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Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg

Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg

Titel: Nesthäkchen 04 - Nesthäkchen und der Weltkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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freundlich an die puterrote Annemarie.
    Die wünschte sich an das äußerste Ende der Welt.
    Da aber dieser Wunsch nicht in Erfüllung ging, mußte sie Antwort geben.
    »Ich kann - hatschi -«, da machte sich der Mottenschrank, in dem die Wollsachen gelegen, bemerkbar - »ich kann wirklich nicht - hatschi, hatschi - danke vielmals, aber die Großmama wartet - hatschi«, unter Niesen brachte die Kleine es mühsam hervor.
    »Dann du kommen mirr besuchen bald?« Vera sah sie flehentlich aus ihren tiefblauen Augen an. »Ja, werden Du kommen?«
    »Hatschi - hatschi« - das war die einzige Antwort, die Vera auf ihre Bitte wurde.
    Annemarie zog wieder die Mütze vor der Dame, machte zum Überfluß in ihrer Verwirrung einen Knicks noch obendrein und hastete so schnell wie möglich heraus zu kommen. Denn lügen mochte sie nicht. Und daß sie Vera jemals besuchen würde, das war doch ganz ausgeschlossen. Von der Treppe her hörte das mit enttäuschten Augen ihr nachsehende schwarzlockige Mädchen als letzten Gruß noch Annemaries »Hatschi«.
    »Das ist deine ‚Polnische'? Alle Wetter, die wohnt ja mächtig nobel«, machte Klaus, sobald sie ein Stockwerk tiefer waren, als erster seinem Herzen Luft. »Wie 'ne Spionin sieht die gar nicht aus! Und wenn ihr Onkel königlicher Regierungsrat ist, kann man sich das auch eigentlich nicht von ihr denken.«
    «Bitte sehr, du warst der erste, der gesagt hat, sie ist bestimmt eine Spionin!« verteidigte sich Nesthäkchen.
    »Na ja - ist ja auch möglich«, ganz geheilt war Klaus noch immer nicht von seiner Spionenkrankheit. »Gerade wenn ihr Onkel bei der Regierung ist, hat sie ja die beste Gelegenheit zum Spionieren.«
    »Die kann lange warten, bis ich sie besuche, und wenn sie zehnmal so fein wohnt. Paß mal auf, wie die Polnische die gute Gelegenheit wahrnehmen wird, sich zu rächen und mich in der Klasse zu verklatschen, daß ich in Hosen rumgelaufen bin. Durch die dumme Vera habe ich jetzt gar keine Luft mehr, noch weiter mit zu sammeln. Ich werde wohl auch nach Hause müssen, es wird bald vier sein«, meinte Annemarie, auf die Straße tretend.
    »Ja, Pustekohl! Morgen früh ist's wieder vier! Jetzt schlägt es gerade fünf«, Klaus wies auf die Turmuhr, von der fünf Schläge durch die Luft zitterten.
    »Allmächtige Schokolade - da wartet die Großmama schon - ich muß schleunigst nach Haus - auf Wiedersehen!«
    »Auf Wiedersehen, Karlchen!« erklang es dreistimmig hinter dem davonjagendem Nesthäkchen her.
    Annemarie hätte nicht zu hetzen brauchen. Obgleich es schon fünf Uhr war, hatte Großmama noch gar nicht mal gemerkt, daß Annemarie fehlte. Sie dachte nicht daran, nach dem Kaffee zu klingeln, trotzdem es längst Kaffeezeit war.
    Unbeweglich saß die alte Dame und starrte auf das vor kurzem angekommene Schreiben in ihrer Hand. Es stammte von ihrer Tochter aus England.
    »Lieber Gott, wie sage ich das bloß den Kindern!« Großmama seufzte, als läge ihr eine Zentnerlast auf der Brust.
    Da hörte sie auch schon die helle Stimme Nesthäkchens durch das Haus schallen, und wenige Minuten später trat Annemarie, wieder in Mädchenkleidern, ins Zimmer.
    »Bitte, sei nicht böse, Großmuttchen«, begann sie, ein wenig scheu auf die Großmama blickend, die gar nicht von ihr Notiz zu nehmen schien. War sie so ärgerlich über ihr Ausbleiben?
    Da gewahrte Annemarie plötzlich den Brief in Großmamas Hand.
    »Ein Brief von Mutti? Hurra! Wann kommt Mutti - kommt sie bald?«, erwartungsvoll hingen der Kleinen Augen an dem Brief.
    Wie schwer war es, das arme Kind zu enttäuschen!
    »Mutti wird sobald nicht kommen können«, begann die Großmama, nach Worten suchend. Selbst das unerfahrene Nesthäkchen merkte, daß da was nicht in Ordnung war. »Sie ist wegen einer unvorsichtigen Äußerung festgenommen worden.« Nun war es heraus.
    Nesthäkchen Blauaugen sahen die Großmama ungläubig an.
    »Fest - festgenommen - wer hat meine Mutti festgenommen - weshalb denn bloß?« Annemaries noch ebenso freudig pochendes junges Herz schien plötzlich vor Schreck still zu stehen.
    »Die Engländer, Herzchen - Mutti hat sich über den Erfolg unserer Unterseeboote begeistert geäußert. Das ist von irgend jemand gehört worden, man hat sie angezeigt und als Spionin verhaftet - -«
    »Als Spionin - meine Mutti als Spionin!« Nesthäkchen schrie es mit ungestümer Heftigkeit. Und dann brach es in eine Flut von Tränen aus.
    »Still, Herzchen, ruhig - reg' dich nicht so auf, mein Liebling«, tröstete

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