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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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nicht so weich gewesen, hätte sich Yomi ernstlich verletzen können. So jedoch konnte er sich geschickt abrollen und kam ächzend und stöhnend wieder auf die Beine. Im selben Moment versiegte das Beben wieder. Din-Mikkith eilte sogleich zu Yomi und untersuchte ihn. »Ich denke, auf euren Schiffen schwankt es immer. Und da fällst du gleich vom Ast, wenn die Erde ein bisschen Schüttelfrost bekommt!«
    »Auf dem Meer weiß ich, dass es ziemlich wackelig ist, aber wer kann schon ahnen, dass die Erde mit einem Mal so unheimlich zu schaukeln beginnt?«, verteidigte sich Yomi.
    »Na, Hauptsache, dir ist nichts passiert«, stellte Yonathan erleichtert fest.
    »Nichts passiert? Ich werde nie wieder sitzen können!«
    »Dazu wirst du auch so bald keine Gelegenheit haben«, bemerkte Din-Mikkith ernst.
    Yonathan horchte auf. »Wie meinst du das?«
    »Wir werden unsere Nachtruhe wohl ein wenig hinausschieben müssen. Der Glühende Berg wird bald platzen. Das eben, das war nur ein Vorgeschmack. Wenn es richtig losgeht, während wir noch hier sind, dann sehe ich schwarz für uns – buchstäblich!«
    »Heißt das, wir müssen sofort weitermarschieren? Ich bin so müde. Ich könnte auf der Stelle einschlafen.«
    »Und würdest vermutlich nie mehr aufwachen – unter drei Fuß Asche schläft es sich jedenfalls besser, als dass es sich wacht.«
    »Du hast eine erfrischende Art, einem das Wesentliche beizubringen, Din«, stellte Yomi mit schiefem Lächeln fest. »Aber ich glaube, er hat Recht, Yonathan. Wir sollten keine Zeit verlieren.«
    Yonathan seufzte aus tiefstem Herzen. »Also gut. Dann sehen wir zu, dass wir weiterkommen.«
    Der Marsch durch den nächtlichen Regenwald war beschwerlich. Weniger für Yonathan, denn er hatte ja Haschevet, der ihm half sich selbst bei Dunkelheit zurechtzufinden. Auch nicht für Din-Mikkith, dessen Augen bei Nacht scheinbar genauso gut sehen konnten wie am Tage. Wirklich zu bemitleiden war Yomi. Obwohl die Schwärze der Nacht für genügend Deckung vor den Spähern Sethurs sorgte und Din-Mikkith deshalb nicht unbedingt den Schutz des Dickichts suchte, schlugen dem großen, jungen Mann doch immer wieder Zweige ins Gesicht. Der Behmisch ließ sich in seinem Tempo aber nicht vom Stöhnen Yomis zügeln. Unaufhörlich zog er seine Gefährten hinter sich her, wie eine Entenmutter ihre Küken.
    Yonathan nahm es hin und ließ es über sich ergehen. Din-Mikkith würde schon wissen, was er tat. Yonathans Beine gehörten zwar längst nicht mehr ihm selbst – sie schienen selbständig unter ihm dahinstapfende Wesen zu sein, die seinem Gehirn allenfalls hier und da durch stechenden Schmerz oder ein wallendes Brennen ihre Anwesenheit meldeten. Doch er biss die Zähne zusammen und setzte mechanisch Schritt vor Schritt.
    Der Erdboden bebte noch zweimal in dieser Nacht – und jedes Mal heftiger! Die Gefährten gönnten sich kaum eine Rast, sondern bahnten sich unaufhörlich weiter ihren Weg in südöstlicher Richtung. Streckenweise wurde der Pfad sehr schmal und steil. Yonathan dachte an die Klippen und Berge seines Heimatortes. Was würde Navran wohl gerade tun? Würde er an ihn denken?
    »Hier werden wir unser Lager aufschlagen«, unterbrach Din-Mikkith seine Gedanken.
    Die Dämmerung hatte bereits einen Keil in die Schwärze der Nacht getrieben und Yonathan konnte einen Höhleneingang erkennen. Es war ein schmaler Spalt hinter einem großenFelsbrocken, dem Überbleibsel einer Geröll-Lawine.
    »Wird die Höhle sicher sein – ich meine, wenn die Erde wieder anfängt zu zittern und zu wackeln?«, fragte Yonathan zweifelnd.
    »Das ist Granitgestein. Es ist sehr stabil, Kleines! Ich bin sicher, es gibt im Umkreis von zehn Meilen keinen Ort, der uns bessere Zuflucht bieten könnte.«
    Yonathan und Yomi schauten sich fragend an. Dann zuckte Yomi die Achseln und nickte.
    Während sich die Gefährten in die stockfinstere Höhle vortasteten, zog sich Gurgi immer tiefer in die Hemdfalte an Yonathans Brust zurück. Dunkle, muffige Felsenhöhlen waren nichts für den kleinen Masch-Masch, der den Großteil seines jungen Lebens ausschließlich in den luftigen Höhen des Regenwaldes zugebracht hatte. Selbst Girith suchte sich einen sicheren Platz auf der Schulter Din-Mikkiths.
    »Ich werde ein Feuer machen. Hier drinnen können wir uns das erlauben«, erklärte Din-Mikkith. »Draußen…«
    Er wurde jäh in seiner Rede unterbrochen, als das rotgelbe Licht eines strahlenden Blitzes durch den Spalt in die Höhle drang und

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