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Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Titel: Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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sagte sehr wenig freundlich »adieu, Herr Doktor«, und vergaß sogar zu danken.
    Aber die Tür hatte sich noch nicht lange hinter der Patientin geschlossen, da vernahm Doktor Braun ein durchdringendes Geschrei.
    Erschreckt eilte er hinterdrein.
    Die kleine Dame stand im Wohnzimmer, in der rechten Hand hielt sie eine Schere, während sie die linke mit jämmerlichem Geschrei ihm entgegenstreckte. »Au - au - es blutet!« und gleich darauf, unter Schmerzen lächelnd: »Nun muß ich doch einen Verband haben!«
    »Du dumme, kleine Lotte!« sagte Doktor Braun und vergaß allen Respekt. »Wie kommst du denn zu der Schere, du sollst doch keine anfassen!«
    »Ach, ich wollte doch so furchtbar gern einen richtigen Verband haben, und weil meine Daumen doch so schrecklich heil waren, wollte ich mich nur so'n ganz klein bißchen schneiden. Aber die olle Schere hat gleich so doll geschnitten - au - au - es tut ja so weh!«
    »Siehst du, Lotte, das ist die Strafe dafür, daß du die Schere angefaßt und dich mit Willen geschnitten hast; nun mußt du die Schmerzen ertragen«, sagte der Vater ernst. Aber er nahm sein weinendes Nesthäkchen doch mit in das Sprechzimmer und machte ihr einen Verband, der war noch viel schöner als Gerdas.
    Ach, wie stolz war Annemarie darauf, nun tat es lange nicht mehr so weh.
    Am nächsten Tage durfte Puppe Gerda ihren Verband abnehmen und war wieder ganz gesund, während ihre kleine Mama noch mehrere Tage mit verbundenem Händchen gehen mußte.
    Den Keuchhusten aber bekamen sie alle beide nicht.

Dudel-Dudel-Leierkasten
     
    Klein-Annemarie saß mit ihren sämtlichen Kindern in ihrem Gärtchen draußen auf dem Blumenbrett. Davor waren Eisenstäbe angebracht, daß sie nicht herausfallen konnte.
    Wunderschöne Blumen hatte Annemarie in ihrem Gärtchen gesät: Winde, Bohnen und Kresse. Leider merkte man aber vorläufig noch gar nichts davon. Nicht das kleinste grüne Spitzchen wollte sich in den Zigarrenkisten mit brauner Erde zeigen. Das kam daher, weil Annemarie jeden Tag die gesäten Bohnen wieder ausgrub, um nachzusehen, ob sie denn noch immer nicht anfangen wollten, grüne Blättchen zu treiben.
    Den Puppen gefiel es aber trotzdem in ihrem Gärtchen. Die Sonne schien so hell und warm, daß Irenchens blasse Wangen sich leise zu röten begannen. Und Mätzchen, der ebenfalls seine Sommerwohnung auf dem Blumenbrett bezogen hatte, schmetterte und jubilierte so lustig, daß selbst die schwarzgrauen Spatzen, die sich auf dem Dach herumzankten, andächtig lauschten.
    Ach, was gab es hier draußen nicht alles zu sehen, Puppe Gerda reckte sich fast den Hals aus. Und ihre kleine, neugierige Mama tat dasselbe. Drüben bei Müllers plättete die Auguste am offenen Fenster, und eine Treppe tiefer, bei Geheimrats, rührte die dicke Köchin eine Speise ein und sang dazu - beinahe so schön wie Mätzchen. Gegenüber aber, im Kinderzimmer, preßte Annemaries Freund, der kleine Rolf, der erst kürzlich krank gewesen und noch blasser ausschaute als Irenchen, sehnsüchtig das Näschen gegen die Fensterscheibe. Der arme kleine Kerl durfte noch nicht ausgehen. Wie gern hätte er wenigstens bei Annemarie und ihren Puppen auf dem Blumenbrett
    gesessen!
    Der Hausmeister drunten im Hof drehte heute zum ersten Mal in diesem Sommer den kleinen Springbrunnen wieder auf, der mitten in dem runden Rasenplatz, mit dem der Hof geschmückt war, stand. Ein kleiner, steinerner Nackedei spritzte aus seinem Munde lustig das Wasser heraus.
    Um den Springbrunnen hatten sich alle Hausmeisterkinder versammelt, auch noch ein paar kleine Freunde aus der Nachbarschaft hatten sich dazugesellt. Denn das war ein Ereignis, wenn der Springbrunnen zum ersten Mal wieder ging. Annemarie sah von ihrem luftigen Sitz voll Andacht auf den Hausmeister, der dieses Wunder vollbracht. Jetzt stand es bei ihr bombenfest, wenn sie mal groß war, wollte sie aber ganz bestimmt Hausmeister werden.
    Es war gut, daß das Blumenbrett Gitterstäbe hatte, sonst wäre Annemarie schon längst auf den Hof geplumpst. Die kleine Neugierige kniete auf dem Blumenbrett, um besser sehen zu können, und streckte das Stubsnäschen durch die Eisenstäbe. Auch alle Puppen hatte sie an dem Gitter aufgestellt; denn unten war es jetzt einfach herrlich.
    Karle, der eine Sohn des Hausmeisters, ließ ein Papierschiff in dem Springbrunnensee schwimmen. Paule, sein Bruder, peitschte den Kreisel, daß er von einer Ecke des Hofes in die andere hopste. Amanda lief auf Rollschuhen einher, daß

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