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Nesbø, Jo - Harry Hole - 02

Nesbø, Jo - Harry Hole - 02

Titel: Nesbø, Jo - Harry Hole - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kakerlaken
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Gestank konnte sie auf diese Art entgehen.
    Sie schlüpfte zwischen den Autos hindurch, m usste vor einem Pick-up zur Seite springen, auf dessen Ladefläche eine Gruppe pfeifender Jugendlicher saß, und hätte beinahe von einem hin und her kreuzenden Toyota die W aden rasiert bekommen, doch dann war sie auf der anderen Seite.

    Wang Lee blickte kurz auf, als sie in die menschenleere Rezeption kam.
    »Ruhiger Abend?«, fragte sie.
    Er nickte mürrisch. Das war im Laufe des letzten Jahres öfter vorgekommen.
    »Hast du gegessen?«
    »Ja«, log sie. Er meinte es gut, aber sie hatte keine Lust auf die matschigen Nudeln, die er im Hinterzimmer kochte.
    »Heute heißt es warten«, sagte er. »Der farang will erst schlafen, er ruft an, wenn er so weit ist.«
    Sie stöhnte.
    »Du weißt genau, dass ich bis Mi tternacht zurück in der B ar sein muss, Lee.«
    Er sah auf die Uhr.
    »Gib ihm eine Stunde.«

    8

    Sie zuckte m it den Schultern und setzte sich. Wenn das vor einem Jahr geschehen wäre, hätte er s ie vermutlich für ihre freimütige Äußerung vor die Tür ge setzt, doch jetzt brauchte er dringend jedes bisschen Um satz. Natürlich h ätte sie g ehen können, aber dann wäre der ganze weite W eg umsonst gewesen.
    Außerdem schuldete sie Lee den einen oder anderen Gefallen, er war wirklich nicht der schlechteste ihrer bisherigen Zuhälter.
    Nachdem sie die dritte Zigarette ausgedrückt hatte, spülte sie sich den Mund m it Lees bittere m chinesischen Tee und stand auf, um ein letzte s Mal ihre Schminke im Spiegel übe r dem Rezeptionstisch zu überprüfen.
    »Ich geh ihn jetzt wecken«, sagte sie.
    »Hm, hast du die Schlittschuhe?«
    Sie hob ihre Tasche hoch.
    Ihre Absätze knirschten auf de m Kies des of fenen Platzes zwischen den niedrigen Motelräum en. Zimmer 120 lag ganz hinten, sie sah keinen Wagen da vor stehen, aber es brannte Licht. Also war er ver mutlich aufgewacht. Ein leich ter Windhauch fuhr unter ihren kurzen Rock, doch er verschaffte ihr keine Abkühlung. Sie sehnte sich nach dem Monsun, nach dem Regen. Genau wie sie nach ein paar Wochen Überschwemmung, matschigen Straßen und schimm eligen Kleidern die trockenen, windstillen Monate herbeisehnte.
    Sie klopfte leise an, setzte ihr verführerisches Lächeln auf und die Frage »What’s your nam e?« lag bereits auf ihren Lippen.
    Keine Reaktion. Sie klopfte noch einmal an und sah auf die Uhr.
    Sie konnte dieses Kleid sicher
    um ein paar Hundert Baht
    runterhandeln, auch wenn es be i Robertson war. Als sie die Klinke nach unten drückte, bem erkte sie zu ihrer Überraschung, dass die Tür unverschlossen war.
    Er lag bäuchlings auf dem Bett und zuerst dachte sie, er schlafe. Dann sah sie den Lichtreflex in dem blauen Glas des Messerschafts, der aus der signalgelben Weste herausragte. Schwer zu 9

    sagen, welcher Gedanke ihr zuerst durch den Kopf schoss, doch einer von ihnen war, dass de r weite W eg von Banglaphu nun doch umsonst gewesen war. Da nn bekam sie endlich ihre Stimmbänder unter Kontrolle. Doch ihr Sch rei wurde vo m dröhnenden Hupen eines Lastwagens übertönt, der auf der
    Sukhumvit Road einem unachtsamen Tuk-Tuk-Fahrer auswei-chen musste.

    10

    KAPITEL 2
    »Nationaltheater«, verkündete ei ne nasale, schlaftrunkene Stimme durch die Lautsprecher, ehe sich die S traßenbahntüren klappernd öffneten und Dagfinn Torhus in den kalten, rauen und gerade erst angebrochenen W intermorgen trat. Die L uft schmerzte auf seinen frisch rasierten Wangen und im Schein von Oslos sparsamer Neonbeleuchtung sah er seinen eigenen Atem.
    Es war die erste Januarwoche und er wusste, dass das W etter im Laufe des Winters immer besser wurde, weil dann der Fjord vereist und die Luft trockener war. Er ging über den Drammens-vei in Richtung Außenm inisterium. Ein paar einsam e Taxis fuhren an ihm vorbei, doch ans onsten waren die Straßen leer.
    Die riesige Reklameuhr, die sich rot vom schwarzen W inter-himmel abhob, zeigte eben erst sechs Uhr.
    Vor der Tür nahm er seine Zuga ngskarte heraus. »Position: Verwaltungschef« stand über dem Bild eines zehn Jahre jüngeren Dagfinn Torhus, der mit vorgerecktem Kinn und zielstrebigem Blick durch seine Stahlbrille in die Kamera starrte.
    Er zog die Karte durch das Lese gerät, tippte den Code ein und drückte die schwere Glastür der Victoria-Terrasse auf.
    Nicht alle Türen hatten sich so le icht öffnen lassen, seit er vor bald dreißig Jahren als 25-Jähr iger hierher gekommen war. Auf der »Diplomatenschule«, dem

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