Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
eineneue Ära brauche auch neue Symbole. Deshalb war das alte Flaggschiff nicht mehr gut genug für ihn. Doch bevor Zirgon wenige Tage nach Zirgis’ Thronbesteigung starb, sorgte er dafür, dass mein Vater die Weltwind als Geschenk erhielt, als Zeichen der Dankbarkeit des alten Kaisers an seinen betagten Oberbefehlshaber. Ich war damals kaum jünger als Yomi heute. Für kurze Zeit begleitete ich meinen Vater auf allen Meeren der Welt. Dann folgte er seinem Herrn, Zirgon, ins Grab. Ich habe die Weltwind geerbt und bin seitdem Kapitän auf diesem Schiff.«
    Yonathan war ganz in Kaldeks Erzählung aufgegangen. »Ihr habt Euren Vater sehr geliebt, nicht war?«
    »O ja, das habe ich.« Kaldek seufzte. »Obwohl wir nur wenige gemeinsame Jahre hatten. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich mich mit Yomi manchmal so schwer tue.« Kaldeks sonst so knarrige Stimme klang jetzt weich. Dann fügte er bündig hinzu: »Jetzt muss ich aber wieder nach oben. Wenn ich Yo sehe, schicke ich ihn zu Euch. Einverstanden?«
    »Einverstanden, Herr Kapitän«, entgegnete Yonathan.
    Kaldek lachte in sich hinein, während er nach seinem wetterfesten Mantel griff. Kopfschüttelnd verließ er die Kajüte und murmelte etwas vor sich hin.
    Yonathan schaute noch eine Weile auf die offene Kajütentür, die dem gleichmäßigen Schaukeln des Schiffes folgend hin und her schwenkte, bis sie schließlich ins Schloss fiel. Das knallende Geräusch änderte schlagartig die Richtung seiner Gedanken. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass er nicht allein war, nun, da Kaldek den Raum verlassen hatte.
    Yonathan schaute aus den Augenwinkeln zu Zirahs Käfig hinüber. Die Kreatur musterte ihn nach wie vor aus bösen Augen. Der Vogel kam ihm verändert vor, aber er konnte sich nicht erklären, was der Grund für dieses Empfinden war. Erverspürte Ärger, Ärger darüber, dass er sich von diesem Vogel immer wieder in solches Unbehagen versetzen ließ und er beschloss dem ein für allemal ein Ende zu setzen. Mit zwei Schritten stand er vor dem Käfig und schrie den Vogel an: »Ich lass mir von dir keine Angst einjagen. Du bist da drinnen und ich bin hier draußen, du kannst mir nichts tun. Gib’s auf, mich weiter mit deinem bösen Blick zu verfolgen.«
    Er drehte sich auf dem Absatz um und stampfte aus der Kajüte.
    »Wir werden sehen«, krächzte eine Stimme aus dem Käfig.
     
     

Von Göttern und Naturgewalten
     
    »Warum trägst du eigentlich ständig diese… Tasche mit dir herum?«, fragte Yomi und deutete auf den Köcher an Yonathans Stuhllehne. Yonathan warf einen Blick über die Schulter; schon seltsam, dass ihn bisher noch niemand danach gefragt hatte. In den drei Tagen, die er Yomi nun kannte, hatte sich zwischen ihnen eine Freundschaft entwickelt. Sie saßen sich wieder am Tisch in Kaldeks Kajüte gegenüber und sprachen über alle möglichen Dinge. Draußen tobte unvermindert der Sturm und warf der Weltwind riesige Wellen entgegen. Die beiden Freunde jedoch waren solchen Seegang gewohnt. Deshalb konnte auch das ständige Heben und Senken dieser kleinen Welt inmitten der unendlichen See ihre Unterhaltung nicht stören.
    Was sollte Yonathan ihm auf die Frage nach dem Gepäckstück antworten? Die Wahrheit durfte er nicht einfach hinausplaudern. Er trug die Zukunft Neschans auf dem Rücken. War die neue Freundschaft zwischen ihnen schon stark genug dieses Wissen zu teilen?
    Yonathan wollte die Sache verharmlosen. »Ach das«, antwortete er gleichgültig. »Das ist für den Mann bestimmt, den ich besuchen werde.«
    »Es muss wohl sehr kostbar sein, wenn du es ständig bei dir trägst?« Yomis Augen verrieten große Neugier.
    »Kostbar? Nun, eigentlich nicht. Oder sagen wir, es ist für seinen Empfänger kostbar, für jeden anderen ist es eher« – »tödlich« konnte Yonathan kaum sagen; das würde Yomis Neugier nur noch mehr wecken – »von geringem Nutzen.«
    »Du meinst also, es ist von… wie sagt man doch gleich?«
    »Von ideellem Wert?«, half Yonathan seinem Freund aus. »Ja, so könnte man es wohl ausdrücken.«
    Yomis Neugier war unersättlich. »Ob nun von großem oder geringem Wert, was ist es denn, was du da mit dir herumschleppst?«
    Yonathan atmete tief aus und schloss die Augen. Es hatte keinen Zweck. Bei so viel Hartnäckigkeit blieb nur noch der strategische Rückzug. Als er fortfuhr, klang seine Stimme sehr ernst. »Also gut, ich verrate es dir – aber du darfst niemandem etwas davon erzählen!«
    Yomi lehnte sich zurück, hob die

Weitere Kostenlose Bücher