahm den Obersteuermann auf die Seite, während zwei der Matrosen das Mädchen bei den Händen ergriffen.
    »Ich bringe hier eine Verurteilte,« flüsterte Pallas.
    Er verlas mit gedämpfter Stimme ein Pergament, das die Unterschrift und das Siegel der Kaiserin-Mutter trug.
    Hier und da betonte er eine Stelle so eigentümlich, daß ihn der Obersteuermann scheu von der Seite anblickte. Nach erfolgter Verlesung überreichte Pallas ihm das gewichtige Schriftstück mit dem Bedeuten, es wohl zu verwahren und sich den Inhalt desselben buchstäblich einzuprägen.
    »Agrippina,« fügte Pallas hinzu, »lohnt fürstlich, aber sie straft auch mitleidlos wie die Totenrichter. Liefere das Püppchen da richtig ab und vergiß nicht, daß du ihr Ketten anlegst, wenn ihr sie nach der Wohnung des Verwalters geleitet. Sie ist flink wie ein kappadozisches Füllen und jeder Ungebühr fähig. Während der Fahrt laßt sie mir unter dem Deck und bewacht sie mir wie ein Kleinod!«
    »Wohl, Herr! Das alles wird der Ordnung gemäß vollführt werden.«
    »Um so besser für

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