Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
und zehn Fuß tief in den Boden grub. Am Rand der Spalte lagen Felsbrocken und Geröll herum und boten einen ausreichenden Sichtschutz.
    »Ich übernehme das erste Wache«, entschied Din-Mikkith, bevor einer der anderen etwas einwenden konnte.
    »Ich glaube, ich könnte hundert Jahre schlafen«, entgegnete Yonathan dankbar. Selbst Gurgi, die den ganzen Weg getragen worden war, brachte nur ein schwaches Fiepen zustande.
    »Ich fürchte, so viel Zeit kann ich euch nicht geben«, bedauerte der Behmisch. »Wir werden bald auf das Ewige Eis stoßen. Dort bin ich selbst unerfahren. Wir können das Gletscher unmöglich bei Dunkelheit überqueren.«
    »Das heißt, wir brechen im Hellen auf?«, fragte Yomi voller Hoffnung.
    Din-Mikkith nickte.
    Yonathan bemerkte ein Zittern, das den Körper des Behmisch schüttelte. »Was ist mit dir, Din?«, fragte er besorgt. »Geht es dir nicht gut?«
    »Danke, Kleines. Es geht schon. Du musst nur wissen, dass Behmische nicht für Eis und Kälte geschaffen wurden – das lähmt unsere Glieder!«
    »Dann musst du dich warm anziehen«, beschloss Yonathan. »Du bekommst meinen Umhang. Ich bin die Kälte gewohnt. Bei uns in Kitvar…«
    »Lass es gut sein, Kleines«, unterbrach ihn Din-Mikkith. »Ihr beiden benötigt eure Umhänge genauso dringend wie ich.«
    »Aber die Decken, die müssen wir nicht auf dem Rücken schleppen.« Ohne lange zu zaudern, nahm Yonathan seinen Dolch, schnitt einen Schlitz in seine Decke und zog sie dem Behmisch über den Kopf. »Das müsste gehen«, stellte er zufrieden fest. »Aus Yomis Decke werden wir noch etwas für deine Füße und Beine schneidern und dann brauchst du nicht mehr zu frieren.«
    Din-Mikkiths Augen glänzten. Er streichelte Yonathan über das dunkle Haar und sagte gemessen: »Ich glaube, du wirst einmal ein weiser Mann werden, Kleines. Mein Dank ist dir gewiss.«
    »Schon gut. Und jetzt lass uns schlafen.«
    Yonathan fiel sofort in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Als er erwachte, stellte er besorgt fest, dass Din-Mikkith die ganze Zeit Wache gehalten hatte. »Wie spät ist es?«, fragte er den Behmisch.
    »Kurz nach Mittag. Wir sollten uns marschbereit machen.«
    »Wird es nicht schwierig sein, unbemerkt da hochzukommen?«
    »Wir werden jede Deckung nutzen, das wir finden.«
    Yonathan seufzte. »Also gut. Dann lasst uns die Zeit nutzen.«
    Nach etwa zwei Stunden Wanderung im Schatten von Felsen und im Schutze von Erdsenken erreichten die drei die Schneegrenze. Yonathan hatte das Gefühl, dass Din-Mikkith nur mit äußerstem Unbehagen seinen Fuß auf den harschigen Schnee setzte. Der Behmisch sah aus wie eine zum Leben erwachte Mumie: Beine und Füße waren mit Stoff streifen umwickelt, über dem Oberkörper hing lose die zweckentfremdete Decke Yonathans und dazwischen schaute blassgrün das zerknitterte Gesicht Din-Mikkiths heraus.
    Yonathan trieb die Spitze des Stabes Haschevet wieder und wieder in die feste Schneedecke, um festeren Halt zu finden. Yomis Bemühungen um Gleichgewicht muteten zwar ungelenk an, waren aber sehr erfolgreich. Was Din-Mikkith durch seinen elastischen Körper ausglich, schaffte Yomi mit einer Kombination aus Staksigkeit und Körperbeherrschung.
    Eine weitere Stunde der Wanderung auf dem schlüpfrigen Untergrund war vergangen, als Yonathan und Din-Mikkith seltsame Geräusche vernahmen. Auch Girith flatterte aufgeregt mit den Flügeln.
    »Was ist das?«, flüsterte Yonathan, auf das Schlimmste gefasst.
    »Etwa Sethur?«, befürchtete Yomi.
    Din-Mikkith fuhr mit der Hand über das Gefieder Rotschopfs, der auf seiner Schulter saß. Der Behmisch verzog die Lippen zu seinem Speziallächeln. »Ihr müsst euch nicht fürchten. Es sind nur die Verwandten Giriths.«
    »Die Verwandten?«
    Din-Mikkith seufzte schwer. »Ja, Yonathan, genau das sagte ich. Schaut selbst!«
    Der Pfad schlängelte sich an dieser Stelle zwischen zwei eng beieinander stehenden Felswänden unter einem grünlich schimmernden Eisüberhang hindurch und gab dahinter den Blick auf ein unberührtes Schneefeld frei – jedenfalls fast unberührt. Was die Gefährten dort sahen, verschlug zumindest zwei von ihnen die Sprache.
    »Sind das nicht…?«
    »Papageien«, vollendet Din-Mikkith Yomis Frage. »Genauer gesagt: Keas.«
    »Keas?«, wiederholte Yonathan. »Ich habe noch nie etwas davon gehört, dass Papageien im Schnee leben. Sie sind doch Vögel, die die Wärme lieben – so wie Rotschopf.«
    »Du musst noch vieles lernen, Kleines.«
    Yonathan hob die

Weitere Kostenlose Bücher