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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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glimmende Kerzendochte. Wieder fühlte Yonathan diese Feindseligkeit, die er sich nicht erklären konnte. Er wandte den Blick ab. Blödsinn!, sagte er sich. Selbst, wenn Zirah boshaft genug war nach ihm zu hacken, musste er nur Abstand wahren.
    Dennoch war er froh, die Kajüte des Kapitäns und damit Zirah wenigstens kurz zu verlassen, da er trockene Kleider anlegen wollte. Seine Unterkunft lag, genauso wie das Quartier des Kapitäns und seines Bootsmannes, in den Heckaufbauten der Weltwind. Die Mannschaft war im Bug untergebracht, wo es – besonders bei einem solch schlechten Wetter – unruhiger und feuchter war, weil das Schiff dort dem wogenden Meer die Stirn bot.
    Yonathan beeilte sich wieder zur Kajüte des Kapitäns zurückzukehren; er wollte wieder dort sein, wenn der Mann mit der Verpflegung kam. Gerade war er im Begriff die Tür zu Kaldeks Unterkunft zu öffnen, als diese mit Schwung aufflog und ihn am Kopf traf. Benommen taumelte er einige Schritte zurück und stürzte zu Boden.
    Während er so im Gang des Achterdecks saß und die tanzenden Leuchtpunkte vor seinen Augen zählte, schwenkte die Kajütentür langsam ins Schloss zurück und der junge Mann mit den viel zu langen Armen und Beinen trat heraus.
    »Ich glaube, wir haben uns einander noch nicht vorgestellt«, sagte Yonathan, während er eine Stelle an seinem Kopf rieb, die sich nach außen zu wölben begann. »Merkwürdige Bräuche herrschen hier an Bord«, fügte er trocken hinzu.
    Der junge Mann starrte, ohne etwas zu sagen, auf den noch immer am Boden sitzenden Fahrgast. Er war beim Verlassen der Kajüte wohl samt Kanne und Topf gegen die Tür gelaufen und hatte beides fallen lassen.
    »Ich… ich wusste ja nicht«, stammelte er.
    »Na ja, schon gut«, stöhnte Yonathan bei dem Versuch wieder auf die Beine zu kommen.
    Der junge Seemann erwachte nun aus seiner Erstarrung und half Yonathan eilig beim Aufstehen.
    »Danke«, sagte Yonathan, als er wieder auf den Beinen stand. Er streckte dem anderen die Hand entgegen und stellte sich vor. »Ich bin Yonathan – und wer bist du?« Obwohl er bestimmt zehn Jahre jünger war, ließ er die förmliche Anrede fort.
    »Mein Name ist Yomi – aber meine Freunde nennen mich Yo.« Yomi fasste Yonathans Hand und schüttelte sie kräftig.
    »Wenn das deine Methode ist dir Freunde zu schaffen, dann wird es wohl nicht allzu viele geben, die dich Yo nennen«, sagte Yonathan, während er sich die Beule am Kopf massierte.
    »Tut mir Leid. Es muss wohl ziemlich wehgetan haben«, entschuldigte sich Yomi.
    Yonathan ersparte sich die Antwort.
    »Kapitän Kaldek schickte mich, Euch…«, Yomi verbesserte sich, »dir diese Sachen da zu bringen.« Er deutete auf den am Boden liegenden Krug und Topf. »Als ich dich in der Kapitänskajüte nicht fand, dachte ich, du wärst in deiner eigenen Kammer. Deshalb wollte ich dir gerade durch die Tür dorthin folgen, als dieses ziemlich schlimme Unglück passierte.«
    »So schlimm ist es nun auch wieder nicht«, tröstete Yonathan den jungen Mann. »Wir machen schnell Ordnung, dann merkt der Kapitän überhaupt nicht, was passiert ist.«
    Yomi lächelte schief, wodurch sein Gesicht noch mehr wie das eines großen Jungen wirkte.
    Yomi überragte Yonathan um einen Kopf. Er mochte sechseinhalb Fuß groß sein. Sein etwas ungelenk wirkendesÄußeres rührte daher, dass er bei seiner Größe spindeldürr war. Aus seinem jungenhaften Gesicht strahlten Yonathan zwei wasserblaue Augen mit offenem Blick entgegen. Mitten aus dem glatten, strohblonden Haarschopf erhob sich eine widerspenstige Strähne.
    Yonathan wollte sich bücken, um den Krug aufzuheben, da überkam ihn ein Schwindelgefühl, dass er einen Moment lang schwankend um sein Gleichgewicht kämpfte. Yomi fasste sogleich seinen rechten Arm und sagte: »Das mach ich schon. Komm, setz dich in die Kajüte. Ich bringe hier schnell wieder alles in Ordnung und besorge dir dann neues Essen und auch etwas Warmes zu trinken.«
    »Da ist ja unser Goldstück«, knarrte Zirahs Stimme, als Yomi Yonathan zum bequemen Kapitänssessel führte und ihn sanft hineindrückte. »Halt den Schnabel!«, befahl Yomi. Dann hob er Krug und Topf vom Boden auf und verschwand.
    Yonathan starrte missmutig und mit hämmernden Kopfschmerzen auf Zirah, die seinen Blick kaum freundlicher erwiderte. Endlich kehrte Yomi zurück. Er trug wieder einen Krug und einen Topf und ein interessanter Duft erfüllte die Kajüte.
    »Hier ist gewürzter Wein für dich. Ich habe dem

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