Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nessie und die Geister der MacLachlan

Nessie und die Geister der MacLachlan

Titel: Nessie und die Geister der MacLachlan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
Vom Netzwerk:
Sie haben doch gesagt, daß man sein Lachen hört, nur sein Lachen und nichts anderes.“ Cedric fragte: „Soll ich die Tür aufreißen und ihn davonjagen?“
    Goody überlegte lange, bevor sie antwortete: „Lieber nicht.“
    Cedric war richtig froh, daß sie keine Heldentat von ihm erwartete. Es genügte ihr, daß er da war, daß sie seine linke Hand halten konnte und daß er seinen rechten Arm um ihre Schulter gelegt hatte. Was nicht nur ihr die Angst nahm, sondern auch ihm.
    Das nächste Mal war das Lachen schon etwas entfernter zu hören, etwa wieder an der Treppe, und dann beim Badezimmer, und dort schien es zu verschwinden. Noch immer Goody bei der Hand haltend, ging Cedric zur Tür, drehte den Schlüssel herum und öffnete sie vorsichtig zunächst nur einen Spalt weit. Dann etwas weiter, und schließlich stieß er die Tür ganz auf, so daß sie gegen die Wand flog. Vorsichtig steckte er den Kopf in den Flur hinaus. Da war nichts. Nur die Truhe stand neben dem Schrank.
    Die Truhe, auf der Allan Campbell MacLachlan öfter in der Uniform des 42. königlichen Hochlandregiments saß, war leer.
    „Komm“, sagte Cedric zu Goody, und dann gingen die beiden hinunter ins Kaminzimmer, wo der alte Colonel Webb gerade wieder sein Whiskyglas an den Mund führte.
    „Habt ihr das Lachen gehört?“ fragte Goody.
    „Selbstverständlich“, bestätigte Tante Jessie. „Wir sind doch nicht taub.“
    „Nicht wahr“, fragte Tante Sarah, „wenn man ihn so lachen hört, könnte man denken, daß er ein lustiger Mensch war, oder?“
    „Bereite den Kindern etwas zum Abendessen, Sarah“, befahl jetzt Jessie. Man konnte sehen, daß Sarah zunächst nein sagen wollte, es sich aber dann anders überlegte.
    „Kommt mit“, sagte sie, „damit ich weiß, was ich euch richten soll.“
    Kaum waren sie in der Küche, schloß Sarah die Tür und zischte: „Habt ihr gemerkt, daß sie mich nur weghaben wollte?“
    Die Kinder nickten.
    „Und wißt ihr, warum? Nur, damit sie jetzt dem armen Colonel Webb von unserem Vater vorschwärmen kann. Was für ein bedeutender Mann er und welch folgsame Tochter sie war und wie sie ihn verehrt hat. Ein Blick von ihrem Vater, behauptet sie, hätte genügt, und sie habe schon gemacht, was er wollte. Dabei hat sie nie seinen Schreibtisch abgestaubt und ihm schon gar nicht den Rücken massiert. Das mußte alles ich tun. Immer ich. Ich hab nicht auf einen Blick hin schon Jawohl’ gesagt, und ich war nicht immer gehorsam. Aber wenn einer etwas getan hat, dann war ich das. Und das Lachen — ist das vielleicht ein freundliches Lachen, bei dem einem das Herz aufgeht? Angst bekommt man, wenn man ihn hört. Ich weiß noch, daß er früher manchmal so gelacht hat, um uns auszulachen, vor allem den armen Allan Campbell.“
    Sarah stellte Wasser für den Tee auf und sagte: „Ich mache euch ein paar Sandwiches, hm? Wir haben noch kaltes Huhn und Käse, und dazwischen ein Salatblatt, damit es lustiger aussieht.“ Dann schimpfte sie weiter. „Wenn ich wüßte, daß sie, ich meine Jessie, durch irgendein Versehen der göttlichen Fügung in den Himmel kommt, möglicherweise noch vor mir, dann würde ich an der Himmelspforte bitten: ,Schickt mich in die Hölle, damit ich nicht mit meiner Schwester in alle Ewigkeit beisammen sein muß.“ Aber ich glaube, diese Angst brauch ich nicht zu haben. Und wißt ihr, das mit dem Nessie, das ist einfach...“
    In diesem Moment riß Jessie die Tür auf und schrie ihre Schwester an: „Was redest du ununterbrochen, daß man drüben jedes Wort hört? Ich kann keinen Gedanken fassen, wenn ich mit dem Colonel Konversation mache!“
    Wumms! flog die Tür danach ins Schloß.
    „Seht ihr“, flüsterte Tante Sarah, „da habt ihr den Beweis, daß sie lauscht. Wer das Ohr an die Tür legt, der kann nicht in den Himmel kommen, das ist so gewiß wie das Amen in der Kirche.“
    Tante Sarah strich Butter auf das schöne weiße Brot und legte feingeschnittenes kaltes Huhn darauf.
    „Ich weiß, ich weiß“, wehrte sie ab, obwohl keiner sie beschuldigt hatte. „Ich weiß es schon, über Tote soll man nichts Schlechtes sagen. Aber andererseits heißt es: Sprich die Wahrheit und lüge nicht. Und da gerate ich wirklich in Konflikte. Mein Vater Iain MacLachlan ist tot, das ist die Wahrheit. Aber wenn mich einer fragt, war er denn ein guter Ehemann und ein guter Familienvater, dann muß ich sagen, so leid es mir tut, nein. Er hat seine Frau beleidigt und seine Kinder immer wieder gedemütigt.

Weitere Kostenlose Bücher