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Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Titel: Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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weinte leise vor sich hin. In Nesthäkchen aber stieg der Zorn auf. Es wußte ganz genau, wo es den Missetäter zu suchen hatte. Lugten da nicht hinter dem hohen Gesträuch Peters Augen höhnisch zu ihnen herüber?
    Ehe er sich versehen konnte, hatte Annemarie ihn beim Kragen. Und als ob es Bruder Klaus wäre, so boxte und keilte sie sich nach allen Regeln der Kunst mit dem fremden Jungen. Vergessen waren die weißen Haare der Frau Clarsen.
    Fräulein Mahldorf mußte die beiden Kampfhähne trennen. Heiß und zerzaust kehrte Annemarie nach dieser Heldentat zu ihrer Mutter zurück. Muttis vorwurfsvolle Augen und Tante Lenchens unzufriedene Miene sagten dem kleinen Mädchen mehr als Worte, daß es sich häßlich benommen hatte.
    Ja, viel hatte Nesthäkchen an dem ersten Tage im Kinderheim schon gelernt, aber - es blieb noch eine ganze Menge übrig.

Fräulein Liederjahn
     
    Nun war Annemarie schon mehrere Wochen in Wittdün. Sie hatte sich ganz in das Pensionsleben eingewöhnt, nur selten kamen noch Verstoße gegen die Hausordnung vor.
    Nur mit der Ordnung sah es bös aus bei Nesthäkchen. Jeden Sonnabend unterzog Tante Lenchen alle Kästen und Schränke der Kinder einer Musterung. Jedes Kind setzte seinen Stolz darein, Tante Lenchen zufriedenzustellen.
    Aber Nesthäkchen hatte sich nie um derartige Dinge gekümmert. Am liebsten ließ Fräulein Lena sie zu Hause gar nicht an ihre Wäsche und Kleider herangehen, da sie das liederliche Fräuleinchen schon kannte. Da war es kein Wunder, daß Tante Lenchen, als sie das erste Mal nachsehen kam, die Hände über dem Kopf zusammenschlug.
    Stiefel und Sandalen zwischen der reinen Wäsche, die hübschen Kleider hingen nicht mehr auf Bügeln, sondern rollten sich in den Tiefen des Schrankes zum wüsten Knäuel. Die Mappe war statt mit Schulbüchern mit Muscheln vollgestopft, und die Bücher und Hefte selbst waren inzwischen im Stiefelschrank einquartiert.
    Mitten auf einem kleinen Berg getragener Wäsche, die ihren Platz in einem Beutel haben sollte, thronte Puppe Gerda.
    Der nette Matrose Willem hatte seine Reisekameradin Gerda persönlich im Wittdüner Kinderheim abgeliefert und Annemarie gleichzeitig besucht. So konnte sie ihm die Pfeife, die sie mit Mutti für ihn gekauft hatte, selbst überreichen. Er hatte sich sehr gefreut.
    Weniger groß war Tante Lenchens Freude beim Anblick dieser wüsten Unordnung.
    »Eigentlich müßte ich Frau Clarsen zeigen, wie du deine Sachen verwahrst«, sagte sie streng.
    »Nein, nein, die arme Frau Clarsen soll das nicht sehen, sonst wird ihr Haar noch weißer«, bitterlich begann Annemarie zu weinen.
    »Während die anderen Kinder heute nachmittag zum Kaffeetrinken nach dem Dorf Nebel gehen, hast du Zeit, deine Sachen in Ordnung zu bringen - ich sehe sie mir abends an.«
    Annemaries Tränen flossen reichlicher.
    »Könnte ich nicht lieber gleich nach Tisch, anstatt der langweiligen Liegekur, wo man doch bloß in der Sonne brät, aufräumen, Tante Lenchen?« bettelte sie. Denn der Spaziergang nach dem Inseldorf Nebel war ein Ereignis für das Kinderheim, auf das sich alle schon tagelang vorher gefreut hatten. Auch Mutti wollte sich anschließen. Was würde die bloß sagen, daß ihre Lotte fehlte? Und wenn sie nun erst noch den Grund erfuhr! Tante Lenchen wurde schwankend. Aber nein - sie mußte - dem liederlichen kleinen Fräulein gegenüber festbleiben.
    »Die Liegekur wird innegehalten, die ist dir ärztlich verordnet«, damit wandte sich Tante Lenchen zur Tür. Annemarie blieb tränenüberströmt zurück.
    Da legte sich ein zärtlicher Arm um ihren Hals und ein rotblondes Lockenköpfchen preßte sich gegen ihr nasses Gesicht.
    »Weine nicht, Annemariechen, es sind noch zehn Minuten bis zum Mittagläuten - wir fangen gleich an, Ordnung zu machen. Ich helfe dir«, so schnell sie konnte, hinkte Gerda zu Annemaries Schrank.
    »Ach, das nützt ja nichts mehr, wir werden ja doch nicht fertig«, tieftraurig kam es von den Lippen der Kleinen.
    »Doch, ich s-tehe dir auch bei«, Ellen, die gerade an der schönsten Stelle in ihrem Buch angelangt war, ließ es trotzdem im Stich, um der armen Annemarie zu helfen. Sie übernahm die Wäschekästen, Gerda war bereits am Kleiderschrank beschäftigt, und als Annemarie das sah, sprang auch sie mit einem Satz an ihren Stiefelschrank. Die Wangen der drei glühten vor Eifer. Annemaries Tränen hörten auf zu fließen. Bald standen die Schuhe und Stiefel wie die Turner in Reih und Glied, die Kleider hingen

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