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Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Titel: Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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entstellt einhergehen mußte! Diese Vorstellung brach Annemarie fast das weiche Herz.
    »Nein, mein Gerdakind«, flüsterte sie zärtlich, »so sollst du nicht rumlaufen! Als Kahlkopf kannst du dich doch gar nicht im Kindergarten sehen lassen. Sonst lachen dich die anderen Puppen ja aus. Nein, ich gebe dir einen von meinen Zöpfen ab, ich habe ja zwei!«
    Und ehe Puppe Gerda sie zurückhalten konnte, war Annemarie - hast du nicht gesehen - aus dem Bettchen und tappte zum Kinderstubentisch.
    Dort hatte Fräulein ihren Nähkasten mit der großen Schere stehenlassen. Ritsch - ratsch - schnipp - schnapp - machte die Schere - da war das eine Rattenschwänzchen ab. Selig sprang die Kleine damit ins Bett zurück.
    »So, Gerdachen, nun brauchst du nicht mehr traurig zu sein, nun hast du ein ebensolch schönes Zöpfchen wie ich!« Damit band Nesthäkchen ihr abgeschnittenes Rattenschwänzchen mit einem Haarband an Puppe Gerdas Kopf fest.
    Gerda schmiegte sich dankbar an ihre gute kleine Mama, und dann schlief jede von ihnen mit seinem Rattenschwänzchen glückselig ein.
    Am andern Morgen aber verwandelte sich das Glück in Tränen. Als Fräulein Lena an Annemaries Bett trat, um sie anzuziehen, war sie nicht weniger entsetzt, als die Kleine gestern beim Anblick ihrer Puppe.
    »Annemarie - um Himmels willen - was hast du denn bloß gemacht?«
    Nesthäkchen sah Fräulein groß an, sie dachte im Augenblick gar nicht an das abgeschnittene Rattenschwänzchen.
    »Wo hast du denn bloß dein Zöpfchen gelassen?« Fräulein traute ihren Augen nicht.
    »Das ist meiner Gerda über Nacht angewachsen.« Mit strahlendem Gesicht hielt Annemarie die Puppe in die Höhe. Aber da war nichts von einem Zöpfchen zu sehen.
    Ja, wo war das Rattenschwänzchen denn bloß geblieben? Annemarie begann in Hast zu suchen, während Fräulein noch immer ganz erstarrt dastand.
    »Da ist es ja!« Unter dem Kopfkissen zog die Kleine ihr abgeschnittenes Zöpfchen, das Gerda im Schlafe verloren, hervor und hopste damit seelenvergnügt im Bett herum.
    »Schämst du dich denn gar nicht, dir deine Haare abzuschneiden, ach, was wird Mutti bloß sagen?« Damit war Fräulein Lena aus dem Zimmer, um Frau Braun von der merkwürdigen Verwandlung ihres Nesthäkchens in Kenntnis zu setzen.
    Bald darauf betrat Mutti in höchster Aufregung die Kinderstube.
    »Lotte - Lotte - wie siehst du aus!« Mutti war noch entsetzter als Fräulein. »Weißt du nicht, daß du keine Schere anfassen darfst, du ungezogenes Kind?! Nun muß ich dir doch das andere Zöpfchen auch noch abschneiden lassen, so kann es nicht bleiben!«
    Aber da ging Annemaries leises Weinen in lautes Jammergeheul über.
    »Nein - nein - ein Zöpfchen muß ich behalten, ich will nicht als häßlicher Kahlkopf in den Kindergarten gehen!« Sie schrie so laut, daß auch Vater erschien, um zu sehen, was denn seiner Lotte fehle.
    Als Vater die schreckliche Geschichte von dem abgeschnittenen Rattenschwänzchen vernommen hatte, lachte er laut.
    Ganz erstaunt richtete Nesthäkchen die tränennassen Augen auf ihn - war Vater denn nicht böse wie die andern?
    Nein, Vater nahm sein Kleines auf den Arm, trocknete ihm die Tränen und sagte begütigend zu Mutti: »Unsere Lotte hat es nicht böse gemeint, sie wollte ihrem Kinde doch nur helfen. Mutterliebe denkt eben niemals an sich selbst, und - die Haare wachsen ja wieder!«
    Aber vor dem Friseur mit der großen Schere vermochte auch Vater seinen Liebling nicht zu retten; denn so konnte ihr Köpfchen wirklich nicht bleiben.
    Ritsch - ratsch - schnipp - schnapp - da mußte auch das andere Rattenschwänzchen herunter, so bitterlich die Kleine auch im Friseurladen weinte.
    Fräulein packte das Zöpfchen sorgsam ein, und Klein- Annemarie warf einen Blick in den großen Spiegel.
    »Wie Klaus sehe ich aus - abscheulich -« schluchzte sie, »wenn Knecht Ruprecht jetzt bloß nicht denkt, daß ich ein Junge bin und mir lauter olle Soldaten zu Weihnachten bringt.«
    »Eine Rute wird er dir bringen und nichts weiter- denn was anderes hast du doch wohl nicht verdient«, sagte Fräulein Lena sehr bestimmt.
    »Hat er mir denn was in meine Schuhe reingelegt?« fiel es Annemarie plötzlich ein. Über all der Aufregung waren sie in Vergessenheit geraten.
    O weh - in Annemaries roten Schuhchen lag kein Goldfaden und keine Pfeffernuß, nicht einmal ein silberner Faden. Und die Puppen hatten doch alle ein goldenes Fädchen und eine Pfeffernuß in ihrem Schuhchen gefunden, sogar der wilde Kurt. Aber

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