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Nessie und die Geister der MacLachlan

Nessie und die Geister der MacLachlan

Titel: Nessie und die Geister der MacLachlan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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ein Fotograf hatte seine altmodische Kamera an einer Anlegestelle aufgebaut und eine große Tafel aufgestellt. LEBENSECHTE FOTOS stand da als Überschrift.
    Bilder von Erwachsenen 1 Pfund
    Fotos von Kindern ½ Pfund
    Nessie wird umsonst geknipst.
    Aber nicht einmal diese Aussicht lockte Nessie an den Strand.
    „Na“, sagte Goody, „das ist ziemlich viel Konkurrenz, die wir da haben.“
    „Stört mich nicht“, erwiderte Cedric. „Sie holen meinen Vorsprung nicht ein.“
    „He, und welchen Vorsprung hast du?“
    „Das kann ich noch nicht sagen, es ist mehr eine Ahnung. Ich weiß nur, daß ich schon etwas in der Hand habe, ein Ende, verstehst du, und am anderen ist Nessie, da bin ich sicher.“ Sie hatten das Ufer verlassen und die Straße überquert. Jetzt stiegen sie den Hang hinauf, um den hübschen grasbewachsenen Weg zu finden, der zum Haus der beiden Tanten führte. Sie waren schon eine Weile gegangen, als Goody die Strecke bekannt vorkam.
    „Moment mal“, sagte sie. „Sind wir diesen Weg nicht schon gegangen?“
    „Ja, am ersten Abend mit Mac. Dort vorne ist die Hecke, wo das Kaninchen in der Schlinge zappelte.“
    „O Mann“, rief Goody. „Das hätte ich vorher wissen müssen.“
    „Warum? Hast du am Ende Angst?“
    „Angst nicht, aber unten auf der Straße wäre ich lieber gegangen. Ich weiß nicht...“
    „Willst du mir vielleicht die Hand geben?“
    „So viel Angst hab ich auch wieder nicht. Jedesmal wird Jocelyn Webb hier nicht Spazierengehen, um möglicherweise sein weggeschmissenes Geld zu suchen.“
    Sie kamen zu dem niedrigen Steinwall, auf dem sich die Hecke angesiedelt hatte, und überstiegen ihn.
    Ein Strauch kratzte Goody den Unterarm blutig. Aber sie jammerte nicht. Sie war ja ein Mädchen.
    Auf der anderen Seite des Walls wollte Cedric auf die Stelle weisen, wo damals das Kaninchen zappelte. Seine Hand sank jedoch herunter. Er brachte kein Wort hervor. An derselben Stelle wie damals zappelte wiederum ein Kaninchen in der Schlinge.
    Goody vergaß sofort das bißchen Blut auf ihrem Unterarm und rief: „Laß es, vielleicht liegt es sonst heute nacht wieder in deinem Bett. Und heute haben wir Mac nicht dabei.“
    „Ich kann aber das arme Tier nicht zappeln sehen“, rief Cedric und rannte den Hang hinauf. Er wunderte sich noch, daß Goody nicht unten auf dem Weg wartete. Er brauchte ihre Hilfe nicht, denn diesmal ließ sich das Kaninchen wesentlich leichter befreien, so, als würde es ihn, Cedric Sloane, Sohn eines Friedhofsverwalters, schon kennen. Es hockte auch noch eine Weile da, als überlegte es, ob es nun davonwetzen solle oder nicht. Dann hoppelte es ganz gemütlich und ohne Anzeichen großer Angst in die Büsche hinein und verschwand.
    „Seltsam“, sagte Goody, und Cedric konnte nicht nur sehen, daß das Blut auf ihrem Unterarm getrocknet war, sondern auch, daß sie ganz schöne Gänsehaut auf den Armen hatte.
    „Willst du wirklich weitergehen?“ fragte sie, als sie wieder zum Weg zurückkehrten.
    „Warum nicht? Ach so, du denkst an den alten Jocelyn.“
    Und kaum hatte er das Wort ausgesprochen, stand der alte Jocelyn Webb etwa zehn Meter vor ihnen auf dem Weg.
    „Du hast noch immer keinen Kilt“, waren die ersten Worte, die er an Cedric richtete.
    Cedric mußte ein paarmal tief Luft holen, ehe er antwortete. „Ich habe bereits einen Kilt, Sir. Nur schone ich ihn für die Feiertage.“
    „Aha. Und das Mädchen ist deine Schwester?“
    Da Goody nur dastand und den alten Jocelyn Webb anstarrte, antwortete Cedric: „Nein, wir sind nicht Geschwister. Wir sind Freunde.“

    „Gibt’s ja nicht“, sagte Jocelyn Webb. „Noch nie etwas Derartiges gehört.“
    Jetzt hatte Goody ihre Sprache wiedergefunden. „Und warum soll es das nicht geben?“
    „Weil es nicht vorkommt, daß Jungen und Mädchen Freunde sind.“
    „Ach, und es ist wohl auch noch nicht vorgekommen, daß jemand Sie nach dem Geld gefragt hat, das Sie hier irgendwo noch schnell versteckt haben?“
    Cedric sah es genau. Wirklich. Ganz genau. Und er bedauerte, daß er keine Filmkamera dabeihatte.
    Der alte Jocelyn Webb begann sich aufzulösen, in Luft überzugehen. Zunächst wurden die Farben seiner altmodischen Kleidung blasser, dann verschwamm sein Gesicht, war nur noch eine runde Scheibe unter einem Zylinder, bis auch der langsam durchsichtig wurde. Es war, als rollte sich das Gewand auf Jocelyn Webbs Haut ein, aber da war die Haut schon nicht mehr darunter, und übrig blieb nur vier, fünf Sekunden

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