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Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen

Titel: Nesthäkchen 01 - Nesthäkchen und ihre Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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,Lotte‘, weil ich so schrecklich artig bin, und morgen darf ich meine Gerda mitbringen.« Eins war immer schöner als das andere.
    »Na, Annemarie, wie war's im Kindergarten?« fragte Bruder Hans zu Hause.
    »Wunder-wunderschön!« rief die Kleine begeistert.
    Mutti war glücklich, daß es ihrem Nesthäkchen, das sie schweren Herzens dort oben jammernd zurückgelassen hatte, so gut im Kindergarten gefiel.
    Auch Fräulein war erfreut; denn Annemarie hatte heute den ganzen Nachmittag keine Langeweile.
    Nicht ein einziges Mal quälte sie. Sie hatte ja auch viel zuviel zu tun. Galt es doch, ihre Gerda zu morgen für den Kindergarten fein zu machen. Da mußten noch ganz flink Höschen in dem kleinen Waschfaß ausgewaschen und mit dem niedlichen Plätteisen geplättet werden. Was hätten wohl Ernas Bubi und Millys Toni dazu gesagt, wenn Gerda mit unsauberen Höschen in dem Kindergarten erschienen wäre! Auch die kleine Schulschürze von Irenchen wurde für Gerda hervorgesucht. Und dann mußten dem Kinde vor allem die wirren Locken gebürstet werden; denn als Struwwelpeter konnte sie sich unmöglich Tante Martha vorstellen.
    »Freust du dich auf morgen, Gerdachen?« fragte Annemarie beim Gutenachtkuß ihr Kind.
    Das machte ein strahlendes Gesicht, aber Nesthäkchen strahlte noch viel mehr.
    »Du brauchst nicht etwa zu heulen, wenn Fräulein nachher fortgeht«, wandte sich Annemarie am nächsten Morgen auf dem Hinweg zu der erwartungsvollen Puppe.
    Nein, Gerda war lange nicht so dämlich wie ihre kleine Mama gestern.
    Die weinte kein bißchen. Als Annemarie sie Tante Martha mit den Worten hinhielt: »Ich möchte meine Kleine gern in dem Kindergarten anmelden, weil sie sich zu Hause gar nicht mehr beschäftigen kann«, da machte Gerda einen artigen Knicks und reichte jedem Kinde ihre Zelluloidhand zum guten Tag.
    Heute, wo Gerda dabei war, wurde es noch schöner als gestern. Annemarie baute ein Haus für Gerda. Auch ein Lesezeichen aus rotem und goldenem Glanzpapier lernte Klein-Annemarie bei Tante Martha flechten. Das sollte Großmama haben. Und das zweite aus hellblauem und silbernem Papier war für Tante Albertinchen bestimmt.
    Vorläufig aber kam das erste noch gar nicht zustande. Das Papier hatte die unartige Eigenschaft, immer aus der Flechtnadel herauszuspringen und sogar zu reißen.
    Ungeduldig warf es Nesthäkchen hin. Aber als sie sah, daß all die kleinen Mädchen, ja sogar die kleinen Jungen, die viel jünger waren als sie, die Flechtarbeit so geschickt zuwege brachten, griff sie wieder beschämt danach. Tante Martha sollte doch auch heute wieder »Lotte« zu ihr sagen können.
    Und allmählich sprang der bunte Streifen nicht mehr aus der Nadel, und das Papier ärgerte Nesthäkchen auch nicht mehr und riß. Ach, wie stolz war die Kleine, als das erste Lesezeichen für Großmama fertig war! Und Gerda war fast ebenso stolz auf ihre geschickte kleine Mama.
    Dann kam die Belohnung für den Fleiß. Tante Martha setzte sich ans Klavier und sang mit den Kleinen lustige Kinderlieder: vom »Spannlangen Hansel« und der »Nudeldicken Diern« und vom »Esel und dem Kuckuck«. Viel zu früh kam Fräulein wieder, Annemarie und Gerda abzuholen. Am dritten Tage erschien mit Nesthäkchen und Puppe Gerda noch einer im Kindergarten, der angemeldet werden sollte - Puck. Aber statt höflich mit dem Schwanz zu wedeln, blaffte er Tante Martha feindselig an. An dem kleinen Mäxchen sprang er hoch, daß es laut zu schreien begann, und der kleinen Herta schnappte er frech ein Stück Schinken von dem Frühstücksbrot. Nein, solch einen unmanierlichen Gesellen konnte Tante Martha nicht in ihrem Kindergarten brauchen, Fräulein Lena mußte ihn gleich wieder mit nach Hause nehmen.
    Nesthäkchen aber lernte bei Tante Martha wieder, sich selbst zu beschäftigen. Niemals klagte sie mehr über Langeweile, auch daheim nicht. Denn noch eins hatte Annemarie gelernt: Wieder als rechtes, echtes Puppenmütterchen für ihre Kinder zu sorgen. Die brauchten sich jetzt nicht mehr über ihr Mütterchen zu beklagen. Annemarie hätte sich ja vor Erna und Milly halbtot geschämt, wenn sie ihre Kinder noch länger so verwahrlost hätte herumgehen lassen.
    Am schönsten von der ganzen Woche - das fand sowohl Nesthäkchen wie Puppe Gerda - waren stets die drei Vormittage im Kindergarten - wenn es auch eigentlich gar kein richtiger Garten war.

Tap - tap - Knecht Ruprecht kommt
     
    Es war die Zeit, da Knecht Ruprecht abends an den Türen der Kinderstuben

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