Nesbø, Jo - Harry Hole - 02
Partei empor-geklettert, haben sich durch di e Modernisierung der parteilichen Jugendorganisation gekämpft und sich sogar eine W ohnung geteilt, als sie beide in noch
jungen Jahren ins Parlam ent
gewählt worden waren. Es war Molnes, der f reiwillig einen Schritt beiseite trat, als sie beide ebenbürtige Kronprinzen der Partei waren. Stattdessen hat er den Ministerpräsidenten m it voller Kraft unterstützt, so da
ss man einen parteiinternen
Machtkampf vermeiden konnte. Das bedeutet natürlich, dass der Ministerpräsident in Molnes Schuld stand.«
Askildsen befeuchtete sich die Lippen und blickte aus dem Fenster.
»Um es klar auszudrücken, Molnes hat nicht den Anwärterkurs des Auswärtigen Amtes besucht und wäre sicher nicht nach Bangkok gekommen, wenn der Mini sterpräsident nicht seine Finger mit im Spiel gehabt hätte . Das hört sich vielleicht wie Kungelei an, aber es handelt si ch wohl um eine Form von geduldeter Kungelei, die bereit s von der Arbeiterpartei eingeführt und reichlich praktiziert worden ist. Reiulf Steen hatte auch keinen entsprechenden ›aus wärtigen‹ Hintergrund, als er Botschafter von Chile wurde.«
Der Blick schweifte zurück zu Møller, ein entferntes am üsiertes Funkeln in den Augen.
»Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass es dem Vertrauen des Ministerpräsidenten schaden würde, wenn ans Licht käme , dass ein Vertrauter und Parteifreund, den er selbst auf einen Au-
ßenposten gehievt hat, in einem Bordell erwischt wird, und dann auch noch ermordet!«
Mit einer H andbewegung überließ de r Staatssekretär wieder der Polizeipräsidentin das W ort, doch Møller konnte sich nicht beherrschen:
»Was ist denn so besonders daran, einen Freund zu haben, der mal ins Bordell geht?«
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Askildsens Lächeln erstarrt e in den Mundwinkeln und der Verwaltungschef mit der Stahlbrille räusperte sich:
»Sie haben erf ahren, was Sie wiss en müssen, Møller. Bitte überlassen Sie uns die richti gen Einschätzungen. W as wir brauchen, ist jemand, der dafür sorgt, dass die Erm ittlungen in diesem Fall … keine unerwarteten W
endungen nehmen.
Natürlich wollen wir alle, dass der oder die Mörder gef asst
werden, doch die Um stände des Mordes sollten dabei bis auf weiteres geheim bleiben. Unseres Landes wegen. Verstehen Sie?«
Møller blickte auf seine Hände. Des Landes wegen. Halt’s Maul. In se iner Familie hatte m an noch nie wirklich m it Zu-rechtweisungen umgehen können. Sein Vater hatte es nie weiter als bis zum Polizeiwachtmeister gebracht.
»Verehrter Herr Verwaltungsch ef, die Erfahrung zeigt nun mal, dass die Wahrheit oftmals schwer zu verbergen ist.«
»Das ist wohl wahr. Ich werde im Na men des Auswärtigen Amtes die Verantwortung für diese Operation übernehmen. Wie Sie verstehen, handelt es sich um eine höchst delikate Angelegenheit, bei der es darauf ankomm t, dass die thailändischen Behörden mit uns zusammenarbeiten. Da die Botschaft involviert ist, haben wir gewisse Frei heiten, diplomatische Immunität und alles, was damit zusammenhängt, aber allzu viel Spielraum gibt es da natürlich nicht. W ir würden deshalb gerne jem anden dort hinunterschicken, der viel Erfahrung mit internationaler Polizeiarbeit hat und auf gewisse Erfolge zurückblicken kann.«
Er hielt inne und sah Møller an, der sich fragte, warum er so eine spontane Abneigung ge gen den Bürokraten m it dem aggressiven Kinn spürte.
»Wir können ein Team mit …«
»Kein Team, Møller. Je wenige r Wirbel, desto besser. Außerdem hat uns Ihre Polizeipräsidentin darauf aufm erksam gemacht, dass es der Zusammenarbeit m it den lokalen Polizeibe-20
hörden sicher nicht zuträglich ist, wenn wir m it einer ganzen Einheit kommen. Ein Mann.«
»Ein Mann?«
»Die Polizeipräsidentin hat uns bereits einen Nam en genannt, und wir halten das für einen guten Vorschlag. Es ist einer Ihrer Untergebenen und wir haben Sie hergebeten, um uns anzuhören, wie Sie ihn einschätzen. Nach den Gesprächen, die die Polizeipräsidentin mit ihrem Kollegen in Sydney geführt hat, soll er dort unten im letzten Jahr eine n bemerkenswerten Einsatz in Zusammenhang mit dem Inger-Holter-Fall geleistet haben.«
»Ich habe im letzten Winter in den Zeitungen davon gelesen«, sagte Askildsen. »W irklich beeindruckend, das könnte unser Mann sein.«
Bjarne Møller schluckte. Die Polizeipräsidentin hatte also vorgeschlagen, Harry Hole nach Bangkok zu schicken, und er sollte jetzt wohl b estätigen, dass Harry
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