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Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Titel: Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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sie nicht, Annemarie. Ich habe mit ihr verabredet, daß wir uns um zehn Uhr am Strand treffen.«
    »Das ist noch so schrecklich lange, bis dahin mopse ich mich tot«, Annemaries Antwort klang nicht sehr artig.
    »Bei uns hat sich noch kein Kind gelangweilt, hier gibt's Beschäftigung genug. Komm, du hilfst mir, und Klein-Annekathrein hilft auch«, meinte Tante Lenchen bestimmt.
    Annemarie sollte bald sehen, wie hübsch es war, Tante Lenchen zu helfen. Zuerst bekam jedes Kind eine Gartenschürze mit Ärmeln übergezogen. Auch zwei kleine Gießkannen fanden sich, eine rote und eine grüne. Das Schönste war die Pumpe.
    Ein Planschlieschen war Nesthäkchen von klein aufgewesen. Nun machte es ihr großen Spaß, den Pumpenschwengel in Bewegung zu setzen, die Gießkannen zu füllen und dann selbst den Wasserstrahl der Brause über die Gemüse-und Blumenbeete zerstäuben zu lassen.
    »So, Kinder, nun ist unsere Arbeit getan. Ihr seid aber tüchtig durchweicht, trotz der großen Schürze. Dich, Kleines, ziehe ich selbst gleich um, Annemarie kann das schon allein besorgen, was? In einer Viertelstunde gehen wir an den Strand«, sagte irgendwann Tante Lenchen.
    »Schon?« Annemarie war ganz erstaunt. Die Zeit war ihr bei der frohen Arbeit im Umsehen vergangen.
    »Du kannst deine Spielhöschen anziehen, die ich gestern in den Schrank gelegt habe, Annemarie, und Sandalen«, rief ihr Tante Lenchen noch nach.
    Selig ritt Annemarie nach kurzer Zeit das Treppengeländer in ihren grauen, rotbesetzten Leinenhöschen herab. Daß sie beim Vorkramen der Sachen in dem von Tante Lenchen so sauber eingeräumten Schrank eine greuliche Unordnung veranstaltet hatte, bekümmerte sie nicht. Für so was hatte ja Lena zu Hause gesorgt.
    Gerade war der Unterricht zu Ende. Die übrigen Kinder sprangen, lustig durcheinanderschwatzend, aus der Schulstube. Ein jedes griff nach seinem schon auf der Anrichte bereitliegenden Frühstückskörbchen und holte sein Badezeug, Sandschaufeln und Schiffchen. Dann wurde wieder zu zweien angetreten, Annemarie natürlich Arm in Arm mit Gerda. Als der Zug sich eben unter Führung von Fräulein Mahldorf, einer netten jungen Lehrerin, in Bewegung setzen wollte, fehlte Annemarie.
    »Sie ist bloß noch mal schnell nach oben gelaufen, ihr Badezeug holen, das hatte sie vergessen«, berichtete ihre neue Freundin Gerda.
    Da kam Annemarie auch schon wieder zurück, natürlich das Treppengeländer herabgesaust.
    »Wildfang«, schalt die Erzieherin lächelnd. »Ein kleines Mädchen geht hübsch manierlich die Stufen herunter.«
    Die anderen Kinder lachten.
    »Annemarie, du kannst deinen Badeanzug zu Hause lassen«, Tante Lenchen, einen grünen Sonnenschirm in der Hand, trat aus Frau Clarsens Wohnzimmer.
    »Du sollst die ersten vierzehn Tage noch nicht baden.«
    »Och - ttt -« Annemarie schnalzte unzufrieden mit der Zunge. »Wenn die anderen Kinder baden, will ich auch. Wozu habe ich denn sonst den hübschen Badeanzug bekommen?!« Schweren Herzens bequemte sie sich dazu, ihn zu Hause zu lassen.
    Tante Lenchen tat, als hätte sie nichts gehört. Aber daß Nesthäkchen bei allem bestrickenden Liebreiz ein verzogenes kleines Fräulein war, das wurde ihr allmählich klar.
    »Du, Annemarie, denk mal, ich bin schon zwei Jahre in Wittdün und darf überhaupt nicht baden.« Ganz schlicht, nicht einmal traurig klang's von Gerdas Lippen. Und doch machten diese einfachen Worte den allertiefsten Eindruck auf Annemarie. War sie nicht ein ganz undankbares Kind?
    Bei dieser Erkenntnis flog der Schatten, der ihr Gesicht verdüsterte, rasch davon.
    Mit einem hellen Jubellaut konnte Annemarie jetzt von den Dünen herab der Mutter, die unten am Strand nach ihr Ausschau hielt, entgegeneilen.
    »Mutti - fein ist's im Kinderheim - ich wohne mit der Gerda Eberhard zusammen, die ist meine neue Freundin, - und heute morgen habe ich aus Mutter Antjes Brauttasse Schokolade getrunken - ach, das süße Friesenhäuschen mußt du dir auch mal angucken. Und weißt du, warum Frau Clarsen weiße Haare hat? Weil ihr Mann mit seinem Schiff untergegangen ist. Und Miß John sagt - ach, die spricht ja zum Piepen, Mutti - ich soll dir heute zwei ,Kusse‘ geben, weil du gestern abend doch fort warst«, wie die Wellen des Meeres so quirlte und brodelte das aus Annemaries Mund. Freigiebig entlud sie sich dabei ihrer »Kusse«. Die Mutter konnte sich kaum vor dem Ansturm retten. »Ruhig - Lotte - sei doch nicht solch ein Wildfang«, dämpfte Frau Braun die Lebhaftigkeit

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